Während die Jecken vor der Tür die heiße Phase des Düsseldorfer Karnevals einläuten und Prinz Carsten I. mit Prinzessin Venetia Ursula das Narrenvolk playback am Rathausplatz in Stimmung singt, findet zeitgleich in der Deutschen Oper am Rhein eine mehr als ebenbürtige Konkurrenzveranstaltung statt.
Gemeinsam mit der Komischen Oper (siehe nmz Online vom 14.05.2012) realisiert man Händels bekannteste unbekannte Oper, den am 15. April 1738 in London uraufgeführten Xerxes (Serse). Damals italienisch gesungen, verwendet die Übernahme Produktion – leider – die deutsche Fassung aus Berlin. Neu ist jedoch die fabelhafte Besetzung, die in den männlichen Hauptrollen durchweg von Countertenören getragen wird.
Die Inszenierung von Stefan Herheim in berückenden Bildern (Bühnenbild Heike Scheele) und aufwendigen Kostümen (Gesine Völlm) setzt die krude opera seria Handlung in eine Hogartsches Rahmenhandlung, ein Theater auf dem Theater zur Zeit der Entstehung des Xerxes. Herheim nimmt sich dabei die Strauss/Hofmannsthal Idee der Ariadne zum Vorbild: die Personen der Oper spielen sich gleichsam noch einmal als rivalisierende Sänger und Liebespaare. Im Schatten des männliche Soprans steht dessen Bruder, der die Primadonna glühend verehrt, deren Schwester... und so weiter und so fort.
Das verwirrende qui pro quo wird vor allem durch die Spielfreude und sängerische Leistung im Graben und auf der Bühne getragen. Die Neue Düsseldorfer Hofmusik unter Konrad Junghänel ist seit Jahren zuständig für die Alte-Musik-Szene in Düsseldorf und vermag auch in dieser Produktion die Errungenschaften der Originalklang Technik mit den Anforderungen eines großen Hauses zu verbinden.
Umjubelter Star des Abends ist freilich der Xerxes des jungen in Rumänien geborenen Valer Barna-Sabadus. Bekannt geworden durch sein Debut in Salzburg 2009 als Adrasto in Jomemellis „Demofoonte“ erobert er derzeit die an Talenten wahrlich nicht arme Szene. Mit dem berühmten „Ombra mai fu“ zu Beginn der Oper zeigt Barna-Sabadus sein phänomenales Können in allen Schattierungen, und es gelingt ihm, nicht nur mit atemberaubenden Koloraturen, sondern immer wieder auch mit still berührenden Momenten, alle Facetten seiner Stimme glänzend zur Geltung zu bringen.
Ebenbürtig ist aber auch der Arsamanes des Schweizer Terry Wey, der dieser Figur etwa Don-Ottavio-Haftes verleiht. Als wahrer Leporello entpuppt sich der in allen Lagen singende Hagen Matzeit. Der Düsseldorfer Neuzugang, Heidi Elisabeth Meier, brilliert mit einer souveränen Romilda, neben Anke Krabbe (Atalanta) und Katarina Bradic (Amastris).
Donnernder Applaus beendet dieses musikalische Karnevalsvergnügen, das sich kein Händelfreund entgehen lassen sollte.