Die Neuinszenierung von Giuseppe Verdis Oper «Macbeth» bei den Salzburger Festspielen ist am Mittwochabend begeistert gefeiert worden. Besonders lautstark applaudierte das Premierenpublikum in der Felsenreitschule dem serbischen Bassbariton Zeljko Lucic und der russischen Sopranistin Tatjana Serjan, die mit Stimmgewalt und großer Präsenz Macbeth und seine Lady verkörperten. Rückhaltlose Zustimmung wurde auch Stardirigent Riccardo Muti am Pult der Wiener Philharmoniker zuteil sowie Regie-Altmeister Peter Stein, die erstmals zusammengearbeitet hatten.
Salzburg - Der Gegensatz der Sichtweisen hätte nicht größer sein können. Während Regisseur Christof Loy in seiner Eröffnungsinszenierung von Richard Strauss' «Frau ohne Schatten» bei den diesjährigen Salzburger Festspielen die Handlung völlig ignorierte und sich kurzerhand eine eigene, ganz persönliche Geschichte zurechtlegte, schmiegte sich Regie-Altmeister Peter Stein eng an die Textvorlage von Giuseppe Verdis «Macbeth».
Seine in ihrem Hyper-Realismus zuweilen betulich wirkende Neuinszenierung der Oper wurde am Mittwochabend in der Felsenreitschule rückhaltlos bejubelt. Bei Loy hatte es noch ein lautstarkes Buh-Bravo-Duell gegeben. Viel Jubel gab es bei seiner ersten Zusammenarbeit mit Stein auch für Stardirigent Riccardo Muti, der den Wiener Philharmonikern trotz betont breiter Tempi transparente, vielschichtige Klänge entlockte, sowie für den serbischen Bassbariton Zeljko Lucic und die russische Sopranistin Tatjana Serjan als Macbeth und seine Lady.
Gekonnt, aber eindimensional
Natürlich ist die weltberühmte Tragödie des blutrünstigen Schottenkönigs Macbeth und seiner teuflischen Frau ungleich leichter zu erzählen als die märchenhaft-verworrene Geschichte der «Frau ohne Schatten». Doch schien es sich Stein in anderer Weise leichter zu machen als Loy, der sich der hoch artifiziellen Textvorlage von Hugo von Hofmannsthal schlichtweg verweigert hatte. Stein scherte sich nicht um eine wie auch immer beschaffene Interpretation, sondern bebilderte die Tragödie durchaus gekonnt, aber etwas eindimensional.
Statt grauer Männer mit Aktentaschen gab es bunte, stilechte Kostüme aus der Zeit. Hängebusige Hexen, die Macbeth das Schicksal weissagen, gruppierte Stein malerisch um einen wabernden Hexenkessel; aus dem Bühnenboden fuhren im Trockeneisnebel die Opfer Macbeths als mahnende Wiedergänger effektvoll auf und ab. Es gab auch eine echte Schlachtenszene mit viel Schwertgeklirr. Mit mancher Szene, etwa der Aufbahrung der ermordeten Kinder des Macduff schrammte Stein hart am Kitsch vorbei.
Vierstündiges Opernspektakel
Virtuos nutzte Stein mit Hilfe seines Bühnenbildners Ferdinand Wögerbauer die riesige Bühne der Felsenreitschule mit ihren berühmten, aus dem Feld des Mönchsbergs gehauenen Arkadenreihen, in denen die ob ihrer Untaten irrsinnig gewordene Lady mit einem Lichtlein umherirrte, bevor sie zur finalen Arie ansetzte.
Den Boden bedeckte ein vielschichtiger, an ein Schiefergebirge erinnernder Teppich aus grauem Filz, was die düstere Atmosphäre der Shakespearschen Tragödie betonte. Leider kam die Personenregie oft übers Rampensingen nicht hinaus, wenngleich vor allem Macbeth und seine Lady über eine beachtliche stimmliche wie darstellerische Präsenz verfügten.
Das große Opern-Spektakel dauerte vier Stunden, inklusive zweier Pausen, was dem dramatischen Erzählfluss nicht besonders gut tat, aber dem noblen Premierepublikum ausreichend Raum zur gesellschaftlichen Entfaltung bot. Eine Dame im Parkett meinte, an diesem Abend einer «historischen» Aufführung beizuwohnen. Eine Erwartung, die angesichts von viel Vorab-Lob und exorbitanter Kartenpreise zwar gerechtfertigt erschien, aber nicht notwendigerweise in Erfüllung gehen muss.