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Peter Gasts „Der Löwe von Venedig“ in Annaberg. Foto: D. Knoblauch
Peter Gasts „Der Löwe von Venedig“ in Annaberg. Foto: D. Knoblauch
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Theaterfest mit Überraschung: „Der Löwe von Venedig“ von Peter Gast in Annaberg-Buchholz

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Grund zum feiern in Annaberg-Buchholz: Das Theater ist 120 Jahre alt geworden. Weil damals das alte Gebäude einer baufälligen Scheune nicht mehr genutzt werden konnte machte sich die Bürgerschaft stark, die Stadt stellte das Gelände eines ehemaligen Gaswerkes zur Verfügung und mit einer Aufführung von Goethes „Egmont“ wurde das kleine, aber feine Theater vor 120 Jahren eröffnet. Die Titelrolle spielte ein junger Schauspieler, Eduard von Wangenheim, der sich als Künstler Eduard von Winterstein nannte und von Annaberg aus eine der größten deutschen Schauspielerkarrieren startete, in deren Verlauf er vier unterschiedliche politische Systeme durchspielte.

In den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde das Theater nach ihm benannt. Zur Feier des Jubiläums, wurde auch daran erinnert, der Schauspieler Nenad Žanić sprach den berühmten Monolog des Egmont „Süßer Schlaf...“ Und das Musiktheater, gemeinsam mit der Erzgebirge Philharmonie Aue, die im Herbst auf eine 125-jährige Tradition zurück blicken kann, hatte zu diesem Fest noch eine besondere Überraschung vorbereitet. Zum ersten Mal in seiner Heimatstadt, wird eine Oper des Annaberger Komponisten Peter Gast, der von 1854 bis 1918 lebte, gespielt. „Der Löwe von Venedig“, 1891 in Danzig uraufgeführt, zuletzt 1933 in Chemnitz und 1940 in Regensburg aufgeführt, recht erfolgreich, so zeitgenössische Berichte.

Peter Gast hieß eigentlich Heinrich Köselitz und war der Privatsekretär des Philosophen Friedrich Nietzsche, er konnte auch als einziger dessen Handschrift entziffern. Nietzsche hat ihn ermutigt zu komponieren, auf ihn geht auch das Pseudonym zurück und nachdem sich der Philosoph radikal von Richard Wagner abgewendet hatte erwartete er eben von Peter Gast die Musik der Zukunft und sprach von ihm 1882 in einem Brief an Franz Overbeck  als dem neuen Mozart.

Die Musik der Zukunft haben sicher andere geschrieben, aber jetzt kann man in Annaberg-Buchholz selber hören, ob es sich so verhält wie Nietzsche im selben Brief schwärmerisch über Gasts Musik schrieb: „Schönheit, Herzlichkeit, Heiterkeit, Fülle, Erfindungsüberfluss und die Leichtigkeit der kontrapunktischen Meisterschaft – das fand ich noch nie so zusammen…“. Gast steht in der Tradition etlicher Komponisten seiner Zeit. Man wollte sich von Wagners übermächtiger Wirkung befreien. Auch sollte das Heitere wieder zum Zuge kommen, da orientierte man sich ganz gerne an den italienischer Kollegen, an der deutschen Spieloper, die ja wahrlich weitaus besser ist als ihr Ruf, und natürlich auch an Mozart. Das hört man in der Musik von Gast die vorzüglich gesetzt ist. Die Orchestrierung ist von heiterer Eleganz und durchzogen von südlichem Flair. Man hört schon, dass sich der Komponist an der Kunst der Mozartschen Ensembles in „Le Nozze di Figaro“ oder in „Così fan tutte“ orientiert hat, ohne zu kopieren. Aber, das ist natürlich überraschend, manchmal wagnert es ganz schön, auch bei Gast, und auch die üppige Melodik des jungen Richard Strauss muss ihn beeindruckt haben. Musikalisch ist diese Annaberger Entdeckung auf jeden Fall, noch dazu anlässlich des Theaterjubiläums, eine höchst gelungene Überraschung mit lokalem Bezug.

Wer aber ist denn nun dieser „Der Löwe von Venedig“ und worum geht es in der komischen Oper gleichen Titels?  Den Löwen gibt es nicht im Stück, der Titel ist symbolisch zu verstehen, denn das Werk verdankt sich dem Geist südlicher Gefilde, erdacht und konzipiert unter den Flügeln des Löwen von Venedig, jenem berühmten Wappentier der Lagunenstadt. Die Oper selbst gab es schon – Cimarosas „Die heimliche Ehe“: Der Kaufmann will seine ältere Tochter mit einem verarmten Grafen verheiraten. Der ist wegen der stattlichen Mitgift nicht ab-, dann aber eher der jüngeren Tochter zugeneigt, die ist jedoch schon heimlich verheiratet mit einem flotten jungen Buchhalter, auf den es wiederum die Schwester des Kaufmanns abgesehen hat…

Das Stück beginnt in den frühen Morgenstunden, und in der Nacht, kurz bevor der neue Tag beginnt, ist die heimliche Ehe nicht mehr heimlich. Der Graf nimmt die Ältere samt Mitgift und wir haben in etwas mehr als zwei Stunden einen wirklich tollen Tag erlebt. Und das in einer rundum überzeugenden Aufführung. Es beginnt mit der flotten Ouvertüre, dann die Arien, Duette und, wie schon gesagt, die meisterlichen Ensembles. Da überzeugen die hochmotivierten und ausgesprochen gut singenden Protagonisten, die zudem rasant spielen und charmant agieren, unter der so straffen wie dynamischen Leitung des Dirigenten Naoshi Takahshi.

Lázló Varga ist der Kaufmann, Therese Fauser seine Schwester, die ungleichen Töchter sind Bettina Grothkopf und Madelaine Vogt. Frank Unger ist der flotte Buchhalter und Jason-Nandor Tomory ist als Graf Robinson aus Padua ein flotter Geist aus Fleischeslust und unverwüstlicher Heiterkeit. Für das heitere Spiel hat Robert Schrag einen geschmackvollen Raum gebaut mit Blick auf die Silhouette der Lagunenstadt im wechselnden Licht der Tageszeiten und Tamara Korber als Regisseurin bevorzugt mit kleinen Anleihen bei der Commedia dell´arte den Humor mit Charme und Augenzwinkern. Keine Kracher, keine Schenkelklopfer, dafür viel Schmunzeln und Lächeln, bis hin zum Gag am Ende, denn der schöne junge Graf, der hier das Treiben verrückt macht, will vielleicht nur das Geld und gar keine Frau, denn unterm schicken Dress trägt er ein Damenkorsett mit rosa Bändchen. Womit wir wieder bei Mozart wären und dessen tollen Typen, wie dem Flattergeist Cherubino, im tollen Tag, an dem die Hochzeit des Figaro stattfindet. Am Ende begeisterter Beifall für alle am Premierenabend zum Jubiläumstag.

Weitere Aufführungen: 12., 20., 27. 04.; 8.05.

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