Vier, Fünf Grad mehr auf dem Thermometer hätten es am Samstagabend schon sein dürfen. Doch die zahlreichen Zuschauer ließen sich das „open-air“-Konzert von Rajaton auf der Parkbühne auch von solch kühlen Junitemperaturen und immer wieder einsetzendem Regen nicht vermiesen. Verdrießliche Laune war an diesem Abend auch nicht zu erwarten, schließlich verbreiteten die sechs Finnen Wohlfühlstimmung beim Publikum des ersten Freiluftkonzerts der Festivalgeschichte von "a cappella“. Und auch ihr Programm „Songs of Summer and Love“ bildete einen Kontrast zur ungemütlichen Witterung.
Es sind die klassischen Harmonien, die den ersten Eindruck prägen. Doch mit erkennbarer Leidenschaft integriert die routinierte Gruppe auch Jazz, Pop und Folk in ihren Sound. Bei ihren unzähligen Möglichkeiten der Variation und Modulation wird jedes Stück zu einem ganz eigenen und angenehmen Hörerlebnis. Wunderbar homogen zeigt sich Rajaton während des gesamten Konzerts. Bei Stücken wie „Väinämöisen veneretki“ oder „Dobbin’s Flowery Vale“ scheint ihr Gesang auf Traditionen zurückzureichen, die viele Jahrhunderte in der Vergangenheit zurückliegen. Nicht nur nationale Epikkunst wird stimmlich auf höchstem Niveau und mit perfektem Wohlklang vertont. Auch modernem Liedgut nimmt sich das finnische Ensemble an.
Mit sichtlicher Freude geben die sechs Finnen mit viel Vokalakkrobatik auch mal einen Popklassiker zum Besten. Bei „Don‘t stop me now“ von Queen oder dem Arrangement von Abbas „Fernando“ wird klar, dass Rajaton sein Handwerk mehr als versteht. Denn die Coverversion dieser Evergreenhits, an denen sich schon viele Musiker mit unterschiedlichem Erfolgt versucht haben, gelingt den Finnen scheinbar mit Leichtigkeit. Obwohl ihre Stimmen verblüffend nahe am Original sind, kann das Ensemble den Stücken seinen eigenen klanglichen Stempel aufdrücken. Als Tenor und Bariton bei „Fernando“ im Hintergrund bei den Backings des Stücks die pathetischen Heldentenöre mimen, schnellt der Gute-Laune-Faktor ganz weit nach oben: keine plumpe Kopie, sondern eigene Musik à la Rajaton mit rhythmischer Präzision und unerhörter Lautgestaltung amüsierte das in orange Regencapes gehüllte Publikum.
Live können die sechs Finnen sogar noch ein Quäntchen mehr als auf ihren CD-Aufnahmen überzeugen. Ihr stimmgewaltiges Auftreten verleitete einen sich ab und an zu fragen, ob nicht mehr als sechs Sängerinnen und Sänger auf der Bühne stehen. Die naturbelassene Kulisse trug wohl noch ihr Übriges dazu bei. Gepaart mit Vogelgezwitscher, dem Raunen der mächtigen Bäume und dem leisen Geraschel der Plastik-Regenponchos verwebten sich die ausdrucksstarken Stimmen der sechs Finnen zu einem anmutigen Klangteppich. Am Ende des Konzerts danken die Zuschauer Rajaton dafür mit nicht enden wollendem Applaus. Bei der letzten Zugabe „Onni“ wirbeln die Stimmen wie vom Wind getragen noch ein letztes Mal in der Parkbühne auf. Als sie sich fast zerbrechlich im Wind verlieren und immer weiter in die Nacht entschwinden, ist Rajaton bereits abgetreten. Nach solch einem Schluss können nur noch Superlative folgen: We thank you, and thank you, and thank you for the music, Rajaton!