Es war… und es ist… und stellt sein Festkonzert selbstbewusst online: auch wenn das Orchester ohne seinen in Tschechien festsitzenden Chefdirigenten Jakob Hrůša auskommen muss. Der bekennt: „Ich freue mich sogar aufs Husten…“. Denn derzeit ist vieles anders im Musikleben. Daher auch das Jubiläumskonzert im leeren Saal schon vor wenigen Tagen. Exakt am 20. März 1946 gab das Noch-„Bamberger Tonkünstler“-Orchester sein erstes Konzert in der oberfränkischen Kleinstadt.
Schuld ist die Jahrhundertkatastrophe des 2.Weltkriegs: Im Zuge der Vertreibung mussten auch die Musiker des renommierten Deutschen Philharmonischen Orchesters aus Prag fliehen … nach Westen - doch Nürnberg war zerbombt, auch Würzburg. Aber dieses unzerstörte kleine Bamberg erinnerte mit seiner – inzwischen - „Weltkulturerbe“-Altstadt deutlich an die zurückgelassene Heimat. Musiker und im Hintergrund Dirigent Josef Keilberth begannen zu organisieren – es folgte eine Erfolgsgeschichte bis heute: 16 Gastspielreisen nach Japan, 15 nach Südamerika – insgesamt rund 7300 Konzerte in 63 Ländern – die „Bamberger“ wurden erste deutsche „Orchester-Botschafter“ nach dem Weltkrieg. Heutzutage auch in Problemländer: Intendant Marcus Rudolf Axt bekommt angesichts aller Absagen einen verträumten Blick, wenn er an die vollen Säle der Rundreise durch Chinas Millionenstädte im Jahr 2019 denkt.
Die „Bamberger“ sind eine Besonderheit: Welche Stadt mit rund 78.000 Einwohnern hat ein eigenes großes Symphonieorchester von Weltrenommee? Davon zeugt auch das Schild der Autobahnausfahrt „Symphonikerstadt Bamberg“. Basis sind einmal die seit Beginn überaus treuen Abonnenten in der Stadt, die schon bundesweit zum „Publikum des Jahres“ gewählt wurden – Intendant Axt: „Da verbinden sich Freundschaft und Profession!“ Dann hat sich Bayern an seinen verfassungsmäßigen Kulturauftrag erinnert und nach jahrelanger finanzieller Unterstützung das Orchester 2003 zur Bayerischen Staatsphilharmonie ernannt; vor allem aber hat die Tradition – der gut zwei Jahrhunderte zurückreichende „böhmische Klang“ – immer wieder erstklassige Dirigenten angelockt, bis zu den heutigen Ehrendirigenten Herbert Blomstedt und Christoph Eschenbach.
International renommiert ist der seit 2004 in der schönen Konzerthalle ausgetragene Gustav-Mahler-Dirigierwettbewerb – aus dem die Erzählung von Oksana Lyniv herausragt: „Ich bemerkte, wie die Dirigierschüler bestimmter Professoren sofort ins bezahlte Engagement kamen – halt Ukraine damals - und ich hielt mich mit Perlenstickerei finanziell über Wasser… Dann lag da im Dirigierzimmer der Hochschule ein Flyer – einer! – vom Mahler-Dirigierwettbewerb. Man musste ein 10-Minuten-Video einschicken. Ich erbettelte eindringlich vom DaCapo-Orchesterleiter in Lemberg die Möglichkeit, installierte eine Kamera, drückte „Aufnahme“ - eilte ans Pult – dirigierte - „Stopp“ - schickte das Band – 345 Bewerbungen… Die englischsprachige E-Mail, dass ich zu den 16 Ausgewählten gehörte, lasen und übersetzten wir x-mal – ich konnte mein Glück kaum fassen.“ Damals gewann Gustavo Dudamel und startete in die Weltkarriere. Oksana Lyniv, die 3.Preisträgerin, wurde Assistentin des damaligen Bamberger Chefdirigenten Jonathan Nott und soll nun als erste Frau im Bayreuther Orchesterabgrund die Festspielpremiere des „Fliegenden Holländer“ dirigieren.
So viel „Zukunft“ ist um wenige Orchester. Traditionsbewusst kann da das Jubiläumskonzert an den Programmplan von 1946 anknüpfen: das Freiheitsfanal von Beethovens „Leonoren-Ouvertüre Nr.3“, sein Violinkonzert – und da damals nach NS-Missbrauch und Kriegsende Beethovens „Eroica“ schlecht passte und seine 7.Symphonie gespielt wurde – gilt das Originalprogramm mit Beethoven 3.Symphonie diesmal umso mehr: Bewundernden Glückwunsch und weiter erfolgreichen „eroica“-Einsatz für die Musik weltweit!
- Das Festkonzert vom Donnerstag, 18. März 2021 wird in Kürze als Stream auf dem Video Portal von BR-KLASSIK CONCERT sowie in der ARD-alpha Mediathek zu sehen sein. Ausschnitte werden im BR Fernsehen am Sonntag, 21. März 2021, ab 9.00 Uhr wiederholt. Bereits vor dem Konzert sendete BR-KLASSIK ein Hörfunkfeature zum 75jährigen Jubiläum der Bamberger Symphoniker.