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Andrzej Dobber als Rigoletto an der Deutschen Oper Berlin. Foto: Bettina Stoess
Andrzej Dobber als Rigoletto an der Deutschen Oper Berlin. Foto: Bettina Stoess
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Rigoletto als goldener Lametta-Hase: Verdi-Premiere an der Deutschen Oper Berlin

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Das Unwetter der Gefühle, welches Verdi im Schlussakt seiner 1851 in Venedig uraufgeführten Oper „Rigoletto“ so stimmungsvoll in Partitur gesetzt hat, zog seine Kreise offenbar auch rund um die Neuinszenierung zum Verdi-Jahr an der Deutschen Oper Berlin. Zunächst hatte Teodor Ilincai die Partie des Herzogs abgesagt, wofür relativ kurzfristig der amerikanische Tenor Eric Fennell eingesprungen ist, der aber trotz locker-überzeugenden Spiels stimmlich die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllte und auch Buhrufe entgegennehmen musste. Dann blieb am Aufführungsmorgen Lucy Crowe als Gilda aufgrund einer Allergie die Stimme weg – und aus Wien wurde die russische Sopranistin Olesya Golovneva eingeflogen: ein vokaler Glücksfall, der für frenetische Beifallsstürme sorgte.

Die Verdi-Feier beginnt in der Deutschen Oper Berlin bereits im Foyer, wo ein Streicherensemble Arrangements aus „Aida“, „La Traviata“ und „Rigoletto“ zum besten gibt, während ein übergroßer Hase aus Goldlametta durch das flankierende Publikum stürmt. Wenn der Zuschauer dann das Auditorium betritt, begegnet ihm auf der Bühne derselbe Zuschauerraum, spiegelbildlich, aber verkürzt. Durchaus mit Witz spielt der Chor der Deutschen Oper das Premierenpublikum nach, zeigt dem Einlasspersonal die Eintrittskarten und macht Fotos. Auch der Auftritt des Intendanten Dietmar Schwarz, der die Umbesetzungen entschuldigt, wird von einem Darsteller persiflierend gedoubelt. Irritierend nur, dass alle Damen des Publikums auf der Bühne identische Glitzerröcke tragen. Im dritten Akt werden diese dann die Höflinge kleiden (Kostüme: Kathrin Plath). Vordem gibt sich der Goldhase rüpelhaft, verdrängt Zuschauer von ihrem Platz, outet sich dann als Hofnarr Rigoletto und erntet schließlich den Fluch Monterones.

Das Fest am Hofe zu Mantua wird zu Berlin mit Spiegelkugel und katapultierten Goldschlangen gefeiert, obendrein mit roten Scheinwerfern im gespielten, wie im realen Zuschauerraum. Für den zweiten Akt heben sich die letzten beiden Reihen des Bühnenauditoriums und geben den Blick frei auf Rigolettos Kellerwohnung, mit diversen Leitern und Vorhängen. Der Herzog verführt Gilda aus der Höhe der Zuschauerreihen mit einem Goldstaub regnenden Kleid; sie muss schon sehr naiv sein, um an sein Inkognito als armer Student zu glauben.

Das komponierte Gewitter des vierten Aktes wird antizipiert durch das Dröhnen des offenen Umbaus: die Wände fahren auseinander und die Zuschauerreihen auf der Bühne werden zu zwei Tribünen. Die Schatten der Dekorationsteile werden auf der Rückwand zu einer Stadtsilhouette (Bühne: Stéphane Laimé). Von der vorderen Tribüne aus dirigiert der Herzog von Mantua im Pink-Showlicht das Orchester zu seinem Schlager „La donna è mobile“. Dass beide trotzdem nicht zusammen sind, verübelte das Publikum dem Solisten, wie dem Dirigenten.

Ungewöhnlich an der nicht sonderlich einfallsreichen Inszenierung von Jan Bosse ist die Personalunion der Mezzopartie Giovanna mit der Altpartie Maddalena: Clémentine Margaine, mit sinnlichem Timbre, verliebt sich als Gildas Gesellschafterin selbst in den Herzog und steigert sich dann zur Anstifterin Sparrafuciles am Mord an der vordem von ihr zwielichtig behüteten Gilda. Neu in der Verdi-Interpretation sind die vom Herrenchor sichtbar intonierten Gewitterlaute, wie die von Sparafucile zur Halbmitternachtsstunde selbst ausgeführten Glockenschläge. Vater und Tochter, die am Anfang des Schlussaktes über den Vorbühnensteg gelaufen waren, gestalten das Finale auf dekorationsentleerter Bühne.

Am Premierenabend fügte sich die eingesprungene Sopranistin (in schwarzem Kleid mit auf der Bühne) wie ein Schatten der zur Stummheit verdammten Protagonistin in das Bild und steigerte so die Wirkung der Inszenierung: lippengleich synchron mit der Originalbesetzung Lucy Crowe, aber aufgrund unterschiedlicher Subtexte in einem dialektischen Spannungsbogen, erlebte der Zuschauer in gesteigerter Intensität zwei Seiten der Gilda, von der gertenschlanken Olesya Golevneva berückend schön gesungen, lyrisch und energetisch kraftvoll. Da hat es Andrzej Dobber in der Titelpartie nicht immer leicht, mitzuhalten, auch er prächtig differenzierend, aber mit bisweilen rauer Höhe und dann nicht ganz sauber in der Intonation. Einwandfrei hingegen, gleichermaßen stimmgewaltig und klangschön, Bastiaan Everink als Monterone und Albert Pesendorfer als Sparafucile. Kim-Lillian Strebel und Andrew Harris als Grafenpaar Ceprano, sowie Annie Rosen als Platzanweiserin (alias Hofdame oder ursprünglich Page) fügen sich als junge Stimmen in die Palette der gesanglichen Leistungen. Und der von William Spaulding einstudierte Chor der Deutschen Oper Berlin singt und spielt sehr engagiert.

Das auf Mozarthöhe hochgefahrene Orchester der Deutschen Oper Berlin musiziert unter Pablo Heras-Casados Leitung sauber, aber vergleichsweise arm an Steigerungen und Höhepunkten.

Am Ende mischten sich deutliche Missfallensbekundungen fürs Regietam in den lautstarken Zuspruch für Chor und Solisten, mit bereits erwähnten Einschränkungen für den Tenor und den Dirigenten.

Weitere Aufführungen: 24., 28, 30. April 2013.

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