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Der Vokalgymnastiker und sein Gedichtband: David Moss und Hanno Leichtmann vom Trio Denseland bei der Ruhrtriennale. Foto: Heike Kandalowski / Ruhrtriennale, 2012
Der Vokalgymnastiker und sein Gedichtband: David Moss und Hanno Leichtmann vom Trio Denseland bei der Ruhrtriennale. Foto: Heike Kandalowski / Ruhrtriennale, 2012
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Moss ist der Boss: Trio Denseland mit kontrolliertem Improvisationskonzert bei der Ruhrtriennale in Essen

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Auch die Ruhrtriennale hat so ihre Consumer-Ecken. Die Konzerte in der Maschinenhalle der alten Zeche Carl zum Beispiel. Im leer geräumten Klinkerbau aus alten Malocherzeiten hat Trio Denseland aus Berlin an diesem Abend sämtliche Steckdosen belegt. Start der Reihe „Improvisation & Sound Art“ – was gut klingt und Erwartungen weckt.

Irgendwie nüchterner (marketingmäßig gesehen) praktischer sehen das die geladenen Künstler – wie der Blick ins Kleingedruckte ihres Programms verrät. Gegeben werden an diesem Abend „acht Songs aus Denselands neuem Album“. Und der Rest? fragt man sich. Kommt, so der Bescheid, von der allerersten Platte des Trios. Was bandökonomisch ebenso clever gedacht ist wie dass darin „Improvisation & Sound Art“ auf jeden Fall drin sind. Und business as usual sowieso.

Dass es dann auch so klingt, stellt sich bald heraus. Spätestens nach zwanzig von achtzig Konzertminuten hat man das Gefühl, dass die Dinge vorhersehbar sind. Was auch mit der Arbeitsteilung des Trios zu tun hat. Bassist Hannes Strobel, Perkussionist Hanno Leichtmann geben in Denseland die Sound-Lieferanten. Ihre Aufgabe: eine Oberfläche herzustellen. Schön knackig, nicht allzu sperrig, immer frisch gebügelt, mit regelmäßig durchgehenden Beats. Eine Art durchgehender Pater Noster, in den Vokalgymnastiker David Moss jederzeit einsteigen kann. Natürlich, um zu zeigen, was er so drauf hat: Viereinhalb Oktaven und eine geläufige Gurgel, die vom Tiefbass bis zum Falsett keine Wünsche offen lässt.

Nur eben, dass auch ein Moss ohne Erdung wie ein Luftgewächs ist. Weshalb der schwerste Part im Konzert dabei ausgerechnet dem Perkussionisten Leichtmann zufällt. Den Kopfhörer übergespülpt, fegt und klopft der Denseland-Drummer den gewünschten erdigen Soundteppich aus seinen Gerätschaften. Unermüdlich, ohne hochzuschauen, selbstvergessen wie die Maschinen, die hier früher den Takt angegeben haben. Maloche pur. Bass und Elektronik fädeln sich ein. So dosiert freilich setzt Strobel seine Mini-Riffs als hätte er soeben einen Sparvertrag abgeschlossen. Niedrige Raten, aber immer schön gleichmäßig abdrücken.

Wenn dann alles schön vor sich hinschnurrt, kann es losgehen. Auftritt David Moss. Auf die Vokalakrobatik des Mulitaskers und Großunternehmers Moss in Sachen Moss ist Denseland geeicht wie die Nut auf die Feder. Und wie das passt! Zwar macht auch Moss nicht mehr als nötig, spart sich vor allem jeden überflüssigen deutschsprachigen Kommentar an seine treuen Fans. Wer so lang im Geschäft ist, dem wächst das Divenhafte gewissermaßen zu wie die Patina dem Bronzeguss. Manchmal klopft das musizierende Denkmal schelmisch mit seinen Sticks auf die kleine Trommel, die man dem gelernten Perkussionisten da aufgestellt hat. Ansonsten macht Moss viele komische Verrenkungen während er in der rechten Hand ein Buch hält mit seinen Poems, seinen Gedichten, die er in kontrollierter Improvisation zum Besten gibt.

In einem ist die Rede von einem „new room“, den einer betritt und wen oder was er dort, „breathing like a membrane“, antrifft. An diesem Abend ist der Raum dann aber doch weniger neu als vor allem voll. Von David Moss, dem Boss. Und von stürmischem Applaus.

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