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Kammermusik-Kursambiente in Weikersheim. Foto: Lichtinger
Kammermusik-Kursambiente in Weikersheim. Foto: Lichtinger
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Neu bei nmzMedia: Filmreportage Kammermusik-Kurs der Jeunesses musicales

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Seit über 50 Jahren versammelt die Jeunesses Musicales Deutschland einmal im Jahr junge Musiker aus aller Welt in der Musikakademie, wo diese dann zehn Tage lang zusammen Kammermusikwerke einstudieren. 16 Ensembles wurden dieses Jahr vom Artemis-Quartett „gecoacht“. Eine Filmreportage von Jörg Lichtinger ganz frisch bei nmzmedia (Link oben).

Warum Bartók keine Schlossführungen zulässt - Eindrücke vom Internationalen Kammermusikkurs der JMD in Weikersheim

Ein kühler Herbstwind weht über den Marktplatz von Weikersheim. Zu früh, denn sonst ist die Luft im Taubertal Mitte September noch lau und warm. Die Plastikstühle vor den Cafés sind leer, niemand will dort sitzen, wo es bei schönem Wetter brummt wie in einem Bienenstock. Fast bedrückend, die Szenerie, wären da nicht die kleinen Grüppchen junger Leute, die mit Instrumentenkoffern und Laptoptaschen über den Schultern den Weg vom Logierhaus zum Schloss heraufmarschieren. Einige albern gut gelaunt mit ihren Kollegen herum, andere schlurfen etwas müde durch den Torbogen, bevor sich das schwere Tor hinter ihnen schließt. Den Beobachter wundert es nicht, denn er weiß, der Arbeitstag ist lang beim Internationalen Kammermusikkurs auf Schloss Weikersheim.

Seit über 50 Jahren versammelt die Jeunesses Musicales Deutschland einmal im Jahr junge Musiker aus aller Welt in der Musikakademie, wo diese dann zehn Tage lang zusammen Kammermusikwerke einstudieren. Früher kamen die Musiker einzeln nach Weikersheim und fanden erst dort ihre Ensemblepartner. Mittlerweile, auch um ein höheres Niveau für den Kurs zu gewährleisten, werden nur noch feste Ensembles eingeladen. In diesem Jahr haben 16 Gruppen die Auswahl überstanden. Das sind viele, denn in den vergangenen Jahren sind oft gerade einmal so viele Bewerbungen im Büro der Jeunesses Musicales eingegangen. Die überwiegende Mehrheit davon sind Streichquartette. Nicht unschuldig daran dürfte wohl das Weikersheimer Dozententeam sein, das neben den Pianisten Ralf Gothoni und Jaques Ammon aus der aktuellen Besetzung des Artemis Quartetts und dessen ehemaligem Geiger Heime Müller besteht. Müller, der im letzten Jahr überraschend aus gesundheitlichen Gründen das Quartett verlassen musste, ist seit diesem Jahr auch der Künstlerische Leiter des Kurses. Das Streichquartett möchte er auch in Zukunft als zentrales Ensemblemodell des Kurses beibehalten. Außerdem strebt er eine weitere Internationalisierung der Kursteilnehmer an. „Es ist noch nicht so lange her, da bin ich selbst noch zu solchen Kursen gegangen. Entscheidend war da immer die Qualität der Lehrer. Wenn es gute Lehrer waren, habe ich immer unheimlich profitiert. Unser Kurs soll weltweit junge Quartette ansprechen und ich glaube, das tun wir, sobald wir, wie in diesem Jahr, gute Lehrer haben, die auch für internationale Studenten attraktiv sind.“

Ein wenig kritisch sieht Müller die zögerliche Bereitschaft der jungen Musiker, Neue Musik in ihr Programm aufzunehmen. Die programmatische Hauptlast dieser Arbeitsphase tragen Haydn und Beethoven mit ihren Werken, bei Bartók und Schostakowitsch ist in der Regel Schluss mit der musikalischen Zeitreise. Zugegeben, das ist nicht ungewöhnlich, wenn man den Konzertalltag als Maßstab nimmt, und Heime Müller und seine Kollegen wollen in punkto Programmgestaltung keinen Einfluss ausüben. Die Stücke sollen die Kursteilnehmer selbst wählen, ein Pflichtprogramm gibt es beim Kammermusikkurs nicht.

Es ist früher Nachmittag im Schloss, Übezeit. In Raum 122, dem Tonstudio der Musikakademie, versucht Friedemann Weigle, der im vergangenen Jahr als Bratscher zum Artemis Quartett gestoßen ist, das Letzte aus seinen Studenten herauszuholen. Mehr Aggressivität bei der Interpretation fordert er, in der Hand eine Taschenpartitur von Schnittkes zweitem Streichquartett, die er zur Untermalung seines Ansinnens bedrohlich durch die Luft schwingt. Seine „Opfer“ sind die vier Musiker des belgischen Kryptos Quartetts, die anders als die meisten anderen Ensembles in Weikersheim bereits der Hochschule entwachsen sind. Dennoch hoffen sie hier auf weitere Impulse für ihre Entwicklung. Um möglichst viel mitzunehmen in der kurzen Zeit, arbeiten sie genauso hart an ihrem Repertoire wie die jüngeren Teilnehmer, von denen manche noch Teenager sind und kaum ihr Studium begonnen haben. Das Publikum im Tonstudio stellen die Musiker des ebenfalls aus Belgien angereisten Quartetts Blindman 4x4 Strings. Sie hatten heute schon ihre Unterrichtseinheit, wollen aber trotzdem auch den Unterricht der Kollegen mitverfolgen. Überhaupt ist die Motivation der Teilnehmer bei diesem Kammermusikkurs erstaunlich. Nach den regelmäßigen Unterrichtsstunden, die bei verschiedenen Dozenten absolviert werden, üben die Ensembles den ganzen Tag in Eigenregie weiter und das Licht in den Übezimmer brennt bis in die späten Abendstunden. Auch im einige hundert Meter entfernten Logierhaus tönt es fortwährend ein- und mehrstimmig aus den Zimmern, schließlich will sich keiner eine Blöße geben, wenn es am Ende des Kurses zu den Abschlusskonzerten in Weikersheim und Würzburg kommt.

Auch das Aeolus Quartett aus Cleveland, Ohio, will beim Konzert einen guten Eindruck hinterlassen. Die jungen Musiker studieren im letzten Jahr an der Cleveland Music School und wollen Bartóks Streichquartett Nr. 5 spielen.

Als eines von drei amerikanischen Ensembles gehören sie zu den Teilnehmern mit der weitesten Anreise. In Deutschland sind sie zum ersten Mal und das Schloss kommt ihnen vor wie aus dem Märchen entsprungen, dabei haben sie eigentlich noch gar nichts gesehen: „Wir arbeiten hier sehr viel“, erzählt Geiger Nicolas Tavani. „Gestern haben wir zum Beispiel neun Stunden lang geprobt und nur zum Essen Pausen gemacht. Das war’s dann eigentlich auch schon. Es würde uns schon gefallen, wenn wir mehr anschauen könnten, aber wir genießen es auch, so hart zu arbeiten.“

So sehen es wohl auch die anderen Kursteilnehmer, denn zur geplanten Schlossführung durch die sehenswerten barocken Räumlichkeiten der längst verblichenen Familie Hohenlohe-Weikersheim kommt am Ende keiner von ihnen. Gewollt hätten sicher einige, wenn es da nicht diese eine Stelle im zweiten Satz gäbe, die partout nicht klingen will …

 

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