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Die Landesbühnen Sachsen in Radebeul. Foto: B. Lieberwirth
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Landesbühnen Sachsen: Manuel Schöbel sieht Umwälzungen am Mehrspartentheater als „kreativen Prozess“

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Radebeul- Der Theaterleiter, Regisseur und Autor Manuel Schöbel wird am 1. Oktober Intendant der Landesbühnen Sachsen in Radebeul. Das Theater steht am Anfang einer Umbauphase: Nach Plänen des Kunstministeriums soll der Staatsbetrieb in eine GmbH in kommunaler Trägerschaft überführt, das Orchester ausgelagert und mit der Neuen Elbland Philharmonie Riesa zusammengelegt werden. dapd-Korrespondentin Juliane Matthey sprach mit Schöbel über seine Pläne und die Herausforderungen, die die vorgesehenen Kürzungen mit sich bringen.

dapd: Warum haben Sie sich dafür entschieden, die Intendanz der Landesbühnen gerade in dieser schwierigen Situation zu übernehmen?

Schöbel: An schwierigen Aufgaben kann man wachsen. Man kann Erfahrungen nutzen, und man kann dazulernen. Und daran bin ich immer interessiert. Die Landesbühnen sind außerdem ein Theater, das mich interessiert, in seiner Tradition, in seiner Struktur, in seiner Lage. Ich bin hier in der Nähe geboren und aufgewachsen. Dazu kommt, dass ich es gewohnt bin, in schwierigen Situationen mit schwejkschem Humor und Hartnäckigkeit nach neuen Wegen zu suchen. Das empfinde ich auch als einen kreativen Prozess am Theater.

dapd: Was soll sich unter Ihnen ändern, was soll gleich bleiben, auch bei den veränderten Rahmenbedingungen?

Schöbel: Es wird erst einmal - und das ist ein Erfolg - das Theater mit seinen Sparten Tanz, Musiktheater und Schauspiel quantitativ und qualitativ so geben wie zuvor. Die große Einschränkung ist, dass das Orchester nicht mehr zur Struktur des Theaters gehört. Es ist eine schwierige Aufgabe, trotzdem eine Struktur zu erarbeiten, die die doppelte Spielfähigkeit gewährleistet, also dass große Orchester gleichzeitig ein Konzert und eine Musiktheateraufführung geben können. Akzente wird es insofern geben, dass wir in die kulturelle Bildung investieren, indem wir Musiktheater- und Tanz-Projekte für alle Altersgruppen produzieren, dazu spartenübergreifende Produktionen, in denen Sänger, Tänzer, Schauspieler miteinander für Kinder und Jugendliche arbeiten. Außerdem wollen wir das Theater im Freien dadurch profilieren, dass wir neben der Freilichtbühne in Rathen auch in Schlössern und Burgen spielen wollen. Das ist aber noch nicht spruchreif. Und dann gibt es den dritten Akzent, dass wir unsere Gastspieltätigkeit als Landesbühne einerseits konzentrieren wollen auf das Elbtal, andererseits als neues Spielgebiet den Leipziger Raum verstärkt erschließen wollen.

dapd: Die Landesregierung sieht es als Aufgabe der Landesbühnen, noch mehr in der Fläche unterwegs zu sein als zuvor. Sehen Sie das als Gewinn?

Schöbel: Für den ländlichen Raum sollte es auf jeden Fall ein Gewinn sein, dass das Theater mehr zum kulturellen Alltag gehören kann. Das wird vor allem Heranwachsende betreffen - wir setzen die Tradition des Theaters im Klassenzimmer fort und bauen sie mit größeren Stücken aus. Es soll aber auch das unterhaltende Stück für alle Generationen geben, mit dem man in kleineren Städten gut aufgehoben ist. Damit sind wir einerseits präsent, andererseits locken wir die Leute natürlich damit auch zu uns. Diese Wechselbeziehung gilt es anzukurbeln.

dapd: Im Kinder- und Jugendtheater hatten Sie ja viele Jahre Ihre Heimat. Ist es Ihnen deshalb ein besonderes Anliegen?

Schöbel: Hier in Sachsen haben wir das große Glück, mit zwei spezialisierten städtischen Theatern - dem Theater der Jungen Welt in Leipzig und dem Theater Junge Generation in Dresden - Spitzenensembles zu haben. Auch viele der Theater in den Kulturräumen haben einen ausgeprägten Spielplan für die Jüngsten. Da gehört es einfach dazu, dass auch wir als Landesbühne in unserem Spielgebiet versuchen, ein ähnlich ausdifferenziertes Angebot für Kinder und Jugendliche zu machen, auch die theater- und kunstpädagogische Arbeit weiter zu profilieren. Dass ich da eine gewisse Vorbildung habe, kommt mir sicherlich entgegen.

dapd: Wie wollen Sie es bei den anstehenden Kürzungen schaffen, dass das Angebot der Landesbühnen in Qualität und Umfang gleich bleibt?

Schöbel: Mit diesem Kunststück beschäftigen wir uns die ganze Zeit. Indem wir uns selbst und das Theater immer wieder neu erfinden, finden wir merkwürdigerweise auch immer wieder Wege, wie wir etwas ganz Neues schaffen, ohne dafür neues Geld zu bekommen. Das gehört zur Kunst ein bisschen dazu. Gleichzeitig sind wir ja dabei, auch den finanziellen Spielraum für dieses Theater so auszugestalten, dass ein vernünftiger Korridor entsteht.

dapd: Was ist die konkreten Pläne für die nächsten Wochen und Monate?

Schöbel: Wir machen jetzt einen Spielplan für die Saison 2012/2013. Da werden Stücktitel und Regisseure gefunden, Besetzungen gemacht. Gleichzeitig sind wir viel unterwegs und versuchen, die Interessen unserer Partner abzufragen, Gastspiele zu organisieren und vertraglich festzulegen. Und natürlich gibt es viele Gespräche zwischen Politik und Kunst, um das neue Konstrukt der doppelten GmbH weiter auszuformen. Außerdem fordert uns die laufende Spielzeit. Wir freuen uns auf die herrliche Winter- und Weihnachtszeit, in der das Theater in das Interesse vieler Familien rückt.

dapd: Haben Sie persönlich bei all diesen neuen Aufgaben vor, weiterhin zu schreiben, zu inszenieren und als Dozent zu arbeiten?

Schöbel: Mit dem Schreiben ist es so: Man schreibt einfach, es schreibt aus einem. Mit dem Inszenieren ist es ganz klar: Ich habe die Arbeit des Intendanten immer mit der des Regisseurs verbunden. Wenn ich jetzt hier starte, werde ich aber meine Zeit brauchen, bevor ich anfange, Regie zu führen. Da gibt es erst andere Aufgaben, die dem vorangehen. Mit Lehre wird in nächster Zeit nichts werden.

 

Der neue Landesbühnen-Intendant Manuel Schöbel in neun Daten

- Der Sohn eines Regisseurs und einer Autorin wurde 1960 in Dresden geboren.

- Von 1980 bis 1984 studierte er Theaterwissenschaft und Ästhetik an der Humboldt-Universität Berlin. Zugleich nahm er als externer Student am Grundlagen-Seminar Schauspiel an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch teil.

- 1984 bis 1991 war Schöbel Chefdramaturg und Regisseur am Theater Junge Generation in Dresden.

- 1991 bis 2005 wirkte er als Intendant am carrousel Theater an der Parkaue in Berlin.

- 2005 bis 2006 arbeitete er als freischaffender Regisseur in Senftenberg, Schwerin, Brandenburg, Dresden und Molde (Norwegen).

- 2006 bis 2011 war er Intendant des Mittelsächsischen Theaters Freiberg und Döbeln.

- Schöbel ist Vorsitzender des Kuratoriums für das Kinder- und Jugendtheaterzentrum der Bundesrepublik Deutschland in Frankfurt/Main und war von 1990 bis 2010 stellvertretender Vorsitzender der Internationalen Vereinigung des Theaters für Kinder und Jugendliche (ASSITEJ) Deutschland.

- Er ist Autor zahlreicher Theaterstücke und Märchenadaptionen, arbeitete für Fernsehen und Radio und hat an verschiedenen Hochschulen gelehrt.

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