Tobias Krebs muss sich im Herbst einen Job suchen. Der 24-Jährige hat an der Popakademie Baden-Württemberg in Mannheim gerade das fünfte Semester hinter sich gebracht. Das Studium an der einzigen Popakademie in Deutschland, die den Abschluss «Bachelor of Arts» anbietet, hatte der 24-Jährige begonnen, weil er «Betriebswirtschaft und musikalische Interessen hier gut miteinander verbinden kann». Tobias Krebs studiert Musikbusiness - den eher wirtschaftlich ausgerichteten Studienzweig, den die Popakademie neben ihrem künstlerischen Studiengang Musikdesign anbietet.
Sein Studium begann er mitten in einer für die Musikindustrie extremen Zeit des Umbruchs: Plattenfirmen beklagten Umsatzeinbrüche beim Verkauf von klassischen Tonträgern, gleichzeitig expandierte der digitale Musikmarkt und neue Geschäftsfelder entstanden. Neue Akteure drängten mit Downloadshops auf den Markt, Mobilfunkanbieter verkauften mit neuen Handys gleich auch Klingeltöne oder den Zugang zu Musik.
Für die Popakademie, die 2003 in Mannheim eröffnete, sind diese Entwicklungen vor allem eine Herausforderung. Die Lehrpläne werden daran angepasst, unter anderem mit der «Projektwerkstatt» im Studiengang Musikbusiness. Hier arbeiten Studenten Hand in Hand mit Unternehmen, erstellen etwa Werbekonzepte, planen, beraten. Für die Deutsche Post beispielsweise organisiert die Projektwerkstatt den Schülerband-Wettbewerb «Xpress Yourself», zusammen mit der Filmakademie Baden-Württemberg produzieren die Mannheimer Musikclips für Bands. Marketing oder die Image-Beratung von Künstlern stehe zunehmend im Zentrum seines Studienfaches, sagt Tobias Krebs. «Als ich mein Studium anfing, wusste ich nur eines, ich wollte später im Bereich Popmusik arbeiten», erinnert er sich. Inzwischen aber könne er sich vorstellen, etwa für die Marketingabteilung eines großen Getränkeherstellers zu arbeiten. Dort gibt es eine Abteilung, die sich vor allem um das Image der Marke bei den Musikfans kümmert, eigene Nachwuchswettbewerbe organisiert oder Klingeltöne für Mobiltelefone vertreibt. «Das könnte passen», sagt Krebs, erste Kontakte habe es schon gegeben.
Auch Hubert Wandjo, Geschäftsführer der Popakademie, hält Pessimismus angesichts der Umbrüche der Musikindustrie für unangebracht. Schließlich sei zu keiner Zeit mehr Musik konsumiert worden als in der Gegenwart, wenn auch zunehmend in anderer Form. Im Internet beispielsweise «wird die Musik mehr oder weniger als Dreingabe an den Kunden weitergegeben, um das eigentliche Produkt aufzuwerten», sagt Wandjo, der früher für Columbia-Records gearbeitet hat. Weil die neuen Angebote gut bei den Kunden ankämen, benötigten diese Firmen immer mehr Personal für den Ausbau dieser Sparte. «Und das sind wiederum genau die Leute, die wir ausbilden», sagt der Pop-Professor. «Ich gehe davon aus, dass die Jobs, die beispielsweise in der darbenden Tonträgerbranche zurzeit verloren gehen, in anderen Bereichen der digitalen Musikbranche und bei den Mobilfunkanbietern neu entstehen.» Nach wie vor kämen etwa 70 Prozent eines Abschluss-Jahrgangs im Studiengang Musikbusiness bei Unternehmen unter, in Marketing- oder Event-Agenturen, viele landeten auch im Medienbereich. Wandjo hält es zudem für wichtig, die Studenten auf die Selbstständigkeit vorzubereiten.
Aufgrund der Veränderungen im schnelllebigen Musikgeschäft rechne er damit, dass künftig mehr Absolventen auf eigene Rechnung arbeiten müssten. «Auch in diesem Fall bestehen gute wirtschaftliche Chancen. Sowohl Medien als auch PR-Büros und Anbieter aus dem Merchandising-Bereich benötigen immer wieder kurzfristig Spezialisten", sagt er. Wer sich bei der Popakademie bewerbe, der wolle aber zumeist ohnehin lieber alles andere als einem Beamtenjob nachgehen, sagt Wandjo.