Nicht nur die Unmutswellen schlagende Tatsache, dass die mitwirkenden Künstler der Salzburger Festspiele in diesem Sommer keinerlei Aufwandsentschädigung für die Zeit ihrer Proben erhalten, gemahnt an die Praktiken von Musiktheater-Ensembles der freien Szene, sondern im Falle von Mozarts „Die Entführung aus dem Serail“ auch die kurze Probenphase von nur 14 Tagen.
Nach „La Traviata“ auf dem Züricher Hauptbahnhof, realisiert Adrian Marthaler zum zweiten Mal eine Live-TV-Oper, die der Zuschauer ausschließlich auf dem TV-Bildschirm komplett erleben kann. Am Vormittag des Probenbeginns luden die Salzburger Festspiele, gemeinsam mit ServusTV, zu einer Pressekonferenz.
In den Räumen des Aufführungsortes, Hangar-7, der Red Bull-Halle am Salzburger Flughafen, betonte der schon wieder scheidende Festspielintendant Alexander Pereira den innovativen Ansatz dieser Produktion. Die gemeinsam mit dem Musikfilmkünstler Adrian Marthaler mit Verdis „La Traviata“ in Zürich begonnene Idee werde mit jener Oper fortgeführt, die Mozart, frisch in Konstanze Weber verliebt, im Haus von Alexander Pereiras Ururgroßmutter komponiert habe. Entgegen diversen anderslautenden Pressemitteilungen beliefen sich die rein durch Sponsoring abgedeckten Kosten für diese Produktion jedoch nicht auf mehrere Millionen Euro, sondern nur auf rund eine Million. Die Live-Form der Oper, eigens und allein für den Fernsehschirm konzipiert, könne „die Zukunft der Fernseh-Oper sein“.
Wie bei den Bregenzer Festspielen, wo das Orchester aus dem weit entfernten, trockenen Graben des Festspielhauses auf die Seebühne übertragen wird, sollen „fliegende Kameras“ die Camerata Salzburg unter der musikalischen Leitung von Hans Graf aus dem entfernten Hangar-8 in den Hangar-7 übertragen.
Filmer Adrian Marthaler versteht seine Verlegung von Zeit und Ort der Handlung als einen Beitrag zum zeitgenössischen Regietheater. Unter Eliminierung aller türkischen Elemente hat er das Geschehen aktuell in der Welt der Mode angesiedelt. Wer beim Flughafen an Flugzeugentführung denkt, liegt aber offenbar ebenfalls falsch. Bassa Selim (Tobias Moretti) als ein berühmter und egomanischer Modezar eines hermetischen Imperiums, ist zwischen Flugzeugen und Formel-1-Rennwagen kreativ und will Konstanze (Diana Damrau) besitzen.
Mit ihr, die getrieben von Sehnsüchten und Leidenschaft aus ihrem derzeitigen Leben auszubrechen plant, wird er mit einer Privatmaschine landen. Belmonte (der mexikanische Tenor Javier Camarena ) ist Konstanze auf der Spur und soll mit einem Taxi vor dem Haupteingang des Hangars vorfahren, in Schach gehalten von Osmin (Kurt Rydl). Am Ende wird Konstanze doch zu dem ihr ursprünglich vorgezeichneten Leben zurückkehren. Wie sich Pedrillo (Tomas Ebenstein) und Blondchen (Rebecca Nelsen) in dieses Konzept, für das Modeschöpferin Lena Hoschek die Kostüme entworfen hat, einfügen werden, bleibt abzuwarten.
Die bei der Premiere und einzigen Aufführung am 26. August anwesenden Zuschauer können jeweils nur Teilaspekte jener Opernhandlung miterleben, die mit einer Reihe von Models, Stylisten und Modefotografen aufgepeppt sein wird und deren Bild- und Klangwelten erst im Satelliten synchronisiert werden sollen. Diese Art der Opernvermittlung, die nur auf dem Bildschirm möglich ist, verstehen die Veranstalter als eine spezifische Vermittlung von Kultur, wie sie allein dem Fernsehen vorbehalten sei.
Premiere und Live-Ausstrahlung: Hangar-7 und ServusTV, 26. August 2013, 20:15 Uhr