„Wir versaufen unser Oma ihr klein Häuschen“ – der Karnevalshit weist fraglos einen probaten Weg, Immobilienwert zu schreddern. Alternativ könnte man aber das Häuschen in bester Nachwuchsförder-Absicht auch dem Deutschen Musikrat (DMR) vermachen: Dann landet der Erblasser-Wille auf dem Müllhaufen und das schöne Geld versackt in den gefräßigen Abgründen irgendeines ministerialen Etats. So geschehen mit einer Millionen-Erbschaft, die eigentlich den Wettbewerben „Jugend musiziert“ zugute kommen sollte ( siehe nmz 2/2011). [Vorabveröff. aus nmz 3/2011]
Was lief schief: Den ersten schweren Fehler beging wohl der damalige Insolvenzverwalter Ludger Westrick, als er die klar zweckbestimmte Summe dem allgemeinen Pleite-Konto des Musikrates einverleibte. Da blieben schon mal ein paar sechsstellige Sümmchen auf der Strecke. Dringend einer Antwort harrend stellt sich die Frage: Weshalb hat das frisch legitimierte Post-Insolvenz Präsidium unter der Ägide des frischgebackenen Präsidenten Martin Maria Krüger diesen Fehler nicht umgehend korrigiert und die restlichen gut 700.000 Euro (in einem Sonderfonds – in einer Stiftung?) dem gewünschten Verwendungszweck entsprechend sicher festgelegt?. Nahm sich der damalige „Hauptausschuss Jugend musiziert“ dieses Themas mit dem nötigen Nachdruck an? Man kann schon frühe Versäumnisse im zivilgesellschaftlichen Steuer-Organ, dem Vereinsteil des DMR vermuten.
Also verblieb das „Rest-Häuschen“ als gewissermaßen anonymisierter Teil des Insolvenz-Gewinnes in den Büchern der soeben gegründeten Musikrats-gGmbH. Die ist nur dürftig mit Eigenkapital ausgestattet. Das schafft angesichts eines kulturfinanzierungs-inkompatiblen, weitgehend willkürlichen Zuwendungsrechtes und der höchst unsicheren Zahlungsmoral finanzierender Ministerien eine ständige Gefährdung aller dank zivilgesellschaftlichem Engagement und bürgerschaftlicher Kompetenz generierten Musikrats-Projekte: von „Jugend musiziert“ über das Bundesjugendorchester bis hin zum Dirigenten-Forum oder der Förderung zeitgenössischer Musik.
Der im Hinblick auf nötige Kontinuität für Kulturförderung höchst fragwürdige Modus sogenannter „Fehlbetragsfinanzierung“ führt nämlich dazu, dass „zusätzlich eingeworbene“ Mittel zum Beispiel des DMR – das betrifft unser „Häuschen“ - der staatlichen Finanzierung gegengerechnet werden. So entsteht steigende Abhängigkeit von in der Sache weniger kompetenten, wohlbestallten B-6-Ministerialen zum Beispiel im Aufsichtsrat der gGmbH, wenn seitens der Bürger, des DMR-Vereines, nicht selbstbewusst und mit den guten Argumenten des Geschaffenen gegengesteuert wird.
Nach geltendem Haushaltsrecht darf die gGmbH also trotz oft wackliger Bundeszuwendungen eigentlich keine projektsichernden Rücklagen schaffen. Eigentlich: denn vergleichbaren Institutionen, zum Beispiel dem Goethe-Institut, den Bayreuther Festspielen oder der „Initiative Musik“ wurde und wird – bei entsprechender Begründung – die Vorrats-Bunkerung solcher Mittel auch in Millionenhöhe gestattet. Für die „Initiative Musik“ liegt unserer Redaktion ein Rechtfertigungsschreiben des BKM vor, dessen Argumente sich leicht auf Musikrats-Bedürfnisse umschreiben ließen. Insofern war der Versuch von gGmbH-Geschäftsführung und Gesellschaftern, solche Gleichbehandlung durch das BKM gerichtlich zu erzwingen, nicht aussichtslos. Was aber nützen gute Gründe, die man nicht anführen darf? Angeblich aus Rücksicht auf die anderen „befreundeten“ Kulturinstitutionen? Der Prozess ging in erster Instanz, engstirnig nach Haushaltsrecht durchgezogen – verloren. Eine vom Finanz- und Satzungsausschuss des DMR einstimmig empfohlene Berufung wurde in einer von Präsident Krüger hastig zusammengetrommelten, sehr dünn besetzten Gesellschafter-Versammlung gekippt. Das „Häuschen“ ist futsch.
Einige weitere Fragen tauchen auf: Warum wurde dieser ganze Vorgang nicht im Vorfeld der prozessualen Auseinandersetzung öffentlich gemacht, um die politische und moralische Dimension dieser „staatlichen Erbschleicherei“ zu diskutieren? (Stattdessen verpasste Krüger seinen Hauptamtlichen einen offiziellen Maulkorb. Immerhin führte unser kleiner Report in der vergangenen Ausgabe zu einer Anfrage der „Grünen“ im Bundestag). Wie ist es um das zivilgesellschaftliche Engagement, um das demokratische Bewusstsein des Musikratspräsidenten bestellt? Stünde es einem Kulturverband nicht gut an, Pressefreiheit zu befördern, statt sie zu behindern? Wie stark ist die Autorität des Präsidentenamtes nach außen und nach innen beschädigt, wenn sich zu einer wichtigen Gesellschafterversammlung nicht mal ein Drittel der Stimmberechtigten einfindet?
Steckt hinter all der auffälligen Schmuse-Politik in Richtung Zuwendungsgeber der Plan, den Musikrat nach einer weiteren möglichen Insolvenz der gGmbH gänzlich den fördernden Ministerien zu übereignen? Als kleines bildungspolitisches Schmuckstück für impotente Kulturpolitik bei Ruin aller bürgerschaftlichen Kräfte? Angesichts des aktuellen Zustandes unseres wichtigsten Musik-Dachverbandes erwarten wir – leider – keine Antworten.