Dresden - Zum Abschluss der 32. Dresdner Musikfestspiele am Sonntag zieht der neue Intendant Jan Vogler eine positive Bilanz. Als Ziel hatte er vor ihrem Beginn am 20. Mai ausgegeben, sie auf einer Stufe mit internationalen Festivals in Luzern oder Edinburgh zu etablieren. Nun äußert er sich erfreut, «wie begeistert das neue Konzept aufgenommen wurde». Mit dem 45-jährigen Cellisten sprach ddp-Korrespondent Martin Morgenstern.
ddp: Herr Vogler, Sie sind als Musiker in der ganzen Welt unterwegs. Gleichzeitig sind Sie Intendant der Dresdner Musikfestspiele und künstlerischer Leiter des Moritzburg Festivals. Welches ist das verbindende Element?
Vogler: Wie auch immer man sich mit Musik beschäftigt, es ist immer die gleiche Geschichte: Man verwirklicht Visionen. Idealerweise natürlich mit tollen Kollegen, mit Interpreten, die ihrerseits Entscheidendes zu sagen haben.
ddp: Musikalisch wollen die Festspiele in Vorleistung gehen und damit Stadt und Land ermutigen, die früher gekürzten Fördermittel wieder aufzustocken. Ziehen die Politiker bei diesem Plan mit?
Vogler: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Politiker Festspiele wollen, die im internationalen Festspielkanon gut konkurrieren können. Das Land Sachsen und die Stadt Dresden haben mich dieses Jahr sehr unterstützt. Natürlich kommt es jetzt darauf an: Können wir diese Liga auch halten? Dafür brauche ich weitere Unterstützung. Der Umgang miteinander ist da bisher sehr harmonisch; auch mit den Sponsoren, die die Festspiele zu wesentlichen Anteilen mit gestemmt haben.
ddp: Ein Intendant, der sich mal eben hinters Cello klemmt und Jimi Hendrix' «Machine Gun» spielt - das ist ja auch ein Zeichen, dass sich die Festspiele verändert haben. Wie wollen Sie den frischen Geist, der diesen Jahrgang getragen hat, langfristig etablieren?
Vogler: Ich glaube an die Festspiele. Wir haben jetzt den ersten Schritt gemacht, und die Möglichkeiten sind, glaube ich, noch viel größer. Bisher bin ich sehr glücklich, wie begeistert das neue Konzept aufgenommen wurde. In jedem Konzert werde ich darauf von 50 Leuten angesprochen! Natürlich bedeutet dieser Enthusiasmus nicht, dass wir schon da sind. Wir müssen weiter daran arbeiten, Dresden als Stadt der Begegnung, als Stadt zwischen Ost und West zu etablieren - und die Versöhnung durch Musik Wirklichkeit werden zu lassen.
ddp: Wie sind Sie mit Ihrem ersten Jahrgang insgesamt zufrieden?
Vogler: Mein erster Eindruck ist: Es gab dieses Mal eine ganz unglaubliche Kommunikation mit dem Publikum. Ich spürte das in den Konzerten als Solist, aber auch als Intendant. Und das ist auch der Punkt, auf den wir beim Moritzburg Festival immer wieder angesprochen werden: Dass das Publikum eben ein Teil des Konzerts wird, und nicht von der Bühne belehrt wird. Alle Künstler haben dieses Jahr diese unheimlich intensive Kommunikation aufgebaut. Das fing an mit den «Knights» bis hin zu Stars wie Gustavo Dudamel, Gabriela Montero, Hélène Grimaud oder Ute Lemper. Es ist doch ein ganz natürliches Verlangen, mit außergewöhnlichen Künstlern in Kontakt zu kommen. Dresden muss noch mehr in den internationalen Konzertkalendern auftauchen. Kein Dresdner will wieder 15 Jahre auf die Wiener Philharmoniker warten, in München zum Beispiel spielen sie jedes Jahr. Ich finde das nicht logisch und glaube, es gibt noch viele Möglichkeiten. Dresden hat doch ein intensives Musikleben auf hohem Niveau. Und das Festival muss da einfach herausragen! Ich kann mir durchaus vorstellen, eine Oper auch einmal szenisch aufzuführen. Dafür müssen wir die Mittel aber weiter aufstocken, um solche Projekte auf die nächste Ebene führen zu können.
ddp: Ist also noch mehr von Ihnen zu erwarten, Herr Vogler?
Vogler: Generell steigt mein Wohlbefinden mit den Aufgaben. Für mich war und ist Leistungsdruck immer ein Ansporn. Seit ich das Moritzburg-Festival übernommen habe, bin ich ein glücklicherer Mensch. Seit ich die Dresdner Musikfestspiele übernommen habe, bin ich noch glücklicher geworden, und das ist auch gut für meine Ressourcen auf dem Cello. Gleichzeitig begrenze ich meine Konzerte drastisch, auf maximal 75 pro Jahr. Ich gehe eben auch gern in Konzerte, höre die Kollegen an. Und ich versuche herauszufinden: Was bringt die Musikwelt voran? Das interessiert mich eigentlich am meisten.