Leonard Bernstein ist hier aufgetreten, Maria Callas und Sergiu Celibidache, aber auch die Jazz-Größe Ella Fitzgerald. Bis zur Fertigstellung der Philharmonie im Münchner Gasteig-Kulturzentrum im Jahr 1985 war der Kongresssaal im Deutschen Museum, wenn auch akustisch unbefriedigend, einer der wichtigsten Münchner Konzertsäle. Jetzt soll der 1935 eingeweihte Saal als "Isarphilharmonie" seine Wiederauferstehung feiern - zumindest, wenn es nach Bayerns Kunstminister Wolfgang Heubisch (FDP) und einer hochrangig besetzten Arbeitsgruppe geht.
Um den vor allem vom Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks (BR) unter seinem Chefdirigenten Mariss Jansons seit Jahren vehement vorgetragenen Wunsch nach einem eigenen Saal mit erstklassiger Akustik war es zuletzt ruhig geworden. Nachdem der Marstall hinter der Münchner Residenz nach einem vernichtenden Akustikgutachten als Standort für einen neuen Saal ausgefallen war, kursierten zwar immer wieder mögliche Varianten. Doch so recht mochten nur noch wenige glauben, dass die Vision in absehbarer Zeit Realität werden könnte.
Derweil machte sich im Kunstministerium in aller Stille eine Arbeitsgruppe Gedanken um das kulturelle Prestigeprojekt. Das Gremium, dem unter anderen Vertreter des Bayerischen Rundfunks, der Obersten Baubehörde, des Vereins "Konzertsaal München", der Stadt München und der Denkmalpflege angehören, prüfte 15 mögliche Standorte für den neuen Saal. Den nun eindeutig favorisierten Kongresssaal im Deutschen Museum hatte bislang niemand auf der Liste. Ein Coup, mit dem sich der etwas unscheinbar agierende FDP-Minister Heubisch trefflich in Szene setzen konnte.
Wechselvolle Geschichte
Der 1935 eingeweihte Kongresssaal auf der "Museumsinsel" hatte eine wechselvolle Geschichte. Als der Bau im Jahr 1928 begann, galt der Saal als technische Meisterleistung. Immerhin handelte es sich damals um den größten Stahlbeton-Skelettbau Europas. Feierlich eröffnet wurde das Bauwerk erst 1935 unter den Nazis.
Auch wenn die Formensprache des Saales in seiner sachlichen Monumentalität den kommenden Nazi-Stil teilweise vorwegnimmt, handelt es sich nicht um einen "Nazibau", als den ihn Münchens Oberbürgermeister Christian Ude charakterisierte. Wer dies sage, brauche "Nachhilfe in Architekturgeschichte", sagte Bayerns Oberster Denkmalschützer Johannes Greipl. Das Gebäude habe für die Architekturgeschichte Münchens der spätem 1920er Jahre eine "besondere Bedeutung".
Nach Beseitigung der Kriegsschäden diente der Kongresssaal zunächst als Ersatz für das Münchner Odeon, den legendären Konzertsaal am Odeonsplatz. Als er nach der Eröffnung der Philharmonie von einem Tag auf den anderen seine Bedeutung als Veranstaltungsort verloren hatte, zog das "Forum der Technik" ein, mit Imax-Theater und Planetarium. Rentabel war diese Nutzung nie. Zurzeit steht der Kongresssaal leer. Im Rahmen des anstehenden 400 Millionen Euro teuren Umbaus des Deutschen Museums sollte hier eigentlich ein neuer, großzügiger Eingangsbereich für das Museum geschaffen werden.
Widerstand gegen neuen Konzertsaal bröckelt
Mit einer Machbarkeitsstudie soll nun untersucht werden, ob ein mindestens 1.800 Plätze umfassender Saal in den Bau integriert werden kann oder ob an seiner Stelle ein spektakulärer Neubau entstehen könnte. Greipl hat sich schon gegen einen Abriss in Stellung gebracht. Ob sich, wie erhofft, private Sponsoren für einen schlichten Umbau ins Zeug werfen, ist fraglich. Ein nicht unerheblicher Teil der auf 150 Millionen Euro geschätzten Baukosten soll nämlich von privater Seite aufgebracht werden.
Politisch scheint der Zeitpunkt günstig, auch wenn die Opposition aus SPD, Grünen und Freien Wählern sich jüngst über eine mangelnde Beteiligung parlamentarischer Gremien an Heubischs Planungen echauffierte. Sowohl Ministerpräsident Horst Seehofer als auch der neue bayerische Finanzminister Markus Söder (beide CSU) sollen dem Projekt positiv gegenüber stehen. Und der einflussreiche Präsident der TU München und Verwaltungsratschef des Deutschen Museums, Wolfgang Herrmann, schwärmt schon von dem neuen kulturellen Highlight auf der Isar-Insel und fordert einen "großartigen architektonischen Akzent", der die Bedeutung Münchens als Welt- und Kulturstadt betonen solle.
Selbst OB Ude hat seinen Widerstand gegen einen neuen Konzertsaal aufgegeben. Bislang wehrte er sich gegen einen neuen Saal, weil er befürchtete, dass der die städtische Philharmonie kannibalisieren könnte. Doch die Pläne für den akustischen Umbau der Philharmonie sind einstweilen aus Kostengründen in der Schublade verschwunden. Außerdem will Ude bei der nächsten Landtagswahl Seehofer als Ministerpräsident beerben. Dann wäre er es, der den neuen Saal feierlich eröffnen würde. In "sechs bis sieben Jahren", so Kunstminister Heubisch, könnte es soweit sein. Wenn es zur der von Ude erhofften Ablösung der schwarz-gelben Staatsregierung kommt, wäre der FDP-Minister dann wohl nicht mehr im Amt.