Siggi Loch ist ein Mann der Kunst, aber auch einer des Verkaufens. Er weiß, dass eine Plattenfirma in unseren Tagen nicht mehr so mühelos bestehen kann wie noch zu seiner Zeit als Europachef der Warner. Und daher gibt es gleich mehrere gute Gründe, das 20-jährige Bestehen von ACT Music & Vision, gebührend zu feiern. Entgegen des Trends launigen Lamentierens, der zuweilen die Diskussion bestimmt, führt Siggi Loch den Beweis, dass es durchaus möglich ist, Jazz zu den Menschen zu bringen.
Rund 350 Alben sind in 20 Jahren unter seiner Ägide erschienen. Künstler und Gruppen wie Nils Landgren, e.s.t., Michael Wollny's [em] oder Youn Sun Nah haben Neuland erschlossen, das europäische Jazzbewusstsein gestärkt und Richtungen gewiesen, über die bisherigen Klangvorstellungen hinausreichen. ACT wurde zu einem wichtigen Forum der Gegenwartsmusik und deshalb ließen sich auch die Künstler nicht lange bitte, als es darum ging, zum Jubiläum eine All-Star-Band zusammen zu stellen.
Vier Konzerte spielte das Nonett der ACT Jubilee Nights, zu dem unter anderem Posaunist Nils Landgren, die Pianisten Michael Wollny, Leszek Moždžer, der Gitarrist Nguyên Lê, die Baritonsaxofonistin Céline Bonacina und der Trompeter Verneri Pohjola gehörten. Neben Berlin, Düsseldorf und Hamburg machte es auch in der Münchner Muffathalle Station und erwies sich als überraschend kammerjazziges Ensemble mit viel Gespür für die zarten und ausgewogen balancierten Klänge.
Einer der Gründe dafür war der Kontrabassist Lars Danielsson, der als Poet seines Instrumentes zu singenden, melodiebetonten Begleitungen neigt. Es lag aber auch im Charakter der beteiligten Musiker überhaupt begründet. Sieht man von den Klangeruptionen ab, zu denen der Gitarrist Nguyên Lê in der Lage ist – und die er in der Hendrix-Adaption „Purple Haze“, einer der wenigen herben Nummern des Abends, auch auslebte -, steht das differenzierte Spiel mit klangdramaturgischen Möglichkeiten und Ausdrucksformen im Mittelpunkt der Ästhetik der ACT Jubilee Band.
Selbst ein tonopulentes Duo wie das der beiden Pianisten Wollny und Moždžer wirkte im Kern wohlüberlegt und die Kompositionen von Céline Bonacina und Verneri Pohola waren gar pastellfarbige Tongemälde auf kontemplativer Basis. Das Publikum schätzte diese Feinarbeiten und so wurde das ACT Jubilee Team enthusiastisch gewürdigt. Damit nicht genug: Bis zum Sonntag, 12. Februar machen sich darüber hinaus kleine Ensembles auf den Weg, um abwechselnd in fünf ausgewählten Clubs die ACT Piano-Piano Club Tour zu bestreiten und die Feierlaune auch auf die kleineren Bühnen zu tragen.
Mit dabei sind unter anderem Leszek Moždžer, Jens Thomas, Yaron Herman, Danilo Rea, Ulf Wakenius, Verneri Pohjola und Flavio Boltro. Gespielt wird im Berliner „A-Trane“, der Dresdener „Tonne“, dem Dortmunder „Domicil“, dem „Alten Pfandhaus“ in Köln und der Münchner „Unterfahrt“. Viel famose Musik also, viel kulturelle Gegenwart mit Perspektive.