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Egils Silinš als Wotan, im Hintergrund Nicolai Karnolsky (Fafner), Taehyun Jun (Fasolt) und Michaela Maria Mayer (Freia). Foto: Ludwig Olah
Egils Silinš als Wotan, im Hintergrund Nicolai Karnolsky (Fafner), Taehyun Jun (Fasolt) und Michaela Maria Mayer (Freia). Foto: Ludwig Olah
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Kammermusikalische Konversation auf der Müllhalde: Wagners „Rheingold“ in Nürnberg

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Was in Bayreuth erst langsam an Bedeutung gewinnt – mit Thomas Hengelbrock, Andris Nelsons und Kirill Petrenko –, scheint sich in Nürnberg zu einer eigenständigen Tradition zu verdichten: Eine Wagner-Interpretation, die auf Erkenntnisse der historischen Aufführungspraxis reagiert und sich vom Ballast eines eingedickten, pathetisch dröhnenden, die Sänger in den Hintergrund drängenden Orchesterklangs befreit.

GMD Marcus Bosch kann sich zum Start des bis 2016 terminierten Nürnberger Ring-Zyklus ausdrücklich auf Wagners Probenanmerkungen zur Uraufführung von 1876 berufen und legt das Rheingold entsprechend transparent und kammermusikalisch an. Die Streicherartikulation ist tiefengeschärft, die Holzbläser bilden eine charakteristische Farbe, die auch im Verbund mit dem nie vordergründig auftrumpfenden Blech ihre Eigenständigkeit bewahrt.

Diese Durchhörbarkeit der Binnenstruktur bewahrt den Orchesterklang davor, in die Bedeutungslosigkeit abzusinken, wenn die Lautstärke, dem vorwärts drängenden Konversationstonfall entsprechend, in ein sängerfreundliches Piano zurückgefahren wird. Die mächtigen, klangmalerischen oder dramatisch zuspitzenden Ausbrüche und Zwischenspiele haben von dort aus ein breites Entfaltungspotenzial, das Bosch dann zusammen mit der über weite Strecken ausgezeichneten Staatsphilharmonie auch voll ausnutzt.

Wie segensreich sich dieser Zugriff auf den Gesang auswirkt, das ist in Nürnberg beeindruckend zu erleben, wo ein präzise deklamierendes Wagnerensemble ohne Schwachpunkte zu Hause ist. Einzig Egils Silinš musste kurzfristig als Gast einspringen und gab einen zunehmend substanzreich verhandelnden Wotan. Mit messerscharfer Diktion zeigt ihm Roswitha Christina Müller als Fricka, wo’s lang geht, Vincent Wolfsteiner dosiert seine heldentenoralen Reserven klug für ein facettenreiches Loge-Porträt.

Antonio Yangs sängerischer Intensität als Alberich ist es dann auch zu verdanken, dass diese Neuinszenierung auch dort einigermaßen funktioniert, wo Regisseur Georg Schmiedleitner kaum mehr eingefallen ist als ein dezent provokanter modernisierender Tonfall. Die leichten Rheintöchter-Damen (Hrachuhí Bassénz, Leah Gordon, Judita Nagyová), die ihrem Gewerbe am Rande eines mit leeren PET-Flaschen und anderem Kunststoff zugemüllten Waldes auf einem Gestell aus Wassertanks nachgehen; die Goldfarbe, mit der Alberich sich triumphierend übergießt und mit der er dann seine unterirdische Fabrik tünchen lässt; Fafners Tüte mit durchgestrichenem Radioaktivitäts-Symbol: Das sind zu schwache Bilder für Schmiedleitners These, im Rheingold gehe es um Raubbau an der Natur und um einen Kampf um Ressourcen.

Erfreulich ist allerdings sein detailgenaues Interesse an den Personen, auch an den gerade nicht singenden. Die zweite, von Wotan und Fricka mit einem Quickie eröffnete Szene entwickelt so in karger, weiterhin mit Plastikflaschen dekorierter Sofalandschaft eine kurzweilige Eigendynamik. Schlüssig ist auch die Szenerie für den Ringfluch: Während Wotan den Reif noch von Blut säubert – er hatte ihn dem Nibelungen kurzerhand samt Finger abgeschnitten – wird dieser schon mit neuem, unsichtbaren Makel belegt.

Äußerst dürftig ist indes die Wirkung der Live-Videos. Hier hat Frank Castorfs Bayreuther Zugriff, zu dem sich manche Parallele ziehen ließe, Schmiedleitners Konzept einiges voraus. Dieses kann sich in den Folgeteilen aber noch weiterentwickeln, musikalisch verspricht dieser Nürnberger Ring in jedem Fall Festspiel-Niveau.

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