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Ortwin Stürmer. Foto: Foto-Inhoffen Freiburg
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Mehr Licht auf dunkle Materie: Wie die Interessengemeinschaft Freiburger Komponisten ihre Interessen wahrnimmt

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Aufgewachsen und ausgebildet ist man als es das alles nicht gab: die Mischfinanzierung, das Sponsoring, den Freundschaftspreis, die Flügel- und Raummiete senkende Kooperation und den Zwang dazu. „Damals“, sagt Vereinsvorsitzender Johann Christian Schulz, „konnten wir Komponisten leben von den öffentlichen Aufträgen.“ Tempi passati. Jetzt braucht es sie wieder, die zünftige Organisation, die „Interessengemeinschaft Freiburger Komponisten e.V .“ beispielsweise.

Für einen Klavierabend unter der Woche ist der Vortragssaal in der Katholischen Akademie gut besucht. Das Freiburger Bildungsbürgertum jedenfalls lässt sich nicht lumpen, zumal, wenn neben der IFK, der „Interessengemeinschaft Freiburger Komponisten“ mit dem „Planetarium Freiburg“ noch ein weiterer Veranstalter auf den Plan tritt und seinen eigenen Verteiler mobilisiert. Will sagen: Bevor es los gehen kann mit Ortwin Stürmer, der an diesem Abend vier Klavierwerke von IFK-Komponisten aus der Taufe heben soll, tritt ein nicht weniger hochgewachsener Herr ans Mikro. Nach Aussehen und Habitus Nicht-Künstler, tippen wir. Und richtig, Martin Federspiel ist promovierter Astrophysiker, der uns hier und jetzt Schlag Acht (wo es eigentlich höchste Zeit ist für die Kunst) erst einmal eine „Einführung“ zu geben gedenkt. Worin?

Sternenstaub

Nicht in „Linien mit Varianten“, „Geodesics“, „Of dust and gas“, „Rotazione de stelle morenti“. Zu Form und Inhalt der neuen Klavierwerke, kann der Astrophysiker beim besten Willen nichts beitragen. Sein Spezialgebiet sind andere knifflige Dinge: Hintergrundstrahlung, Raumkrümmung, Rotverschiebung, Gravitation, Expansion. Kurz all das, was die ganz große Welt irgendwie zusammenhält, weswegen denn auch auf dem Programmzettel zum angekündigten Klavierabend von Ortwin Stürmer zurecht „Universum“ steht. Aus der Perspektive der Astrophysik ein ziemlich weites Feld, auf dem sich der Referent richtig ergehen konnte, um uns so erst unser wahres Selbst zu verkünden („Wir sind aus Sternenstaub“) und uns dann den Nobelpreis zu verspriechen, sofern wir das Rätsel der „dunklen Materie“, respektive „dunklen Energie“ lösen. Soll da sein, nur blöderweise unsichtbar.

Was, als Ortwin Stürmer den Sternenstaub endlich hörbar machen konnte, uns dann wie von selbst auf die „Interessengemeinschaft Freiburger Komponisten“ brachte. Die nämlich wirft seit ihrer Gründung Anfang diesen Jahres tatsächlich so etwas wie ein scharfes Licht auf die dunkle Komponisten-Materie der Region. Man sieht sie nicht. Jedenfalls nicht direkt. Und zwar auch deshalb nicht, weil gewisse Pulsare, die großen Sonnen Huber, Spahlinger und wie sie sonst heißen so hell und weit übers Ländle hinausstrahlen. Was aber nicht heißt, dass der Raum ansonsten ‚leer’ ist. Immerhin, erzählt IFK-Vorsitzender Schulz, könne man auf die bisherigen, erfolgreich durchgeführten Konzerte etwa in Kooperation mit dem Freiburger Kunstverein hochzufrieden zurück- und deshalb auch erwartungsvoll nach vorn blicken. Und zwar trotz dieser wirklich noch sehr jungen Vereinsgeschichte. Und auch trotz eines bereits absolvierten ersten Zerwürfnisses im Vorstand mit nachfolgendem Austritt. Ist überwunden! wird versichert. Wenn alles gut geht, werde man im Frühjahr 2013 zum ersten „Freiburger Komponistengespräch“ einladen können.

Standing

Die Idee jedenfalls, sich zusammenzuschließen, soviel habe sich gezeigt, sei nun einmal ebenso berechtigt wie überfällig. Bei den Förderinstitutionen der Kommunen, der Bezirke und des Landes sei man als Autoren (gegenwärtig 14 Komponisten) schlichtweg aus dem Focus geraten. Es seien die Ensembles, die den Rahm abschöpfen würden und die (wegen eigenem Vermarktungsdruck) auch lieber ein Auge werfen auf die schon durchgesetzten von Veranstaltern nachgefragten Großkomponisten. Von seinen (vergeblichen) Versuchen, sich bei Orchestern, bei Konzerthäusern in Erinnerung zu bringen, könne er, ergänzt IFK-Mitglied Roland Breitenfeld, mehr als nur ein Lied singen.

Was also bleibt anderes übrig, als sich als berufsständische Quasi-Zunft neu zu organisieren, um so mit verbesserten Standing den privaten wie öffentlichen Förderinstitutionen gegenüber zu treten? Eben als Interessengemeinschaft. Dass dabei Reibungsverluste eintreten wie themenwidrige Konzert-Einführungen von fachfremden, aber finanzierenden Mitveranstaltern scheint man in Kauf zu nehmen. Die Not ist offenbar zu groß als dass man dem Lockruf zahlungskräftiger Veranstalter in jedem Moment widerstehen könnte. So begleitete die nach Anspruch und Durchführung durchaus disparaten Universum-Werke (Joh. Christian Schulz, Andreas Fervers, J. Lépany, A.H.H. Suberg und M. Svensson Sandell) zum Universum-Konzert doch eine gewisse Beliebigkeit. Was Uraufführungs-Pianist Ortwin Stürmer, der sie sich bei der IFK bestellt hatte, in keiner Sekunde aus der Ruhe des erfahrenen Interpreten bringen konnte.

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