„Es geht nicht darum, die Darmstädter Ferienkurse durch Kritik zu lähmen. Ihre positiven und negativen Aspekte können nicht isoliert betrachtet werden, sie sind vielmehr durch allgemeinere musikalische und außermusikalische Entwicklungen weitgehend bestimmt.“ Soweit Rudolf Frisius in einem nmz-Text vom Dezember 1969. Das Unbehagen an verkrusteten Strukturen der geschichtsträchtigen Institution führte damals zu erregten Debatten und schließlich auch zu inhaltlichen und organisatorischen Reformen.
„Es geht nicht darum, die Darmstädter Ferienkurse durch Kritik zu lähmen. Ihre positiven und negativen Aspekte können nicht isoliert betrachtet werden, sie sind vielmehr durch allgemeinere musikalische und außermusikalische Entwicklungen weitgehend bestimmt.“ Soweit Rudolf Frisius in einem nmz-Text vom Dezember 1969. Das Unbehagen an verkrusteten Strukturen der geschichtsträchtigen Institution führte damals zu erregten Debatten und schließlich auch zu inhaltlichen und organisatorischen Reformen. Es wäre zu kurz gegriffen, die Diskussionen, die sich rund um das auf den Webseiten der nmz beheimatete Internet-Tagebuch „Feriengrüße aus Darmstadt“ des Komponisten und Autors Arno Lücker entsponnen haben, einfach mit der Situation vor gut vierzig Jahren gleichzusetzen. Und zwar vor allem deswegen, weil die Diskussionen sich diesmal – zumindest anfangs – in der Hauptsache nicht an der Institution Darmstadt selbst entzündeten, sondern an der Form der Berichterstattung (siehe Seite 7).
Ein Weblog, so die gängige Bezeichnung für das Medium, lebt von der Persönlichkeit seines Betreibers, über den es mindestens genauso viel aussagt wie über das in persönlichem Tonfall, spontan und subjektiv behandelte Blogthema selbst. Im Fall des Darmstadt-Tagebuchs fielen dieser nicht auf die redaktionelle Goldwaage gelegten Schreibe Komponistenkollegen mit ihren gerne als mäßig bis desolat beschriebenen Uraufführungen, Dozenten mit offenbar nicht durchweg inspirierenden Vorträgen oder die Konzeption der Kurse insgesamt zum Opfer. Dass mit der gleichen Emphase auch Lichtblicke konstatiert wurden, konnte den bissigen und teils verletzenden Gesamteindruck kaum mildern.
Darf so etwas sein? Darf Neue Musik in solcher Tonlage kommentiert werden? Darüber gingen die Meinungen in den Kommentaren zu Lückers Einträgen auseinander und berühren sich hier mit den Reaktionen und Nicht-Reaktionen auf die Kolumne des Bad Boy of Music, wo die mangelnde Bereitschaft, sich mit den – zugegebenermaßen schnoddrig behandelten – Fragen auseinanderzusetzen, gern mit dem Argument begründet wird, auf dieses Niveau wolle man sich nicht herabbegeben.
Gewiss, das Internet mag in der Ausprägung „Blog“ zu oberflächlicher Kritik, zum Ausleben von Eitelkeiten und persönlichen Kleinkriegen verleiten, es ist aber nicht einzusehen, warum es nicht genauso gut zu einem kommunikationsanregenden Hilfsmittel für einen lebendigen Umgang mit einem hoffentlich lebendigen Gegenstand taugen sollte. Das Internetforum „Szene Neue Musik“ der nmz, in das alle Beiträge und Kommentare des Darmstadt-Blogs überführt worden sind, zeigt mit seiner Öffnung in andere Bereiche, dass hier durchaus etwas Konstruktives entstehen kann – ein Weg, den die nmz mit ihrem in Kürze anstehenden Neustart des Webangebots gerne (und um die gemachten Erfahrungen reicher) gemeinsam mit einer kritischen Leser- und Mitautorenschaft weitergehen möchte. Einer vielstimmigen Erörterung der Darmstädter Ferienkurse mag vorerst die vorliegende Druckversion unseres Blattes dienlich sein.