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Kulturversprecher – die Parteien zur Wahl

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Zu den vom Deutschen Kulturrat vorgelegten Wahlprüfsteinen der Parteien · Von Barbara Haack
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Es gibt ein paar gute Nachrichten. Egal, wer nach dem 18. September in Deutschland regiert: Die reduzierte Mehrwertsteuer für Kulturprodukte bleibt erhalten, ebenso der Bundestagsausschuss für Kunst und Kultur, und die kulturelle Bildung spielt nach Ansicht aller Parteien eine außerordentlich wichtige Rolle für die Persönlichkeitsbildung von Kindern und Jugendlichen. Sieh an! Die Künstlersozialkasse betrachten alle Parteien als „wichtige Errungenschaft“. Und sind sich sicher, dass sie, welche obskuren, aber auf jeden Fall radikalen Änderungen im Gesundheitssystem sie auch immer einführen wollen, die KSK in ihre Pläne integrieren können. Wie, dazu gibt es noch wenig konkrete Ideen; das wird zu prüfen sein. Wie überhaupt noch einiges zu prüfen ist. Das zumindest geht aus den Antworten von SPD, CDU/CSU, FDP, den Grünen und der neuen Linkspartei auf die Wahlprüfsteine des Deutschen Kulturrates hervor, die soeben in der Zeitung „politik und kultur“ veröffentlicht wurden.

Prüfen will vor allem die CDU/CSU, die sich nicht einmal zu einem klaren Ja zur Weiterführung der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ durchringen kann, obwohl sie, wie alle anderen auch, durchaus feststellen muss, dass deren Arbeit noch nicht beendet ist. Auch die Frage, ob Kultur als Staatsziel in die Verfassung aufgenommen werden soll, muss Frau Merkel „unvoreingenommen und sorgsam“ prüfen, bevor hier eine Entscheidung fallen kann. Im Gegensatz zu allen anderen Parteien, die sich eindeutig für die Konsolidierung der Kultur im Grundgesetz aussprechen. Und auf die Frage nach dem zukünftigen Umgang mit dem Amt des Kulturstaatsministers (Weiterführung, Stärkung oder Auflösung) gibt die CDU/CSU eine merkwürdig vage Antwort, die alles offen lässt. Auch die SPD tut sich schwer mit einer klaren Aussage. Zwar soll der Beauftragte für Kultur und Medien zukünftig eine eigene kultur- und medienpolitische Zuständigkeit auf EU-Ebene erhalten. Daher gebe es durchaus „Argumente für die Gründung eines eigenen Ministeriums“ – mit der Einschränkung allerdings, dass „wir wissen, dass Kabinettszuschnitte und institutionelle Zuständigkeiten immer auch weiteren Kriterien unterliegen“. Ein klares Hintertürchen, das nicht unbedingt Begeisterung für die Stärkung dieses Postens spüren lässt. Ebenso wenig wie bei den Grünen, die das Amt so fortführen wollen, wie es ist, in ihrer Antwort aber wenig Interesse an der Ausgestaltung zeigen. Ganz anders FDP und Die Linke.PDS: Beide wollen einen Kulturminister mit Kabinettsrang! Man höre und staune, aus welchen Richtungen Bundeskulturpolitik gestärkt werden soll.
Dass die CDU/CSU auf die Frage nach der Einbindung der „organisierten Zivilgesellschaft“ in ihre Entscheidungen als einzige Partei überhaupt einen konkreten Verband hervorhebt, nämlich die Kulturpolitische Gesellschaft (Kupoge), mag als Spitze gegen den Kulturrat gemeint gewesen sein. Tatsächlich ist es ein Schlag ins Kontor aller Kulturverbände, die sich in den letzten Jahren, durchaus auch regelmäßiger als die Kupoge, kulturpolitisch zu Wort gemeldet haben.

Gefragt nach ihrer Haltung zur Positionierung von Kunst und Kultur im Rahmen der EU-Dienstleistungsrichtlinie versichern alle Parteien, dass sie den besonderen „Doppelcharakter“ durchaus erkannt haben: Kunst und Kultur sind nicht nur Ware, sondern auch „öffentliche Güter der Völker“ (Die Linke), die „durch kreatives Schaffen kulturelle Identität und Wahrnehmung bieten“ (SPD). Nur die FDP hebt bei den Fragen zur Dienstleistungsrichtlinie, zu GATS und zur UNESCO-Konvention für die kulturelle Vielfalt gerne den liberalen Zeigefinger: „Ein gänzlicher Ausschluss des Kultur- und Medienbereichs aus den GATS-Verhandlungen erscheint uns überzogen…“. Und UNESCO-Konven-tion ja, aber nur, wenn „die Handelbarkeit von Kulturgütern und Dienstleistungen gesichert bleibt“.

Werfen wir einen Blick auf die auswärtige Kulturpolitik. CDU/CSU und FDP sind selbstverständlich der Meinung, dass die in der vergangenen Legislaturperiode erfolgten Haushaltskürzungen in diesem Bereich ein Fehler waren, dass sie zurückgenommen werden und die Auswärtige Kulturpolitik wieder zur „dritten Säule“ in der Außenpolitik Deutschlands werden müssen. Grüne und SPD verteidigen die Kürzungen mit Hinweis auf die schlechte Wirtschaftslage. Offenbar haben sie Strukturveränderungen für diesen Bereich im Hinterkopf, durch die „sowohl Einspareffekte als auch Verbesserungen erzielt werden können“ (Bündnis 90/Die Grünen), die aber nicht zufrieden stellend erläutert werden. Sehr präzise stellt sich diese Nicht-Erläuterung in folgendem SPD-Kommentar dar, der dem Leser hier nicht vorenthalten werden soll: Die Partei will sich dafür einsetzen, „die Haushaltsmittel für die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik nachhaltiger zu gestalten, dabei neue Steuerungsinstrumente anzuwenden und leistungsbezogene Budgets in der Auswärtigen Kulturpolitik modellhaft einzuführen“. Das klingt gut und vor allem modern; der unbedarfte Wahlprüfsteinprüfer indes würde sich die eine oder andere Aufklärung dazu noch wünschen. Aus dem Folgenden geht allenfalls hervor, dass man offenbar auf „öffentlich-private Partnerschaften“ zurückgreifen und auch die „Kulturnutzenden aus dem Ausland“ zur Kasse bitten will. So viel ist nun immerhin verstanden: Bei der SPD wird dieser Etat nicht aufgestockt. Aber: Immerhin denkbar scheint zu sein, das Feld der Auswärtigen Kulturpolitik in „das Amt eines Bundeskulturministers im Bundeskanzleramt“ einzugliedern. Die neue Linkspartei im Übrigen scheint als einzige der Parteien einen Schwerpunkt im Thema „Deutschland als Einwanderungsland“ mit allen kulturverbundenen Aufgaben zu sehen. Bei den anderen wird der Dialog mit Minderheiten oder mit dem Islam allenfalls angedeutet.

Wen Sie nun wählen sollen? Wer alles für bare Münze nimmt, kommt an der Linkspartei kaum vorbei. Verspricht sie doch die Aufstockung des Bundeszuschusses zur KSK, die gesetzliche Verankerung von Musikschulen und die Einführung des Goethe-Groschens. Wie das alles realisierbar ist, erfahren wir nicht. Wer nach Masse geht, sollte sich unbedingt für die SPD entscheiden, deren Antworten im Durchschnitt doppelt so lang sind wie die der anderen. Hier spielt ein Rechtfertigungsbedürfnis allerdings keine unwichtige Rolle. Die CDU/CSU, wie gesagt, prüft noch. Die FDP geriert sich, nicht nur in den vorliegenden Wahlprüfsteinen, sondern auch andernorts, als aufstrebende Kulturpartei. Und die Grünen zeigen, wenn es ums Urheberrecht geht, eine merkwürdige Verbraucherfreundlichkeit, die dem Urheber nicht gerade zugute kommt. Wem diese Zusammenfassung nicht reicht, der sollte die Antworten der Parteien im Ganzen lesen und sich selbst ein Bild machen (als pdf 464 KB). Immerhin: Alle haben geantwortet, obwohl doch die Parteien ebenso wie unsere Leser wissen: Wahlentscheidend werden die Positionen zur Kulturpolitik nicht sein. Dann doch eher die Schwitzflecken von Kanzlerkandidatinnen!

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