Leipzig - Als große Klassenfahrt des Indie-Pop hat ein führender Vertreter eines Hamburger Plattenlabels jüngst die Leipziger Musikmesse Pop Up beschrieben. Seine Würdigung gilt einem Festival mit angeschlossenem Branchentreff, das seit acht Jahren Fans, Musiker und Unternehmer aus der Welt der sogenannten Independent-Musik vereint und sich als zweitgrößte deutsche Popmusik-Messe nach der Berliner Popkomm etabliert hat.
Weitgehend unkommerziell und nicht immer mehrheitsfähig, vor allem aber unabhängig von den großen Musikkonzernen, so lauten die Erkennungsmerkmale von Festival und Messe, die am Donnerstag (14. Mai) zum achten Mal ihre Türen öffnen. «Wir sind das Forum für Menschen, die nicht ohne Musik leben wollen, was nicht heißt, dass sie von der Musik leben können», bringt Jörg Augsburg, einer der Messemacher, Anspruch und Wirklichkeit der Szene auf den Punkt.
Denn die Popmusik stecke schon seit Jahren in einer wirtschaftlichen Krise. Digitalisierung und kostenlose Download-Möglichkeiten haben den Verkauf traditioneller Tonträger und mit ihm das alte Erlösmodell von Musikern und Schallplatten-Labels zerstört. «Die Chancen, mit Musik seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, sind drastisch gesunken», sagt Augsburg.
Das Interesse der Aussteller und Besucher an der Pop Up ist jedoch ungebrochen hoch. Augsburg und seine Mitstreiter erwarten bis zum Sonntag (17. Mai) rund 100 Aussteller, Fachpublikum und 9000 Besucher auf den rund 70 Konzerten und DJ-Sets. Das einende Thema der Szene sei neben der Musik selbst die Frage «Wie kann man mit Musik heute noch Geld verdienen?», sagt Augsburg.
Der Wunsch nach einer Selbstverständigung der Branche ist so groß, dass sich die Messemacher entschieden haben, in ein größeres Domizil umzuziehen. Sie haben das Werk II im Leipziger Szenestadtteil Connewitz gegen die riesige Kuppelhalle des «Volkspalastes» auf der Leipziger Alten Messe getauscht.
«Wir wollen wachsen», sagt Augsburgs Kollegin Alexandra Pagel. Der neue Ort biete den Ausstellern, Fans und Fachbesuchern neben mehr Platz vor allem eine konzentriertere Atmosphäre, sagt sie. «Das ist gut für die Vernetzung. Es wird immer wichtiger, dass die Musikbranche, dieses schrumpfende Ding, sich bündelt.»
Passend zum neuen Domizil und in Anspielung an einen Song der Punkband S.Y.P.H aus den 1980er Jahren haben die Messemacher das Motto «Zurück zum Beton» ausgegeben. Als «zurück zum Wesentlichen, zurück zur Härte, die Faust nach oben» will Pagel den Satz verstanden wissen: Kampfgeist einer darbenden Branche, deren Koordinaten sie mit den Begriffen «Herzblut» und «Charme des Selbstgemachten» beschreibt und die zwar «nicht für einen Businessplan» lebt, aber dennoch Geld zum Leben verdienen möchte.
Einen Ausweg aus den Nullsummenspielen der Indie-Unternehmer bot vor einigen Jahren die Diskussion um die sogenannte Kulturflatrate. Internetnutzer sollten für die Nutzung kultureller Werke eine Pauschale zahlen. Die Einnahmen, so der Vorschlag, würden dann an die Urheber der Werke ausgeschüttet. Die Überlegungen dazu stagnierten, sagt Augsburg, ein neues Erlösmodell für die Musiker sei nicht in Sicht.
Fans attestieren der Pop Up ein gutes Gespür für neue Trends. Studentin Anne, die seit Jahren Messe und Festival besucht, sagt: «Da kann man Bands sehen, die in ein, zwei Jahren das nächste große Ding sind.» Die Atmosphäre beschreibt sie als «gelassen und wunderbar». Auch für Pop-Up-Macherin Pagel bemisst sich der Erfolg der Messe jenseits von Geld. Zufrieden sei sie, «wenn ich abends durch die Clubs tingle und dort strahlende Gesichter sehe».
LEIPZIG (POP UP 2009 vom 14. BIS 17. MAI
MESSE * FORUM * MUSIK
VOLKSPALAST LEIPZIG UND LEIPZIGER CLUBS
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