Vor 100 Jahren
… gab es Krach und Unmut in Münchens Orchesterlandschaft, Tumult im Konzertsaal, Auseinandersetzung zwischen Kunst, Kritik und Publikum.
Erbost über die vernichtende Kritik kam es zum Rauswurf des Musikkritikers der Münchner Neuesten Nachrichten aus dem Konzertsaal. Daraufhin Boykott der Münchner Presse. Doch die nur mittelmäßige Leistung des von Hofrat Franz Kaim 1883 gegründeten, nach ihm benannten sogenannten Kaim-Orchesters führt 1908 zu dessen Auflösung und zur Neugründung des Tonkünstler-Orchesters im neuen Domizil Tonhalle, aus dem die nachmaligen Münchner Philharmoniker hervorgegangen sind…
Der Skandal ist „zu Dimensionen angewachsen, die weit über das lokale München hinausgehen und auch die Geschehnisse in neue Beleuchtung rücken … es handelt sich um eine allgemeine sozialpolitische Frage, zu deren Lösung man es offenbar auf eine Kraftprobe über ganz Deutschland hin ankommen lassen will“, so kommentiert die nmz und glaubt „im Vorgehen des Tonkünstler-Orchesters den Versuch zum erweiterten Zusammenschluss der Orchestermusiker Deutschlands und des Auslands zu sehen und zu fürchten …
Und wenn man die gleichzeitigen Nachrichten von der Sperre (des Allgemeinen deutschen Musikerverbandes) über das Münchner Gärtnerplatztheater und über die Berliner Komische Oper mit heranzieht, so ist nicht zu leugnen, dass wir uns nun auch im Musikleben zum mindesten im Anfangsstadium des modernen wirtschaftlichen Kampfes befinden.“
Angesichts der recht mittelmäßigen Leistungen auf der einen Seite, der wirtschaftlich ungünstigen und unsicheren Lage der Orchestermusiker auf der anderen Seite, plädiert die nmz dafür, dass „die soziale Frage und die künstlerische Frage getrennt behandelt werde“.
(2. April 1908, Seiten 282ff.)
Vor 50 Jahren
… meditiert Chefredakteur Ludwig Wismeyer in seiner nmz, damals noch unter ihren Gründungstitel „Musikalische Jugend – Jeunesses Musicales – Die allgemeine aktuelle Musikzeitung“ darüber, dass der Musikunterricht an den Schulen so schlecht rangiert. Ingeborg Kiekert fragt sich, was eigentlich das Charakteristische am Klangideal zeitgenössischer Musik ist. Luigi Dallapiccola berichtet über seinen Besuch bei Hermann Scherchen in Gravesano, Rudolf Kelterborn über Neue Musik in der Schweiz, Otto A. Graef über den eingeweihten Neubau des Konservatoriums zu Nürnberg, E. Rohlfs über den Austausch junger Dirigenten zwischen Ankara und Hannover: Klaus Bernbacher und Hikmet Simsek.
(7. Jahrgang 1958, Nr. 2, April/Mai)