Gaunerboss Mackie Messer wütet von Samstag an in München: Nachdem Theatermacher Christian Stückl im vergangenen Jahr als Spielleiter der Oberammergauer Passionsspiele im Blickpunkt stand, bringt er am Samstag (22. Januar) Brechts «Dreigroschenoper» im Münchner Volkstheater auf die Bühne. Die musikalische Leitung übernimmt Micha Acher von der Indie-Band The Notwist.
dapd-Korrespondent Petr Jerabek sprach mit Stückl über das Stück, das Volkstheater und die Münchner Olympia-Bewerbung.
dapd: In der laufenden Saison ist am Volkstheater nur eine neue Inszenierung von Ihnen zu sehen. Schaffen Sie nicht mehr oder wollten Sie nicht mehr inszenieren?
Stückl: Ich mache normalerweise zwei Sachen. Aber ich habe einfach gesagt, nach den Passionsspielen komme ich zurück und mache ein größeres Stück. Das ist ja eine ziemlich aufwendige Geschichte.
dapd: Warum haben Sie sich gerade die «Dreigroschenoper» ausgesucht?
Stückl: Die «Dreigroschenoper» lag schon lange bei mir auf dem Tisch. Ich wollte sie schon vor fünf Jahren mal hier machen, habe mich dann aber irgendwie dagegen entschieden, auch weil der Verlag Schwierigkeiten hatte mit der musikalischen Umsetzung, die ich machen wollte. Jetzt hab' ich den richtigen Mann, den richtigen Ort, den richtigen Platz. Das Stück liegt mir schon lange im Magen. Wenn man schon so lange Theater macht, dann hat man immer noch ein paar Stücke auf dem Nachtkastl, die man machen will.
dapd: Was macht das Stück heute noch interessant?
Stückl: Das ist irgendwie lustig, weil man immer gefragt wird nach diesem Stück: Inwieweit ist es sozialkritisch, inwieweit ist in dem Stück Kapitalismuskritik oder inwieweit kommt der Kommunist Brecht durch? Was ist politisch an dem Stück? Ich denke: Erst einmal ist es geschrieben wie ein Krimi. Mackie raubt Tochter, Peachum - reichster Mann in London - kann das nicht aushalten, gibt sich als Bettlerkönig, die Polizei ist korrupt. Da hat Brecht schon ein Stück geschrieben, das auf einer Seite wie ein Krimi ist, auf der anderen Seite steckt da auch eine Kritik drin.
dapd: Aber es ist ein häufig gespieltes Stück. Was konnten Sie noch Neues darin entdecken?
Stückl: Die Feuilletonisten fahren ganz viel herum und haben die «Dreigroschenoper» schon ganz oft gesehen. Ich selber habe sie persönlich noch niemals gesehen, habe mich jetzt nicht gegen irgendetwas wehren müssen oder sagen müssen: Das mache ich ganz anders. Wenn man alle Theater im Blick hat, dann wird die «Dreigroschenoper» natürlich oft gespielt. Hier in München ist sie schon seit vielen Jahren nicht mehr gelaufen. Da gehört sie mal wieder her.
dapd: Für die übrigen Neuinszenierungen sind junge Regisseure verantwortlich. Bleibt die Nachwuchsförderung auch in Zukunft das Markenzeichen des Volkstheaters?
Stückl: Das ist es seit langem. Ich hab ganz am Anfang schon gesagt: Wir können bei den Schauspielern mit den Gagen der Kammerspiele oder des Residenztheaters nicht konkurrieren. Ich will aber auch keine Billigschauspieler, sondern ich will mich richtig um die jungen kümmern. Wir haben das Festival «Radikal jung» gegründet, ich bin eigentlich seit Jahren der älteste Regisseur im Haus. Das zahlt sich auch richtig aus: Wir haben - würde ich mal behaupten - mit das jüngste Publikum in der Stadt. Insofern können wir dann doch mit den beiden großen Häusern konkurrieren. An den anderen Häusern sind Schauspieler oft jahrelang. Bei uns bleiben sie drei oder vier Jahre, dann gehen sei wieder. Das müssen sie auch, wenn sie jung sind. Uns bringt das dazu, immer wieder neue Schauspieler zu suchen und zu finden. Damit ist man eigentlich ständig in der neuen Auseinandersetzung.
dapd: Themenwechsel: Wie stehen sie eigentlich zur Münchner Olympia-Bewerbung?
Stückl: Ich selber bin ein Olympia-Befürworter, weil ich einfach denke: Alle wollen Olympia haben, jeder will dabei sein, jeder will es sehen - dann muss es auch irgendwo einen Austragungsort geben. Ich glaube, wir von deutscher Seite können es, wenn es um Naturschutz geht, sicherlich besser als die Russen machen. Ich bin gar kein großer Sportler, aber ich sehe wahnsinnig gern Biathlon, also fände ich es ganz schön, wenn es bei uns Biathlon gäbe. Da würde ich schon ganz gern selber hingehen.
dapd: Und hätten Sie auch Interesse, wie schon bei der Fußball-WM die Eröffnungsfeier zu gestalten?
Stückl: (Lacht). Da muss ich ganz ehrlich sagen: Ich habe schon einmal eine große Eröffnungsfeier gemacht, das ist total spannend, aber so ganz ist es nicht meins. Da bewerbe ich mich jetzt nicht wirklich darum. Es ist nicht so, dass ich sage: Ich möchte Olympia, damit ich die Eröffnungsfeier machen kann. Nein.