Am 10. April hat das die Schiedsstelle des Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) ihr Ergebnis in Sachen GEMA-Tarifreform im Veranstaltungsbereich vorgelegt. Wenn man die Pressemeldungen der hauptsächlich Betroffenen, GEMA und Bundesvereinigung der Musikveranstalter verfolgt, haben beide Seiten einen „Sieg“ davongetragen. Betrachtet man sich die Ergebnisse jedoch genauer, hat es fast nur Verlierer gegeben.
Ergebnis 1: Die Reduktion der elf verschiedenen Tarife für den Veranstaltungsbereich auf nur zwei, wie sie die GEMA vorgesehen hat, wird von der Schiedsstelle als nicht sachgerecht angesehen. Damit dürfte der Vorstoß der Politik, wie er sich beispielsweise in der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ zeigte, nämlich die tarifliche Intransparenz aufzulösen, als sinnlos gewertet werden. Die Vereinfachung der Tarifstruktur wird abgelehnt: Ein Freibrief für die GEMA, auch in Zukunft an der tariflichen Komplexität nach dem Muster „Transparenz=ungerecht vs. Intransparenz =gerecht“ festzuhalten. Im Prinzip hat damit die GEMA ihr Ziel verfehlt und „verloren“. In Wirklichkeit hat sich aber gewonnen, weil sie damit demonstrieren kann, dass Vereinfachung nicht geht!
Ergebnis 2: Das DPMA hält grundsätzlich die Linearisierung der durch die Tarife entstehenden Kosten für sachgerecht. Also: je größer und teuer eine Veranstaltung ist, desto höher sind dann auch die GEMA-Gebühren für die Veranstalter. Bislang war die Situation anders: Die Gebühren fielen degressiv mit der Größe und der Höhe Eintrittsgeldes. Hier steht für die Schiedsstelle des DPMA der Gleichbehandlungsgrundsatz an vorderer Stelle. Diese Entscheidung ist zu begrüßen. Der DEHOGA (Deutscher Hotel- und Gaststättenverband) gefällt dies jedoch nicht und sie hält sich die Tür offen, dagegen bis vor den Bundesgerichtshof zu gehen, um eine Änderung, das heißt, Rücksetzung in den Zustand vor der Tarifreform zu erreichen. Umso überraschender ist es eigentlich, dass die Beteiligten den „Sieg“ davongetragen zu haben glauben.
Grundsätzlich dürften in Zukunft für große Veranstaltungen höhere Gebühren anfallen und für kleinere geringere als nach zuvor geltenden Tarifen. Dieses Ergebnis ist zu begrüßen. Allerdings darf die Tariferhöhung nicht so hoch ausfallen, wie es die GEMA sich vorgestellt hat. Das betrifft zum Beispiel die Berechnung nach Raumgröße als einer absoluten Größe und die Orientierung am Preis der teuersten Eintrittsgelder. Hier verlangt das DPMA eine präzise Differenzierung. In Tanzschulen etwa sei der Musikeinsatz anders zu bewerten als im Club oder der Diskothek oder einer Varietéveranstaltung. Die durch die Reform der Antragstellerin aufgestellten weiteren Tarifsätze sind jedoch überhöht. Nach Ansicht der Schiedsstelle ist der von der Antragstellerin vorgesehene Lizenzsatz für mehr als 2,00 Euro und für jede 100 qm zusätzliche Raumgröße um jeweils ein Drittel zu verringern, um zu angemessenen Vergütungssätzen zu gelangen.“ (S. 37 der Entscheidung, Az: Sch-Urh 03/12)
Somit meint der DEHOGA, die Tarifreform sei gescheitert. Das ist keineswegs der Fall. Allein die Reduzierung der Tarifanzahl wird bemängelt und die ihr zugrundeliegenden Berechnungsmittel. Der Linearisierung wird – mit gewissen Modifikationen – zugestimmt. Das DPMA stellt auch fest, dass die „einseitige“ Tarifaufstellung durch die GEMA gerechtfertigt ist. „Die Antragstellerin [GEMA] muss in der Lage sein, einseitig Tarifänderungen vorzunehmen. Die Tarifaufstellung ist ein ureigenes Recht und auch eine Pflicht der Antragstellerin.“ (S. 52 der Entscheidung Az: Sch-Urh 03/12)
Wie geht es weiter:
Das weitere Vorgehen in Sachen Tarifreform beschreibt die GEMA wie folgt: „Mit der Bundesvereinigung der Musikveranstalter e. V. wurde vereinbart, dass nach Vorliegen des Einigungsvorschlags eine gemeinsame Bewertung vorgenommen wird und Verhandlungen für die Zeit ab 2014 auf Basis des Einigungsvorschlages aufgenommen werden. Sollten diese ergebnislos verlaufen, würde das auf Initiative der GEMA vereinbarte Mediationsverfahren durchgeführt werden. Die mit der Bundesvereinigung der Musikveranstalter e.V. für 2013 vereinbarte Übergangsregelung bleibt hiervon unberührt und somit im Jahr 2013 weiterhin bestehen. Darüber hinaus werden mit weiteren betroffenen Verbänden zunächst Informationsgespräche durchgeführt.“
Unklar ist, wie sich die Tarifänderungen auf der Ertragsseite der GEMA niederschlagen. Also ob die Urheber danach genauso viel in der Tasche haben wie zuvor, wovon die GEMA ursprünglich ausgegangen ist, ohne dafür belastbare Berechnungen zur Verfügung stellen zu können. Wäre es so, müsste man durch die Entscheidung der Schiedsstelle des DPMA, die insgesamt zu geringeren Lizenzgebühren gegenüber dem ursprünglich gesetzten Tarif der GEMA führen wird, wohl davon ausgehen, dass am Ende auch noch die Urheber Verlierer der Reform sind.