Kürzlich war in einer großen überregionalen Tageszeitung zu lesen, dass der Fachkräftemangel in Deutschland immer mehr Unternehmen zu ungewöhnlichen Maßnahmen bewegt. Um an die ausbildungswillige Jungend zu gelangen, wollen Firmen ihre zukünftigen Lehrlinge mit sportlichen Dienstwagen zur Unterschrift locken. In Ludwigshafen, dem Hauptsitz der BASF, versucht man es mit einem reichhaltigen Kulturangebot und scheint damit seit über 90 Jahren Recht zu behalten.
Im Gegensatz zu vielen anderen Sponsoren aus der Wirtschaft begnügt sich BASF in Ludwigshafen jedoch nicht mit einer Beteiligung am Kulturleben der Regionalmetropole Rhein/Neckar, sondern tritt selbst als Veranstalter auf. Das Konzertprogramm der Saison 2012/2013 weist rund 60 Konzerte aus, die zumeist im unternehmenseigenem und gründlich sanierten Feierabendhaus stattfinden.
Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, sich einmal intensiver mit dem finanziellen und gesellschaftlichen Umfeld des Veranstaltungsbereiches zu beschäftigen. In Zusammenarbeit mit dem „Preis der deutschen Schallplattenkritik“, der in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen feiert, kam man in Ludwigshafen zu einer Podiumsdiskussion zusammen, die unter dem Titel „Das Konzert der Zukunft – Zukunft des Konzert“ die Reihe „Stars & Friends“ als Rahmenprogramm ergänzte.
Unter der Leitung von Peter Stieber diskutierten Eleonore Büning (FAZ), Volker Hagedorn (Zeit), Sonia Simmenauer (Künstleragentin), Markus Hinterhäuser (Pianist und Intendant der Wiener Musikwochen), Katrin Heyl (Leiterin Kultur, Sport & Sozialberatung der BASF SE) und Katrin Zagrosek (Intendantin der Niedersächsischen Musiktage) über die zukünftigen Rahmenbedingungen künstlerisch musikalischen Schaffens in Deutschland.
Neben einer Bestandsaufnahme der Ist-Situation, befassten sich die Diskutanten auch mit weniger populären Themen wie Kammermusik und Neue Musik, mit der „Eventisierung“ des Kulturbetriebs und dem Starrummel, der auch den Bereich der Klassischen Musik mehr und mehr bestimmt. Ein Schwerpunkt war die Frage nach dem Publikum der Zukunft, das von der Überalterung Deutschlands geprägt sein wird. Welche Bedeutung hat hierbei die musikalische Ausbildung bzw. Nichtausbildung von Kindern und Jugendlichen und wer berücksichtigt eigentlich die künstlerischen Anliegen der Musikerinnen und Musiker?
Dass dabei in gut zwei Stunden keine endgültigen Antworten gefunden werden konnten, liegt in der Komplexität der Sache. Einig war man sich auf dem Podium jedoch über alle unterschiedlichen Auffassungen hinweg, dass die Vergangenheit häufig gerne hochgelobt und verklärt wird und dass die Gegenwart, auch und gerade die musikalische in Deutschland, ein vielfältiges Maß an Möglichkeiten bietet. Musik, so ein Teilnehmer hat kein spezielles Problem, sie bildet vielmehr die Probleme der Gesellschaft ab. Der Konzertbetrieb hält uns allen also einen Spiegel vor, in dem wir unsere Unzulänglichkeiten deutlich erkennen können.
Von Unzulänglichkeiten konnte beim abendlichen Benefizkonzert „Anne-Sophie Mutter & Friends“ natürliche keine Rede sein. Gemeinsam mit der Sinfonia Varsovia unter der Leitung von Michael Francis verbeugte sich Anne-Sophie Mutter vor zwei musikalischen Geburtstasgskindern, den im Jahr 1913 geborenen Witold Lutoslawski und Benjamin Britten. Neben dem Violinkonzert von Peter Tschaikowsky spielte sie Lutoslawskis Partita für Violine und Orchester, die der polnische Komponist der Geigerin 1988 in die Violine geschrieben hatte. Souverän in der Bogenführung und überzeugend in der Gesamtkomposition begeisterte Anne-Sophie Mutter die Ludwigshafener Konzertbesucher mit einem Werk, das sicherlich viele zum ersten Mal gehört haben werden.