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Sicherheit geht vor Seltenheit. Foto: Hufner
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Kurz-Schluss – Wie ich einmal dazu beitragen durfte, das deutsche Sicherheitsbedürfnis wieder zu stabilisieren

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Ach, das Waldsterben haben wir eben mal überlebt – fragt sich, wie lange. Denn wir stecken ja gerade mitten in einer Klimakatastrophe. Marode tschechische und französische Atomkraftwerke drohen, uns zu verstrahlen. Die nahezu für jedwede Befruchtung notwendigen Bienen sterben aus. Unsere Weltmeere fressen wir von Fischen leer, füllen sie mit ungenießbaren Flüchtlingsleichen und Plastikmüll. Ferner stehen die Türken wieder mal knapp vor Wien, der nahe und mittlere Osten, halb Afrika in der Hand des IS! Terroranschläge rund um den Globus, sogar bei uns. Und rast nicht gerade wieder ein kilometerfetter Meteor auf die Erde zu? [Vorab aus Politik&Kultur 4/2016]

Welch Wunder, dass sich in unserer gemütlichen Bundesrepublik die Angst ausbreitet, wie schwerer Mehltau auf die Gemüter legt. Nur kurze Ablenkung lieferte die Olympiade und es ist unsicher, ob die Bundesliga unsere bibbernden Seelen beruhigen kann. Verständlich also, dass gewisse Abteilungen des Innenministeriums sich an mich, den bewährten Krisenbeseitiger, wenden und um Rat nachsuchen.

Wir stehen vor einer wahrlich komplexen Problematik. Als ersten Schritt zur Befestigung der inneren Sicherheit habe ich bereits dafür gesorgt, dass die Bundeswehr mit Polizeiuniformen ausgestattet wird und neben ihrem (bekanntlich unpräzisen) Sturmgewehr mit unauffälligeren handelsüblichen Schnellfeuerwaffen samt allen erforderlichen Einsatzkompetenzen ausgestattet ist. Da die bisherige Truppenstärke nicht ausreichen wird, alle potenziellen gefährlichen Flüchtlinge im Team rund um die Uhr zu überwachen, wird die Wehrpflicht wieder eingeführt. Die Grundausbildung findet in zweimonatigen Intensivkursen via Internet und YouTube statt. Es gilt das Schweizer Modell: Jeder Rekrut, jede Rekrutin horten ihre Wummen griffbereit zu Hause. (Allein die Provisionen von Walther, Heckler & Koch sowie Krauss-Maffei ermöglichten mir den Erwerb einer abgelegenen Südsee-Insel samt Privatjet – man weiß ja nie…).

Ferner ist die konsequente Überwachung des öffentlichen – und nach Möglichkeit auch des privaten – Raumes per Video und Webcam ein unerlässlicher Beitrag zum Schutz der Bürgersicherheit. Welcher anständige Mensch sollte etwas dagegen haben, wenn das kleine Äuglein an seinem Bildschirm gelegentlich in die Wohnung blinzelt. Hilfreich, dass die meisten obligatorischen Rauchmelder vorsichtshalber auch schon mit unauffälliger Beobachtungssoft- und -hardware bestückt sind. Zwischenziel: Das Tragen von Sensor-Armbändern samt Sendern wird Pflicht – als Bonus senken die Krankenkassen ihren Beitrag um null Komma eins Prozent. Was bei Katzen, Hunden, Kühen und Pferden vorteilhaft gang und gäbe ist, wird auf Bundesbürger und Einreisewillige (nach scharfen Grenzkontrollen) übertragen: Unter Aufsicht des Roten Kreuzes pflanzen auf Zuverlässigkeit geprüfte Beamtinnen und Beamte internetfähige Mikrochips mit allen relevanten Daten und Bewegungsmelder bei freier Auswahl tief in die linke oder rechte Pobacke eines jeden Individuums. Die im neugeschaffenen Bundessicherheitsministerium konzentrierten IT-Experten werten die Daten natürlich unter Wahrung der Persönlichkeitsschutzrechte diskret aus.

Selbstverständlich hat sich für den Krisenfall jede Bürgerin, jeder Bürger in Eigenverantwortung mit angemessenen Notfallmaterialien auszustatten. Als Minimalschutz gegen Nukleargefahren ist nach amerikanischem Vorbild stets eine schmale College-Mappe mitzuführen. Im Fall nuklearer Bedrohung stülpt man die über den Kopf und wirft sich unter irgendeinen Tisch (filmische Anleitung unter YouTube). Mehr Sicherheit gerade für Eigenheimbesitzer bietet ein unter dem Fitnesszentrum im Keller angelegter Atombunker nach Vorbild der Modelle aus dem Kalten Krieg während der Sechzigerjahre. Bitte ausreichende Nahrungsbevorratung einplanen: Wir empfehlen für die Kleinfamilie dreitausend Dosen Ravioli, eine Tonne Kartoffeln und zwei Zentner Corned Beef. Daraus lassen sich zahlreiche schmackhafte Gerichte kombinieren. Zehn Hektoliter Wasser, drei Banzen Bier, hundert Flaschen Wodka – und Taschenlampe samt Batterien nicht vergessen – wegen möglicherweise hilfreicher Lichtsignale.

Schluss ist leider auch mit allerhand lustig: Alle Stadien, alle Festivitäten sind nur noch auf dem Weg durch Ganzkörper-Scanner zu erreichen. Es empfiehlt sich die Anreise am Vortag. Abgeschafft im Sinne des Vermummungsverbotes ist auch der sogenannte Karneval, regional „Fasching“.  Da könnte sich ja jemand als Burka-Träger(in) maskieren und eine Panik auslösen. Besondere Verantwortung tragen jedenfalls alle Kulturschaffenden und Medienmenschen. Schluss mit defätistischer Magazin-
Berichterstattung, mit kritikaster-besetzten Talk-Shows. Stattdessen mehr: „Bauer sucht Frau“, „Dschungelcamp“ (auch lehrreich im Sinne alternativer Nahrungsbeschaffung) oder „Deutschland sucht den Superstar“. Denn gerade Singen schafft positive Grundstimmung, innere Sicherheit. In diesem Sinne wird die erste Zeile unserer Nationalhymne in „Einigkeit und Recht und Sicherheit“ umgetextet (passt prima zur Melodie, hab ich selbst ausprobiert) und dank Kanzler Seehofer auf mittlere Sicht durch das leicht umformulierte „Lied der Bayern“ ersetzt: „Gott mit Dir, Du Land der Deutschen, sichre Erde, Vaterland“.

Was den Meteor betrifft: Machen Sie sich mal keine Sorgen. Der kommt erst in vier Jahren – und bis dahin hat Donald Trump längst die perfekte Lösung aus der Tasche gezogen.

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