Bereits am Sonntag, den 22. Mai, kann man sich einstimmen auf den 70. von His Bobness. Wie es der Zufall so will, zeigen zwei Fernsehsender die beiden besten Dokumentationen über die bellende Stimme Amerikas: Pennebakers "Don't Look Back" und Scorseses "No Direction Home". Und das sogar ohne Überschneidungen.
Schon um 14.00 Uhr geht es auf Phönix mit "Don't Look Back" los. Es ist dieser Film aus der "Direct Cinema"-Bewegung, der Dylan endgültig zur Ikone machte. Hautnah war D.A. Pennebaker seinem "Opfer" auf die Pelle gerückt, wie 1960 bereits JFK und seinem Hausforderer Humphrey in "Primary", der "Mutter" dieser Art von unkommentierten Dokumentationen. Möglich waren diese Filme erst durch die Entwicklung von leichten, tragbaren 16mm-Kameras. Gleichzeitig konnten nun auch synchrone Tonaufnahmen gemacht werden.
"Ein Team bestand jetzt in der Regel nur nur auch aus einer Person für den Ton und einer zweiten hinter der Kamera, und das war oft der Regisseur selbst." So bringt Michael Endepol in seinem neuen Reclam-Büchlein "Bob Dylan von A bis Z" die neue Arbeitssituation auf den Punkt: "Dem Traum mancher Regisseure, unauffällig wie die Fliege an der Wand einen Dokumentarfilm zu drehen, war man damit ein großes Stück näher gekommen." Das alles sollte man im Hinterkopf behalten beim (Wieder-)Sehen von "Don't Look Back".
Entstanden ist dieser Film während Dylans letzter großer England-Tournee als "Folksinger", 1965. Ein Jahr vor seiner "Elektrifizierung", als immer mehr Epigonen als Konkurrenten auftauchten - wie Donovan. Als "neuer Dylan" spukt dieser hier immer herum und wird zum "running joke". Wunderbar, wenn Donovan His Bobness im Hotelzimmer eine sanfte Ballade vorträgt. "Hey, das ist ein guter Song, Mann", sagt der Meister nach dem Vortrag und schnappt sich die Gitarre, um "It's All Over Now, Baby Blue" zu singen. Solche spontanen Szenen sind es, die diesen Film so unvergesslich machen. Gewissermaßen als "Abfallprodukt" ist dann auch noch so etwas wie einer der ersten Videoclips entstanden. Im Prolog hält Dylan zu "Subterranean Homesick Blues" Papptafeln mit Schlüsselwörtern des Songs in die Kamera. An die Anfänge des Kinos erinnert das natürlich, als auf der Leinwand der Stummfilmzeit, der springende Punkt auf den eingeblendeten Liedzeilen zum "Sing-a-long" einlud.
Ganz anders Martin Scorsese, der vierzig Jahre später eine gewaltige Materialsammlung zusammenstellte. Unter einem Titel, den er sich von Robert Shelton geklaut hatte (dessen Buch jetzt endlich bei Edel auch in Deutschland erschienen ist): "No Direction Home". Man braucht kein Dylanologe zu sein, um den Ursprung dieses Songzitats zu erkennen. Automatisch klingt "Like A Rolling Stone" mit, wenn man "no direction home" hört.
Als ideale Ergänzung zu "Don't Look Back" kann man "No Direction Home", den das Bayerische Fernsehen ab 23.45 Uhr zeigt, sehen, denn er erzählt von den ersten Jahren Dylans bis zu seinem legendären Motorradunfall im Sommer 1966. Scorsese, der bereits 1978 das letzte Konzert von "The Band" dokumentiert hatte, mit einem Gastauftritt von Dylan, und in seinen Filmen immer wieder Songs des Meisters in seinen Filmen auf dem Soundtrack verwendete, schafft es sogar den "Jokerman" selbst zum Sprechen vor der Kamera zu animieren. Daneben kommen alte Weggefährten zu Wort wie Dave Van Ronk, Pete Seeger oder Suze Rotolo. Ein vierstündiges Puzzle mit vielen Konzertausschnitten - zumeist aus Newport - von Dylan, Woody Guthrie oder Odetta. Eine Dylan-Revue, die die Wurzeln des Meisters freilegt. Eine amerikanische Geschichtsstunde aus dem Geiste des New Hollywood.
Sonntag, 22. Mai, 14.00 Uhr, Phönix:
Don't Look Back
Sonntag, 22. Mai, 23.45 Uhr, Bayerisches Fernsehen:
No Direction Home