Mensch war das spannend: Ich meine jetzt nicht das mit ARD und ZDF quotengeil abgesprochene SPD-Mittelstands-Begehren um ihre pro-ökonomistische Parteilinie. Und auch nicht den »Voice-of-Germany«-Showdown für die Kandidatinnen und Kandidaten der üblichen CDU/CSU-Ministeramts-Sitz-Bepupser. Da war die Besetzungscouch dank NSA, BND und SPIEGEL-online doch längst abgefilmt und via Twitter und »Facebook« im Netz veröffentlicht. Unglaublich gut geheim gehalten und gegen alle publizistischen Info-Kauf- und Whistleblower-Angriffe verteidigt blieb allein ein Posten: Wer wird Staatsminister(in) für Kultur im Bundeskanzleramt?
Eine derart hohe mediale Wertschätzung hat auch der Ex-Amtsinhaber, Filmminister Bernd Neumann, nie erfahren dürfen. Und wir Kulturschaffende können nur stolz sein, uns wertgeschätzt fühlen, dass hinter allen Parteikulissen um dieses Amt am härtesten gefightet wurde. Die Künste und ihre kompetente Vertretung: Ein Nageltest für unsere allzu oft als entscheidungsarm gescholtene Kanzlerin Angie. Sie hat sich, wie es auf den ersten Blick scheint, ein zweites Mal konsequent für die Energiewende entschieden. Weg von der Atomkraft. Weg von der bislang favorisierten MINT-Programmierung deutscher und importierter Kinder – hin zur Förderung von Kultur und Kreativität.
Umso erstaunlicher, als die SPD ihren Wahlkampf-Stinkefinger und Superpopulisten Peer Steinbrück als Bewerber für das deutsche Kulturamt nochmal motivieren konnte. Umso konsequenter, da die Schwesterpartei CSU dank aller Seehofer´scher Macht mit DJ Ötzi ausgerechnet eine gerade auch für die Sozen akzeptable populäre Restsocke in den Ring warf. Besonders hoch einzuschätzen, da die als zukünftige Koalitionspartner zärtlich umflirteten Grünen mit Gottes vorletzter irdischer Reserve, dem hilfsheiligen Rücktrittspapst Benedikt eine echte medienwirksame Kultur-Wuchtbrumme aufgeboten hatten.
Gegen diese Ultra-Brutalo-Konkurrenz hat sich ausgerechnet Monika Grütters durchgesetzt. Keine Intimfreundin von Angela Merkel in Sachen Ökonomie-Kompetenz und Kernphysik. Und sicher keine Kompromiss-Kandidatin. Als Hüterin der »Stiftung Brandenburger Tor« und Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Kultur und Medien eine sehr ernstzunehmende Kennerin der Kulturszene, durchaus eigensinnig und mit kämpferischem Potenzial. Was kann sie im Kraftfeld der angesprochenen Energiewende bewirken?
Gerade der grobe Kampf um ihre Bestellung hat mich, den alten Intrigen-Schmied doch ein wenig nachdenklich, geradezu skeptisch gestimmt. Also zapfte ich meine immer noch irgendwie funktionierende Wolfgangs-Konnektion an – immerhin diene ich schon über zehn Jahre. Via Brieftaube erreicht mich dann vermutlich aus Schäubles ministerialem Umfeld folgendes irritierende Dokument:
»Zusatzparaphe zum Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD, unkündbar bis 1. Januar 2020:«
Die Vertragspartner sind sich einig, dass die Besoldung der Verantwortungsträger in der Bundesrepublik Deutschland viel zu niedrig ist. Im Vergleich zu viel weniger aufgabenbelasteten Amtsinhabern in den USA (Obama), Japan (Osaka), Italien (Omerta) – und sogar in Togo, Nordkorea oder Somalia liegt die BRD-Politiker-Besoldung an letzter Stelle. Grund dafür ist eine national völlig überschätzte irrationale Bewertung von sogenannter politischer Kultur gegenüber ökonomisch fundierten, real messbaren Gerechtigkeitsprinzipien. Deshalb nutzt die GroKo ihre demokratisch zugewiesene Mehrheit zu einer Grundgesetzänderung im Jahre 2015.
Zentrales Argument: Es werden immense Kosten gespart. Der sogenannte hochspesen- und personalintensive Bundestag samt ähnlich ineffektivem Bundesrat werden abgeschafft. Demokratische Wahlen gibt’s via Facebook und Twitter. Aus Misch-Interpretationen unter Berücksichtigung der Börsenkurse werden Kompetenz-Tandems zwischen Wirtschaft und Politik gebildet – wie zwischen Heckler und Koch – und dem Ex-Ministerpräsident Hessens, Koch, wie zwischen Klaeden und Benz – also voll organisch und jedweden Lobbyismus überflüssig machend…
Dauer-Finanzminister Schäuble (mein Freund?) erhebt sich gemeinsam mit seinem Sparringspartner Fitschen zum Chef der Deutschen Bank. Bundeskanzlerin Merkel heiratet aus steuerlichen Gründen den verarmten Ex-Bundespräsidenten Wulff, übernimmt ARD, ZDF samt Deutschlandfunk als »Deutsche Welle« mit der Option unbegrenzter Werbeflächen. Joachim Gauck kauft mit Zustimmung des Bundeskabinettes für einen Euro alle Urheberrechte an Martin Luther. Horst Seehofer catcht sich in Kooperation mit Silvio Berlusconi die Privatfernsehkanäle und das Internet. Ursula von der Leyen wird als Verteidigungsministerin leitend in die Aufsichtsräte von Pfizer, Bayer und Nestlé bestellt (Verpflegung der Bundeswehr), … und so weiter. Alle Amtsträger sind bedacht. Nur Monika Grütters kommt nicht vor. Offensichtlich konnte kein potenter Kultur-Tandempartner ausgespäht werden. Das macht mir Angst. Vorsicht, Monika…- und alles Gute!