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Das Ensemble Amarcord in der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg. Foto: Philip Bartkowiak
Das Ensemble Amarcord in der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg. Foto: Philip Bartkowiak
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Premiere mittelalterlicher Choralzyklen: „Amarcord“ singt früheste Hamburger Kompositionen

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Der Lichthof der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky wurde zu deren 530-jährigen Jubiläum ein symbolischer Ort für eine spektakuläre Premiere: das Vokalensemble Amarcord sang am 24. Oktober zwei Choralzyklen aus einem Antiphonar des 15. Jahrhunderts, das für den Dom in Hamburg bestimmt war.

Erst vor kurzem identifizierte der Musikwissenschaftler Dr. Vjačeslav Kartsovnik dieses Werk in den lateinischen Handschriftenfragmenten der Bibliothek als Unikat einer speziell norddeutschen Variante von Marien-Offizien des Mittelalters. Es ist die früheste derzeit bekannte vollständige Komposition der Hamburger Musikgeschichte.

Die Beleuchtung zum Podium, die halbrunde Sitzordnung des Publikums davor und die von Amarcord subtil gestalteten Prosa-Melismen gaben dem Lichthof eine ekklesiastische Atmosphäre. Ein seltsamer sakraler Effekt in profaner Umgebung, der wohl durch die gewissenhafte Aneignung dieses Repertoires bedingt war.

Dabei hat Dr. Vjačeslav Kartsovnik das Vokalensemble Amarcord beraten und vorbereitet, sodass die Präsentation der monophonen Offizien besonders glaubwürdig gelungen ist. Was wiederum nur möglich ist, wenn man sich wie ein Schauspieler in die klerikale Lebenssituation des Mittelalters hinein versetzt, erklärte Wolfram Lattke von Amarcord. So konnte bei diesem Konzert durch die exzeptionelle Schönheit des Gesangs das Interesse an spirituellen Erfahrungen auch außerhalb der Kirche paradigmatisch begründet werden.

Das Jubiläumskonzert und die wissenschaftliche Edition dieser Choralzyklen wurden von der Zeit-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius sowie der Hermann Reemtsma Stiftung im Kontext der Ausstellung "Zwischen Himmel und Hölle. Kunst des Mittelalters von der Gotik bis Baldung Grien" gefördert. Kulturhistorisch bedeutende Artefakte der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg bleiben somit nicht im Archiv, sondern machen sichtbar und hörbar die eigene Tradition bewusst, die via Internet nun einen internationalen Kontext hat.

Ein Mitschnitt dieses Konzerts von Deutschlandradio Kultur erscheint 2010 in der Reihe "Musica sacra Hamburgensis" beim Label CPO (JPC).
 

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