Farbenreichtum, Stilvielfalt und Internationalität – das sind seit Jahren wesentliche Elemente des „Südtirol Jazz-Festival“. Zum 30. Mal gibt es diese Veranstaltung in Südtirol jetzt. Und bereits das Eröffnungskonzert spiegelte die besondere Weltoffenheit des Programms mit einer außergewöhnlichen und bisher so nie dagewesenen - Zusammenstellung.
Am letzten Freitag im Juni trafen acht international renommierte Musiker unterschiedlichster Herkunft – von Italien und Belgien bis hin zu USA und Brasilien – im Bozener Stadttheater aufeinander und spielten in immer neuen kleinen Formationen. Etwa der Mandolinenvirtuose Hamilton de Holanda, der Schlagzeuger Jim Black, der Vokal-Experimentator David Linx und der Trompeter und Flügelhorn-Poet Paolo Fresu. Sie spannten einen Bogen von raschelnd-sirrend-klappernden Geräusch-Aktionen des Solo-Schlagzeugs, das den ungewöhnlichen Beginn des Abends markierte, bis hin zu melodisch ergreifendem Charme. Griffige Botschaft nach zwei unterhaltsamen Stunden: So herrlich unterschiedlich kann Jazz sein.
Die Instrumente: E-Gitarre oder akustische Gitarre, Trompete oder Flügelhorn, Klavier, zwei Posaunen, Mandoline, Schlagzeug und Stimme – die sich stets neu gruppierten. Paolo Fresu und der Gitarrist Bebo Ferra zum Beispiel, die in wunderbar weichen Klängen miteinander spielten. Fresu in der ihm eigenen Haltung an Trompete oder Flügelhorn, die an einen Mambotänzer erinnert, der sich unter einem Stab durchtanzt. Die Posaunisten Nils Wogram und Gianluca Petrella spielten mit Schlagzeuger Jim Black ein wildes, freies Stück, in dem sie viel mit reinen Luftgeräuschen arbeiteten. Sänger David Linx führte die Zuhörer in eine Jazzwelt zwischen Schmelz und Artistik und setzte im rasanten Duo mit Pianist Diederik Wissels seine Stimme wie ein Instrument ein. Der brasilianische Mandolinist Hamilton de Holanda spielt sein um ein Saitenpaar erweitertes Instrument in atemberaubendem Tempo. Und wenn er mit dem deutschen Posaunisten Nils Wogram den Bossa-Nova-Klassiker „Chega de saudade“ interpretiert, kann einem vor Bewunderung fast die Luft wegbleiben.
Das Publikum war begeistert, und – Notiz am Rande–- alle Eltern schlagzeugspielender Kinder kamen um eine Idee reicher nach Hause: Sie werden dem Kind einen Geigenbogen schenken, denn bei seinem Solostück hatte ihnen Jim Black unter anderem gezeigt, wie überraschend klangvoll man die Becken mit einem Geigenbogen bearbeiten kann.
So ist das Südtiroler Jazzfestival: Es verwöhnt einen mit neuen Ideen, aufregenden Erfahrungen und wohligen Gefühlen. 100 Konzerte finden in den kommenden Tagen bis zum 8. Juli in ganz Südtirol statt, in Stadt und Land, in Werkshallen, Berggasthöfen und Weingütern. Einige Highlights: Das zwölfköpfige MinAfric Orchestra um den Trompeter Pino Minafra im Bozener Museion; das Star-Trio Stefon Harris, David Sanchez und Nicholas Payton ebenfalls an diesem außergewöhnlichen Ort für Bildende Kunst, oder – um ganz andere Luft zu schnuppern – ein Konzert auf 2500 Metern am Wolkenstein/Selva mit dem Piccola Orchestra Gagarin, einem Trio aus einem Sarden, einem Israeli und einem Katalanen, die sich nach dem Pionier-Kosmonauten Juri Gagarin benannten.