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Nachrichten 2013/09

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SPD distanziert sich von SPD – Musikschullehrerprotest in Berlin geht weiter +++ Hundert Jahre Musikfreunde in Donaueschingen +++ Die Schallplattenkritiker feiern +++ Chorporträtwettbewerb: Die Shortlist steht +++ VDS-Wettbewerb„teamwork!“ +++ Abbau auch in Amsterdam – Konzertreihe NTR Zaterdag Matinee von Kürzungen bedroht +++ Treffen der GNM-Regionalgesellschaften

SPD distanziert sich von SPD – Musikschullehrerprotest in Berlin geht weiter

Die desaströsen Zustände um die Honorierung der Musikschullehrertätigkeiten in Berlin sind längst nicht zum Guten gelöst. Am 31. August kommt es zur nächsten Protestkundgebung vor dem Berliner Konzerthaus unter dem Motto „fair statt prekär“. Wir hatten bereits in der letzten Ausgabe über die Situation ausführlich berichtet. Musikschullehrervertretung und ver.di haben die Bösewichte in der SPD des Berliner Senats ausgemacht.

Aber es ist ja Wahlkampfzeit, und der Teil der SPD, der nicht im Berliner Senat sitzt, meldet sich langsam zu Wort. Prominent mit dabei Wolfgang Thierse (MdB). In einem Offenen Brief an den Berliner Landesvorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, an die Mitglieder der SPD-Fraktionen in den Berliner Bezirksverordnetenversammlungen, an die Mitglieder der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus und an die SPD-Mitglieder im Berliner Senat schreibt er, bezugnehmend auf die Kündigungen der Musikschullehrer, die die neuen Verträge nicht unterschrieben haben:

„Die Kündigungen betrachten wir als einen unerträglichen Akt der Missachtung gegenüber den Lehrkräften. Soll hier deren Wille, für ihre Rechte und Forderungen einzutreten, gebrochen werden? Darüber hinaus muss den Verantwortlichen doch klar sein, dass auch die unter existenziellem Druck geleisteten Vertragsunterschriften keineswegs als Einverständniserklärung zu verstehen sind. Die Kündigungen haben nicht nur die Lehrkräfte vor ein Ultimatum gestellt, sondern bedeuten auch einen unerhörten Affront gegen die Kinder und Jugendlichen und deren Eltern, die ihre Lehrer/-innen behalten wollen.

Über Jahre gewachsene Teams an den Musikschulen werden von heute auf morgen kaputt gemacht. Die zwölf bezirklichen Musikschulen werden mit den Kündigungen in eine abenteuerliche Zukunft geschickt, in der Lehrende und Lernende nur die Verlierer sein können und mühevoll aufgebaute kommunale Bildungsangebote auf’s Spiel gesetzt werden. Eine SPD, die diese politischen Maßnahmen verantwortet, kann nicht glaubwürdig als Partei auftreten, die als ihr oberstes Ziel den chancengleichen Zugang zu Bildung und kulturelle Teilhabe ansieht.“

Nicht ganz so präzise hat sich auch die SPD-Bundestagsfraktion (Ernst-Dieter Rossmann) dazu geäußert, versehen mit dem Hinweis, dass sie an den Entscheidungen, die auf Landesebene erfolgen, jedoch nicht unmittelbar Einfluss nehmen kann.

Im Blog der Berliner Direktkandidatin Cansel Kiziltepe (Bezirk Kreuzberg-Friedrichshain) für den Bundestag erscheint ein Gastbeitrag von Miriam Noa, bildungspolitische Sprecherin der SPD in der BVV Friedrichshain-Kreuzberg und Stellvertretende Landesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Bildungsfragen (AfB). Darin wird ebenfalls kein Blatt vor den Mund genommen: „Doch das, was an Berliner Musikschulen seit Jahren gang und gäbe ist, übersteigt die schlimmsten Visionen. Der allergrößte Teil der Lehrkräfte ist nicht fest angestellt, sondern arbeitet auf Honorarbasis. Das heißt: keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und während der Ferien (!), keine Regelungen für Schwangerschaft und Elternzeit, kurz: nichts, was ein regulärer Arbeitnehmer an Rechten kennt. Dass nun aufgrund der neuen Honorarordnung massenweise Kündigungen erfolgten, treibt die Situation auf eine weitere traurige Spitze. Es ist ein Armutszeugnis für unsere Stadt – die sich doch ihrer kulturellen Angebote stets so rühmt! –, so mit denen zu verfahren, die trotz aller Widrigkeiten tägliche Basisarbeit dafür leisten. Und es ist ein Armutszeugnis für eine von unserer SPD geführten Landesregierung, sich so wenig um Arbeitnehmerrechte und so wenig um die Förderung Tausender Musikschüler zu sorgen, die sich keinen teuren Privatunterricht leisten können.“

Die Worte liest man wohl, warum der Berliner Senat mit seinen roten Senatoren dennoch ein anderes Ziel verfolgt, ist schlicht unverständlich. Dass die Senatorin Sandra Scheeres für die neuen Honorarverträge Anforderungen der deutschen Rentenversicherung in Sachen Scheinselbständigkeit als Ursache nennt, ist dabei nur eine bürokratische Ausrede. Denn andere Optionen wären durchaus denkbar. [Martin Hufner]

Hundert Jahre Musikfreunde in Donaueschingen

Am 18. September 1913 gründeten engagierte Bürger Donaueschingens um den Architekten Georg Mall, den Stadtpfarrer Heinrich Feurstein und den Fürstlich Fürstenbergischen Musikdirektor Heinrich Burkard die „Gesellschaft der Musikfreunde“– vom geistigen Anspruch und in der Zielsetzung sicherlich in Anlehnung an die berühmte Wiener Vereinigung gleichen Namens, die ein Jahr zuvor bereits ihren 100. Geburtstag gefeiert hatte.

Die Zeit des Nationalsozialismus bedeutete auch für die Gesellschaft der Musikfreunde eine scharfe Zäsur. Georg Mall wollte „seine“ Gesellschaft nicht der geistigen Knebelung des neuen Zeit(un)geistes und der einsetzenden Gleichschaltungswelle aussetzen, und so löste sich die Gesellschaft der Musikfreunde am 15.Mai 1934 selbst auf. Georg Mall war es wiederum, der nach dem 2. Weltkrieg am 22.Mai 1946 die Neugründung der „Gesellschaft“ auf „demokratischem Boden“, jetzt mit Unterstützung der Stadt Donaueschingen, bewerkstelligte und die Gesellschaft bis zu seinem Tod 1948 leitete.

Die Gesellschaft der Musikfreunde Donaueschingen feiert ihren 100. Geburtstag mit einem festlichen Doppelkonzert mit dem Freiburger BarockConsort und dem ensemble recherche Freiburg. Zwei fest in der Geschichte der Musikfreunde verankerte Traditionen werden in diesem Geburtstagskonzert zum Erklingen gebracht: die „Alte“ klassische und die Neue Musik. Letztere war lange Jahrzehnte in ihren Konzertprogrammen auf die Donaueschinger Kammermusiktage 1921-1926 und seit 1950 auf die Donaueschinger Musiktage beschränkt, und seit den 90er-Jahren spielt sie aber mit der Gründung der „neuen reihe“ auch im Konzertprogramm der Musikfreunde eine wichtige Rolle. Das BarockConsort wird mit Sonaten des frühen Barockkomponisten Heinrich Ignaz Biber (1644-1704) der einen klassischen Traditionslinie der Musikfreunde huldigen, während das ensemble recherche Werke moderner Komponisten, die alle die Kammermusiktage und die heutigen Musiktage prägten und noch immer prägen: Arnold Schönberg (1874-1951) drückte bereits in den zwanziger Jahren seinen Stempel auf, Wolfgang Rihm (*1952), Brian Ferneyhough (*1943) und Jörg Widmann (*1973) können sich in Donaueschingen auch heute noch wie zu Hause fühlen.

Über die Aufgaben von Musikgesellschaften in der heutigen Zeit diskutiert eine Expertenrunde mit Andreas Wilts (Fürstlich Fürstenbergischer Archivar), Theo Geißler (Publizist und Herausgeber der Neuen Musikzeitung), Georg Riedmann (Leiter des Amtes Kultur, Tourismus und Marketing und Geschäftsführer der Gesellschaft der Musikfreunde von 2003-2013). Moderation: Armin Köhler, Redakteur Neue Musik bei SWR 2 und Künstlerischer Leiter der Musiktage.

Die Schallplattenkritiker feiern

Mit zwei weiteren Veranstaltungen der Reihe „Quartett der Kritiker“ feiert der Preis der deutschen Schallplattenkritik (PdSK) seinen 50. Geburtstag: Am 6. September diskutieren im Rahmen des Musikfestes Berlin Ludolf Baucke, Hans Klaus Jungheinrich, Elisabeth Richter und Christian Wildhagen über Aufnahmen der Konzerte für Orchester von Béla Bartók und Witold Lutoslawski.  Anschließend gastieren Mariss Jansons und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks mit beiden Werken in der Philharmonie.

Am 27. September fällt „Revolutionäre Kraft“ in die Bonner Beethovenhalle ein, wenn die vom Beethovenfest als „Orchestra in Residence“ verpflichtete Deutsche Kammerphilharmonie Bremen unter ihrem künstlerischen Leiter Paavo Järvi die Oper Fidelio mit prominenten Solisten halbszenisch aufführt. Unmittelbar vor dem Abendkonzert wird das Quartett der Kritiker in der Besetzung Michael Struck-Schloen, Michael Stegemann, Christian Wildhagen und Björn Woll über die wichtigsten Tonaufnahmen dieser Befreiungsoper diskutieren.

Am 15. August ist unterdessen die neue Vierteljahresliste des PdSK erschienen mit 27 Empfehlungen zu den besten Neuerscheinungen des zweiten Quartals. Die Liste sowie Details zu den Veranstaltungen unter: www.schallplattenkritik.de

Chorporträtwettbewerb: Die Shortlist steht

Die Resonanz auf den von der nmz ausgeschriebenen Chorporträtwettbewerb war beachtlich: Fast 40 Einsendungen kamen in der Redaktion an, die eine Entscheidung nicht einfach machten. In die engere Auswahl für die drei zu vergebenden Preise (je 500 Euro, dazu Veröffentlichung in der nmz) haben es geschafft (in alphabetischer Reihenfolge):
• Cantaloop, Hamburg
• Collegium Cantabile – Liederkranz • Germania Süßen
• Jazzchor Stuttgart
• Li(e)dschatten, Sulzbach
• Monteverdi Chor, Würzburg
• De tokiga trollen – Trollchor, Leverkusen
Die drei Gewinner werden im Rahmen der chor.com in Dortmund am Samstag, den 14. September, um 16.30 Uhr auf der Goldsaal-Bühne im Kongresszentrum Westfalenhallen bekannt gegeben. Es moderiert Theo Geißler.
www.chor.com

VDS-Wettbewerb„teamwork!“

Mit Musik experimentieren, mit Klängen und Geräuschen gestalten, mit Stimmen und Instrumenten aller Art gemeinsam etwas Neues schaffen – das sind die Aufgaben im 8. VDS-Wettbewerb „teamwork! neue musik (er)finden“ 2013/14. Ziel dabei ist es, das Erfinden neuer Musik in der Schule zu fördern und das Interesse für den spannenden Bereich der Gegenwart zu verstärken. Teilnehmen können Schülerensembles, Arbeitsgemeinschaften, Musikklassen oder -kurse mit mindestens fünf Personen an allgemein bildenden Schulen aller Arten und Stufen. Die Schülerinnen und Schüler können im Team ein eigenes Stück erfinden oder eine bereits bestehende Komposition eines zeitgenössischen Komponisten umsetzen oder auch beides in einem spannenden Projekt miteinander verbinden. Das Projekt soll von den Schülern möglichst eigenständig entwickelt werden und eigene kreative Ideen enthalten. Die Besetzung ist frei wählbar.

Es sind Preise in Höhe von 1.500, 1.000 und 500 Euro zu gewinnen. Die Preisgelder sollen zweckgebunden für Ausstattungsgegenstände, Medien et cetera im Fachbereich Musik der Schule eingesetzt werden. Auf Vorschlag der Jury bekommen die Preisträger die Möglichkeit, ihr teamwork-Stück im Rahmen des 2. Bundes­kongresses Musikunterricht vom 17. bis 21. September 2014 in Leipzig bei einem Konzert zu präsentieren. Die Reise- und Aufenthaltskosten werden übernommen.

Der genaue Ausschreibungstext findet sich auf www.vds-musik.de. Einsendeschluss wird der 31. Mai 2014 sein. Der Wettbewerb wird finanziert von der Stiftung Apfelbaum – Lernprojekt für Ko-Evolution und Integration.

Abbau auch in Amsterdam – Konzertreihe NTR Zaterdag Matinee von Kürzungen bedroht

Nach 45 Jahren seines Bestehens soll im Rahmen von Einsparungsmaßnahmen des ORF auch das ORF musikprotokoll im Steirischen Herbst eingestellt werden. Beinahe 4.000 zum Teil hochkarätige Unterstützer haben sich inzwischen auf der Internetseite http://rettetdasmusikprotokoll.mur.at/ dagegen ausgesprochen. Irgendwelche Effekte bei der Politik sind der nmz bis Redaktionsschluss nicht bekannt geworden. Doch nicht nur in Deutschland und Österreich baut man ab:
Nach der ersten Kürzungswelle im Jahr 2012 ist die seit 52 Jahren bestehende Amsterdamer Konzertreihe NTR ZaterdagMatinee durch weitere drastische Kürzungen in ihrer Existenz bedroht. Und das, obwohl der Leiter der NTR ZaterdagMatinee, Kees Vlaardingerbroek, seit seinem Dienstantritt im Jahr 2006 auf ständig steigende Zuschauerzahlen verweisen kann. Am 24. November ist  Vlaardingerbroek zu Gast bei „contrapunkt“ auf BR-Klassik: Der Dialog der Kulturen zum Thema „Niederlande“ wird live im Bayerischen Rundfunk gesendet und – kombiniert mit einer Filmvorführung und einem Empfang –  öffentlich im Goethe-Forum München stattfinden.

Trotz der angespannten Finanzlage stehen auch in der kommenden Saison wieder einige Konzerte mit wichtigen Musikern aus Deutschland und Stücken deutscher Komponisten auf dem Programm von NTR Zaterdag Matinee, etwa am 14. Dezember die niederländische Erstaufführung von Detlev Glanerts „Caligula“.

Treffen der GNM-Regionalgesellschaften

Am 5. und 6. September 2013 treffen sich die Regionalgesellschaften der Gesellschaft für Neue Musik (GNM) in der Frankfurter Hochschule für Musik und Darstellende Kunst. Es geht darum, wie die regionalen GNMs und Vereine für Neue Musik besser in einen Austausch miteinander kommen. Oder wie sich die Zusammenarbeit zwischen den regionalen GNMs und den Landesmusikräten derzeit darstellt und welche gemeinsamen Projekte und Fördermöglichkeiten möglich sind. Olaf Wegener hält ein Impulsreferat „Die Förderprojekte Zeitgenössische Musik des Deutschen Musikrates“, dem sich Referate und Projektpräsentationen aus den Regionalgesellschaften anschließen.
Weitere Informationen unter: http://www.g-n-m.de/

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