Die geplanten Kürzungen und Umstrukturierungen der Musikhochschullandschaft Baden-Württembergs schlagen weiterhin hohe Wellen. Nach Protesten aus Trossingen meldete sich nun auch der Mannheimer Hochschulpräsident zu Wort. Gegenüber nmz Online beklagte Rudolf Meister anderem die mangelnde Solidarität der Institutionen untereinander. Auf Kritik stößt außerdem die vorgesehene Konzentration der Jazzausbildung.
Rudolf Meister sprach im Zusammenhang mit den Ministeriumsplänen von drei Gewinnern und zwei Verlierern. Die Gewinner – also Stuttgart, Freiburg und Karlsruhe – seien offenbar frühzeitig der Meinung gewesen, ihre Position durchsetzen zu können. „Von daher gab es keine Bereitschaft zur Solidarität“, so Meister. „Ich finde das sehr bedauerlich, zumal der Vorschlag des Rechnungshofes sehr wohl solidarisch ist. Er geht davon aus, dass alle für die gleiche Arbeit auch das gleiche Budget bekommen.“ Meister bezieht sich darauf, dass in der „Beratenden Äußerung“ des Landesrechnungshofes vorgeschlagen worden war, dass in Stuttgart und Freiburg die Studienplatzzahlen bei geringerem Budget etwa gleich bleiben, in Trossingen, Karlsruhe und Mannheim dagegen die Studienplatzzahlen bei gleichem Budget stärker zurückgefahren werden sollten.
Der Mannheimer Hochschulpräsident wies außerdem darauf hin, dass der Rechnungshof die Hochschulen ausdrücklich aufgefordert habe, Studienplätze im Bereich nach dem Master (im sog. „dritte Zyklus“ der solistischen Ausbildung oder bei berufsbegleitenden Studiengängen) kostendeckend durch Studiengebühren zu finanzieren. Auf diese Weise könnten nach Meisters Einschätzung von den 500 einzusparenden Plätzen zirka 300 erhalten werden.
Was die Profilbildung und Arbeitsteilung angeht, so hält Meister dies dort für vertretbar, wo es um relativ kleine Bereiche gehe. „Nicht sinnvoll ist dies“, so Meister weiter, „wenn eine Hochschule nicht mehr über eine ausreichende Vielfalt verfügt, die zu so viel künstlerischer Reifung führt, dass Innovationspotenzial freigesetzt wird.“ Dass es in Mannheim keine Schulmusik und Orchesterausbildung mehr geben solle, hält er für nicht hinnehmbar, denn diese Bereiche gehörten „genauso wie Klavier und Gesang zum unverzichtbaren Kernbereich jeder Musikhochschule“. Gleichzeitig kündigte der Mannheimer Hochschulpräsident an, der Widerstand werde in Mannheim nicht geringer sein als in Trossingen. „Sie können fest davon ausgehen, dass es in der nächsten Woche entsprechende Solidaritätsbekundungen aus Wirtschaft und Politik geben wird.“ Meister verwies auf ein anstehendes Gespräch mit dem Oberbürgermeister und darauf, dass die Vorsitzende des Wissenschaftsausschusses im Landtag, Helen Heberer (SPD), sich bereits dahingehend geäußert habe, dass mindestens die Schulmusik in Mannheim erhalten bleiben müsse.
Angesprochen auf die Fusion mit der Popakademie zeigte sich Rudolf Meister überrascht: „Zum ersten mal habe ich davon am Montag von Ministerin Bauer gehört. Es gab bisher keine Abstimmung und auch vom Ministerium noch keine Vorschläge, wie das konkret aussehen sollte.“
Zur geplanten Konzentration der Jazzausbildung in Mannheim und der damit einhergehenden Schließung des Studiengangs Jazz/Pop in Stuttgart kam Kritik vom Jazzverband Baden-Württemberg. „Eine solch einseitige Konzentration der jungen Jazzmusiker auf einen Hochschulstandort wird zur Folge haben, dass sehr rührige Szenen, wie die im Großraum Stuttgart, ausgetrocknet werden“, befürchtet dessen Vorsitzender Friedhelm Schulz. Verwundern müsse, so der Verband, die geplante Schließung des Studiengangs Jazz/Pop in Stuttgart. Dieser bestehe seit 1985 und sei damit nach dem in Köln der älteste seiner Art in Deutschland. Kurios sei außerdem, dass die meisten der Jazzpreisträger Baden-Württembergs ihren Abschluss beim Studiengang Jazz/Pop in Stuttgart gemacht hätten: „Der Jazzpreis wird jährlich vom gleichen Ministerium gestiftet, das jetzt den Stuttgarter Studiengang schließen will.“