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Foto: © Classical:NEXT / Roman Novitzy
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Musikkonferenz mit Weltblick – die Classical:NEXT in Rotterdam

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Gewiss, auch deutsch(sprachig)e Konferenzen und Tagungen haben ihre Berechtigung, können sie doch aufgrund des homogeneren Fachpublikums wesentlich gezielter und detaillierter Themen setzen und durchdringen. Allerdings zeigt sich auf einer internationalen, thematisch breiter angelegten Konferenz wie der Classical:NEXT auch, dass der Blick durch die „deutsche Brille“ unbedingt und immer wieder aufgefrischt und neu fokussiert werden sollte. Unser Korrespondent Philipp Krechlak sieht scharf.

Der Begriff Konferenz beschreibt das bunte Treiben an vier Tagen Mitte Mai im niederländischen Konzert- und Kongresszentrum De Doelen allerdings nur bedingt. Parallel zu den vielfältigen Diskussionsforen, Workshops und Sessions mit enormer thematischer Bandbreite gab es einen umfangreichen Messeteil, Kurzpräsentationen von ausgewählten Musik-Projekten und etliche Kurz-Konzerte.

Obwohl der Konferenzteil keinen eigentlichen Übertitel trug, zeichneten sich als Metathemen Digitalität, grenzüberschreitendes Denken und Handeln und Geschlechtergerechtigkeit deutlich ab. Ersteres dankenswerterweise nicht reduziert auf die (vergangenen) Hypes um Social Media und Apps, sondern zukunftsorientiert und gesellschaftsrelevant: Die gemeinnützige Organisation National Sawdust (USA) etwa präsentierte ein Opernprojekt, in dem in enger Kooperation mit Programmierern die Möglichkeiten von KI im Rahmen der Inklusion ausgelotet und angewandt werden. Die verstärkte Aufgeschlossenheit der klassischen Musik zur neugierigen, ja: auf Neues begierigen Öffnung für andere Musikgenres, Kunstformen, Wissenschaften, soziale und gesellschaftliche Aspekte zeigte sich durchweg. Klassische Musik kann auch als Mittel zum Zweck dienen, wenn es darum geht, Jugendlichen und Kindern aus unterprivilegierten oder marginalisierten Gruppen der Gesellschaft Werte, Selbstbewusstsein und Wertschätzung der eigenen Fähigkeiten zu vermitteln. Dies passiert im Schatten des Werdegangs des venezolanischen El Sistema durchaus selbstreflektiert und -kritisch, wie Projekte aus Brasilien und Kanada demonstrierten.

Suche nach (dem) Neuen

Die Suche nach (dem) Neuen zeigte sich auch in Form von Kurzpräsentationen, sogenannten Pitches. Die Köpfe hinter anlaufenden Projekten haben hierbei nur wenige Minuten Zeit, Interessierte und potentielle Kooperationspartner zu begeistern. Aus Deutschland präsentierte sich das Stegreif.Orchester, das sich in den letzten Jahren sehr schnell zur „Klassik-Hoffnung“ entwickelt hat. Das Stegreif.Orchester seziert Sinfonien aus dem Konzertkanon, reichert sie mit Jazz, Weltmusik und Elektronik an und bespielt mit dem Ergebnis nicht nur die Bühne, sondern jeweils die gesamte Aufführungsstätte. Menschen und Musik sind in ständiger Bewegung und Interaktion. Mit diesem Konzept und den Vorschusslorbeeren des deutschen Klassikmarkts und -journalismus soll nun die internationale Konzertbranche erobert werden. Daneben gab es Präsentationen etwa eines interaktiven und lokal mit neuen Samples programmierbaren Klangkorridors oder eines als buntem Kunstwerk aufgebauten Klangspielplatzes, der zum Musizieren mit Laubbläsern und unterschiedlich langen Kunststoffrohren einlädt.

#metoo-Debatte

Die #metoo-Debatte hat auch die Klassikwelt weiterhin fest im Griff, allerdings zeigte sich durchweg, dass das Thema inzwischen proaktiv und vorwärts gewandt angegangen wird. Geschlechtergerechtigkeit in Orchestern und deren Management war ein ständig unterschwellig mitschwingender sehnlicher Wunsch, teilweise wurde auch bewusst der Finger in die Wunden gelegt, etwa wenn es um die Zusammensetzung von Führungsteams ging. Die lang anhaltende, fast natürlich empfundene Vormachtstellung des alten, weißen Mannes wird offen hinterfragt. Die Klassik müsse sich Frauen, Menschen of colour und LGBTIQ*-Angehörigen schneller und bereitwilliger öffnen, um ihren Anspruch an sich selbst, für alle Menschen relevant zu sein, aufrecht halten zu können.

Durch alle angebotenen Sessions und themenunabhängig zog sich eine hohe Bereitschaft zur Partizipation, zum Einbringen der eigenen Meinungen und Fragen. Der Wille zum freundlichen Austausch, zum gemeinsamen, globalen Erkenntnisgewinn lag durchweg in der Luft.

In Rotterdam hat die Classical:NEXT hierfür einen passenden Austragungsort gefunden. Seit 2015 findet sie hier jährlich statt, nachdem sie zuvor einmal nach München und zweimal nach Wien eingeladen hatte. De Doelen in Rotterdam hat mit seiner sehr guten Fluganbindung und den räumlichen Möglichkeiten das Potential, weiteres Interesse der internationalen Klassikszene und ein Wachstum der Konferenz zu bewältigen.

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