Salzburg - In diesem Jahr gab es bei den Salzburger Festspielen, was es eher selten gibt: übrig gebliebene Eintrittskarten. Wegen der weltweiten Wirtschaftskrise hatten sich vor allem die solventen Firmenkunden stark zurückgehalten. Um etwa zehn Prozent sank deren Nachfrage nach den begehrten und teuren Tickets für das weltweit renommierte Musik- und Theaterfestival.
Dass die Gesamtzahl von rund 226 000 Besuchern im Vergleich zum Vorjahr, dem zweitbesten in der Festspielgeschichte nach dem Mozartjahr 2006, trotzdem nur um rund vier Prozent sank, war den kurz entschlossenen Privatkunden zu verdanken, wie der kaufmännische Direktor der Festspiele, Gerbert Schwaighofer, am Donnerstag bekannt gab. Und so kamen in diesem Sommer viele Menschen in den Genuss von Festspielkarten, die sich dies mangels Beziehungen oder Kaufkraft sonst wohl nicht hätten träumen lassen.
Die Umschichtung der Kartennachfrage von den Firmen zu den Privatkunden war ein Phänomen, das die Salzburger Festspiele 2009 von früheren Festspielen deutlich unterschied. Ein weiteres Phänomen war, dass viele Besucher nicht schon im Vorverkauf, sondern erst nach Beginn der Festspiele ihre Lieblingsveranstaltungen buchten. Diese spontane Nachfrage, häufig aus dem nähren und weiteren Umland, kam vor allem weniger bekannten Stücken zugute, die in diesem Jahr öfter als sonst auf dem Spielplan standen und Festspielintendant Jürgen Flimm im Vorhinein Vorwürfe eintrugen, er habe ein etwas sperriges Angebot programmiert.
Doch dann wurden Fundstücke wie Georg Friedrich Händels Oratorium «Theodora», Gioachino Rossinis Grand opera «Moise et Pharao» oder Luigi Nonos Bühnenwerk «Al gran sole carico d'amore», ein Schlüsselwerk des 20. Jahrhunderts, zu Rennern, die sich ihre Nachfrage via Mundpropaganda quasi von selbst schufen.
Und so konnte sich Flimm trotz moderaten Besucherrückgangs in seinem Konzept bestätigt fühlen, die Besucher der Festspiele mit Randwerken des Repertoires und zeitgenössischen Stücken herauszufordern. Allen Unkenrufen zum Trotz habe das Publikum das diesjährige Programm «in übergroßem Maße» angenommen, freute sich der Intendant und mochte «Überraschung und Genugtuung» darüber nicht verbergen. «Wir stellen fest, dass auch bei Werken außerhalb des bekannten Repertoires die Neugier der Leute überwiegt.»
Auch Konzertchef Markus Hinterhäuser, der sich mit seinem Programmschwerpunkt mit Werken des Komponisten Edgar Varèse (1883-1965) wieder einmal recht nonkonformistisch gab, resümierte zufrieden, dass die Musik unserer Zeit «ein völlig normaler Bestandteil der Salzburger Festspiele» geworden sei.
Dieser demonstrativ zur Schau getragene Optimismus war auch ein Fingerzeig an die österreichischen Politiker. Erst jüngst hatte die Salzburger Landeshauptfrau Gaby Burgstaller wieder einmal eine Erhöhung der Festspielsubventionen für die nähere Zukunft abgelehnt. Dabei hatte die SPÖ-Politikerin - das Land Salzburg ist zusammen mit der Stadt und dem Bund nach den Kartenverkäufen zweitwichtigster Finanzier des Festivals - wenig diplomatisch angemahnt, in Zukunft doch bitte Stücke zu spielen, die das Publikum sehen wolle. Die Einnahmen lägen doch auch in diesem schwierigen Jahr und angesichts eine sehr ambitionierten Programms wieder deutlich über dem Soll, wehrte sich Flimm. «Unser Erfolg wird von der Politik nicht honoriert.»
Die relativ entspannte Kartensituation galt auch im Ausnahmejahr 2009 nicht für die Aufführungen des «Jedermann» auf dem Salzburger Domplatz. Das Mysterienspiel von Festspiel-Mitbegründer Hugo von Hofmannsthal ist seit 1920 eigentlich in jedem Jahr ausverkauft und ein eherner Bestandteil der Salzburger Festspieltradition. In diesem Jahr verabschiedet sich der österreichische Schauspieler Peter Simonischek als Rekord-«Jedermann». 91 Mal stand er als «reicher Mann», der erst angesichts des Todes zum Glauben findet, auf den Stufen des Doms, öfter als alle «Jedermänner» vor ihm. Damit leistete er auch einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur Rentabilität des Festivals.