Wenn man einen alten Spruch ein wenig ummodelt und zugesteht, dass man in der Schule auch fürs Leben lernt, hätte ich eigentlich Werbetexter oder Auto-Journalist werden müssen. Denn kaum ein Fach faszinierte mich weniger als der Musikunterricht. „Peter und der Wolf“ – musikalisch ja ganz nett, aber die Story: Nie leuchtete mir ein, weshalb ein stolzes wildes Tier so einfältig domestiziert werden musste.
Benjamin Brittens „The Young Person’s Guide To The Orchestra”: Einschläfernd. Modest Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“ – erst viel später in der Version von Emerson Lake & Palmer erträglich. Dann die sogenannten Kinderopern: „Hänsel und Gretel“ oder die „Zauberflöte“ in elterlicher Begleitung – hauptsächlich peinlich.
Na ja, das ist ein gutes halbes Jahrhundert her und inzwischen hat sich viel getan – sowohl in der Musikpädagogik wie in der Produktion kindgerechter Musik. Einerseits entdeckte die Platten-Industrie den taschengeld-satten Markt der Youngster. Unvergessen der böhmische Knödel-Tenor von Karel Gott mit dem Biene-Maja-Song, Detlev Jöckers Zuckerwatte-Liedchen oder die zahllosen keyboard-sterilisierten Produktionen der Majors. Es waren eher kleine Labels, Gitarren-Einzelkämpfer und Verlage, die sich um Qualität in Melodie und Text für die junge Zielgruppe bemühten. Oft fehlte ihnen die Marketing-Kraft, um sich auch nur in den Kinderfunk einzubringen. Und für Großeltern und Eltern gab es wenig kompetente Beratung, was dem kommerziellen kompositorischen Fließband-Schrott ökonomisch sehr zu pass kam.
Da ist ein Geburtstagsständchen fällig für den Verband deutscher Musikschulen (VdM). Der schuf vor zwanzig Jahren unter dem Claim „Gute Musik für Kinder“ den Medienpreis „Leopold“ – anfangs ein zartes Pflänzchen im Wildwuchs-Dschungel existierender Auszeichnungen aller Provenienz – man denke an die als plattes Marketing-Tool gehypten Selbstbeweihräucherungs-Medaillen der Musikindustrie à la „Echo“. Nicht wegen dieser harschen, die Anzeigenabteilung der nmz möglicherweise schädigenden wahren Worte sollte ich spätestens an dieser Stelle die Speicherung dieses Textes löschen. Sondern weil ich in meinen frühen Verlegerjahren zusammen mit meinen Autoren einige „Leopolde“ für den „Ritter Rost“ mit eingeheimst habe. Weil es um Wichtigeres geht, versage ich mir die Ehrpusselei und fahre mit dem Loblied fort.
In den zwanzig Jahren seines Bestehens hat der „Leopold“ spürbar dazu verholfen, Qualitäts-Produkte und Qualitätsbewusstsein rings um „gute Musik für Kinder“ zu stärken, zu befördern. Die Empfehlungslisten sind zuverlässige Ratgeber für Pädagogen und Eltern. Die prämiierten Medien, CDs oft in fein gestaltete Buch- und Notentitel verpackt, brachten einen spürbaren Kreativ-Schub für Verlage, Komponisten und auch Rundfunkanstalten, die sich immer öfter mit engagierten künstlerisch hochwertigen Beiträgen bewarben. Die über zweihundert Einsendungen zur diesjährigen Preisverleihung sind ein feiner Beweis für die Akzeptanz und die Breitenwirkung dieser Auszeichnung, die vor allem auch fantasievollen kleinen Labels wie der fabelhaften „Edition Seeigel“ bessere Marktchancen liefert. Ein Lob an die Jury für die ausgesuchte stilistische Breite und ein kleiner Rat: Nehmt die autarke Download-Szene mit in den Fokus – und vergebt an den nächsten – bei Carlsen erscheinenden – „Ritter Rost“ wieder einen Leopold, wenn er ihn verdient hat…