Frankfurts Musikmesse ist gelesen. Der Hochamts-Inhalt war mehrdeutig: Neuer Besucherrekord. Ein gefühlt erhöhter Lärmpegel um 100 Prozent in allen Musik-Kommerz-Kathedralen. Und eine weitere Verlagerung des Messe-Contents in Richtung Event, Business, Elektronik. Platzt die weltgrößte Musik-Showbude bei ihrem Spagat zwischen Hightech-Expansion und teurer konzeptioneller Rückgewandtheit wie Rumpelstilzchen von Schritt bis Kopf auseinander? Unzufriedenheit bei befragten Verlegern, bei Herstellern „natürlicher“ Musikinstrumente: Die Händler bleiben aus. Man könne – mit Messerabatt – ja bei den Editionshäusern, bei den Instrumentenbauern auch im Internet bestellen.
Etliche Aussteller sehnen sich nach dem Leipziger Buchmesse-Gefühl. Nach der Gleichzeitigkeit von Geschäft und einer in kulturellem Ambiente angemessenen Präsentation all der aufwändig hergestellten Noten, Bücher, der hochwertigen Klaviere, Streich- und Blechblas-Instrumente, Akustik-Gitarren, Blockflöten, Drum-Sets. Es gibt Sehnsucht nach Kontakt zu einer künstlerisch ausgerichteten Kultur im Alltag, die nicht nur kommerziell quantitativ besetzt ist. Im Frankfurter Betonhallen-Umfeld ist das Gegenteil die Regel. Es bricht eine altbekannte Musikantenseuche aus: „Ist mein Ding auch noch so klein, so will ich doch der Schrillste sein“ – wenigstens der Lauteste, der Marketing-Kompetenteste. Haupt-Fokus liegt auf Ellenbogen und Ego statt auf Planung, Kooperation, statt auf Analyse und Vision. Dem leistet die Frankfurter Musikmesse-Realität besten Synthetik-Dünger. Dabei läge ihre Chance – statt Kopien eines altmodischen Konzeptes nach Schanghai oder neuerdings Moskau zu verkaufen, genau in einer neuen Ausrichtung: in perspektivischem, konstruktivem Dialog mit ihren qualitätsbewussten Kunden.
Nun denn – da sind wir doch ein wenig stolz, dass wir als kleines bayerisches Dorf im kapitalbesetzten Frankfurt-Gallien die gesellschaftlichen Grundlagen des Web&Light&Sound-Hypes mit unserer ConBrio-nmz-Kultur-Bühne pflegen konnten. Partnerschaft statt Konkurrenz. Wenn durchaus nicht immer ineinander verliebte deutsche Musik-Organisationen sich mit uns, der schwer verdaulichen nmz, ein Messedach teilen, wenn diese Kulturmenschen miteinander ins Gespräch kommen, ist das gut. Wenn der SWR-Intendant mit dem Orchestergewerkschafts-Geschäftsführer sich bei uns an einen kleinen runden Tisch setzt, wenn ein Autor des umstrittenen „Kulturinfarkt“-Buches sich öffentlich mit Brigitte Zypries zofft, um vorher oder nachher ein paar Salzstangen zu mampfen – hohe Kunst. Wenn im Messe-Chor mein Herzens-Gegner Musikrats-Präsident Krüger direkt neben und mit mir singt: Feine Musik.
Da stimmt es dann auch, wenn Frankfurts Musikmesse-Direktor Wolfgang Lücke im Podiumsgespräch mit „kleineren“ Exhibitions wie „jazz-ahead!“ oder „chor.com“ wortkarg im Dialog unter der Tischplatte im Multitasking seine SMS-Pflichten erledigt – passt schon. Alles demnächst gut und im Bild dokumentiert unter www.nmzmedia.de. Und auf vier Seiten in dieser Ausgabe.