Der Wettbewerbe gibt es Legionen, zu viel, als dass all die preisgekrönten Solisten die erträumte Karriere erwarten könnten. Dabei haben Wettbewerbsveranstalter sich schon einiges einfallen lassen, um außerordentlichen Begabungen außerordentliche Aufgaben zu stellen.
Neben der üblichen Bewältigung des Solorepertoires mit und ohne Orchesterbegleitung fordern manche Wettbewerbe anspruchsvolle Pflichtstücke aus der Musik der Gegenwart, Improvisation über eine Vorlage oder Bewährung bei Kammermusik, Blattspiel und Partien aus der Orchesterliteratur.
Die Verbindung von Musik und Wort ist das Reizthema des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft im BDI für seinen Wettbewerb, mit dem er sich von vielen anderen Musikwettbewerben markant abhebt. Sein Profil: Gesucht wird der Musiker/ die Musikerin, welche(r) nicht nur brillant Instrument oder Gesangsstimme beherrscht und außerordentliche Musikalität beweist. Der Künstler sollte auch in der Lage sein, sich und sein Programm mit kurzen Erklärungen dem Publikum verständlich zu machen. Mit solcher An-Moderation, kompetent und charmant eingebracht, eine Atmosphäre des Kontaktes, der Neugierde, der besonderen Aufmerksamkeit zwischen dem Künstler auf dem Podium und Zuhörern im Saal zu schaffen – das ist die Aufgabe, die sich diese Ausschreibung beispielhaft stellt. Damit soll etwas angestoßen werden, was viele Musiker eben nicht können, und deshalb gerät manche Zugabe-Ansage im Konzert leicht zur peinlichen Blamage.
Mit dieser Aufgabenstellung war dieser Wettbewerb zum fünften Male bei den deutschen Musikhochschulen angekündigt worden, diesmal für Geige. 15 Kandidaten im Alter bis zu 25 Jahren traten in München mit ihrem höchst anspruchsvollen Repertoire aus mehreren Stilepochen an, erst solistisch, dann mit Klavier. Die drei Finalisten der dritten Runde dann sogar begleitet vom Münchner Rundfunkorchester unter Radoslaw Szulc, einmal bei Beethovens Violinkonzert op. 61, zweimal mit dem Violinkonzert op. 77 von Johannes Brahms.
Wie jeder der Solisten seine Stücke, seine Interpretation, den Background der Komposition oder des Komponisten vorstellte, dafür gab es wunderbare Rundfunk-oder TV-reife Programmansagen, kompetent und einfallsreich formuliert, witzig und charmant dargebracht, aber auch weniger überzeugende Beispiele, bei denen man mit Coaching nachzubessern empfehlen möchte. Entsprechende Übungsseminare für ergänzende Verbal-Auftritte und für Gesprächskonzerte sollten im Zeichen besserer Konzertvermittlung selbstverständlich werden.
Das Ergebnis: Jedes der fünf Mitglieder der bestellten Musik- und Medienjury (Oswald Beaujean, Harald Eggebrecht, Rainer Kussmaul, Pamela Rosenberg, Stephan Frucht) unter dem Vorsitz von Ulf Hölscher, vor 40 Jahren selbst Musikpreisträger des Kulturkreises, hatte nun für sich die Aufgabe zu lösen, für diese kombinierte „Performance“, künstlerische Interpretation und verbale Werkvermittlung, ein persönliches Zwitterurteil zu finden und zu verantworten. Denn eine Vorgabe für die Gewichtung dieser beiden Bereiche gab es nicht.
Der erste Preis, der Musikpreis des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft im BDI verbunden mit 10.000 Euro, wurde der 25-jährigen Marie-Claudine Papadopoulos zugesprochen. Sie ist französisch-griechischer Abstammung, hat das Masterstudium in Karlsruhe hinter, das Konzertexamen in Mannheim vor sich. Verbunden ist für sie damit die Einladung zur Uraufführung der Auftragskomposition für Violine solo von Violeta Dinescu am 21. Oktober in Nürnberg im Rahmen der Jahrestagung des Kulturkreises sowie die Produktion einer Solo-CD. Ein zweiter Preis mit 5.000 Euro ging an die 25-jährige Österreicherin Marie Radauer-Plank, jetzt in der Soloklasse bei Ulf Schneider an der Musikhochschule Hannover. Einen Förderpreis über 1.000 Euro erhielt für seine originelle Präsentation, u.a. bei einem Fidelstück „Stomp“ des Amerikaners John Corigliano, der 19-jährige deutschen Geiger Albrecht Menzel, vielfacher Preisträger von „Jugend musiziert“, ausgezeichnet auch beim Oistrach Violin Wettbewerb Moskau, jetzt im Studium in Graz.
Durch das festliche Abschlusskonzert führte, quasi als Vorbild, vergnüglich und informativ Jerzy May, der Moderator von BR-Klassik. Denn BR-Klassik war mit seinem Rundfunkorchester zugleich Gastgeber dieses Wettbewerbes im Münchner Funkhaus. Die nächste Ausschreibung „Ton und Erklärung“, dem Violoncello gewidmet, will der Kulturkreis vom 23. bis 26. Mai 2013 als Gast beim Norddeutschen Rundfunk Hannover austragen. www.kulturkreis.eu