Wenn man in Verhandlungen nicht weiterkommt, muss man Fakten schaffen. Wir wissen nicht, auf welche Weise die Verhandlungen der Verwertungsgesellschaften VG Wort, VG Bild-Kunst und der GEMA mit der Geräteindustrie gelaufen sind. Jedenfalls nicht erfolgreich. Somit werden jetzt Tarife über die Vergütung für private Vervielfältigung für Mobiltelefone gesetzt. Erstaunlicherweise beruft man sich bei den Tarifen nicht auf die Speicherkapazität der Geräte (wie bei den Tarifen bis Ende 2007), sondern auf ihre Handhabung: Touchscreen oder nicht macht den Unterschied.
Das ist sehr erstaunlich. Angeblich gibt es dazu eine empirische Untersuchung, die dies belegen soll. Leider liegt sie uns noch nicht vor. Sobald das der Fall ist, werden wir uns damit beschäftigen. Zunächst mutet das Verfahren jedenfalls eigenartig an. Wir sind gespannt. Jetzt jedenfalls müssen die Gerätehersteller an den Tisch der Schiedsstelle, die die Angemessenheit der Tarife bewertet. Andere Fragen stehen in dem Zusammenhang außerdem an: Inwieweit sind Mobiltelefonen überhaupt Gegenstand von privater Vervielfältigung, wie ist diese Nutzung zu werten gegenüber sowieso für diesen Zweck käuflich erworbener Musik, Bilder und Text (und wie werden diese untereinander gewichtet) - auch hier gibt es im Bereich der Musik bestimmte Formen von Flatrates für den Musikdownload. Fragen über Fragen.
[Update 8.7.2010:] Die Antwort der Gema zur Studie: "ein renomiertes Marktforschungsinstitut hat 4.000 Nutzer befragt - weitere Details werden von der ZPÜ zum jetzigen Zeitpunk nicht veröffentlicht." Damit dürfte diese Studie recht unbrauchbar für die Argumentation sein. Schade. Wieder diese Geheimniskrämerei. Das ist sogar der Bundesverband der Musikindustrie offener.
Es folgt die Pressemeldung der GEMA:
Die in der ZPÜ zusammengeschlossenen Verwertungsgesellschaften sowie die Verwertungsgesellschaften Wort und Bild-Kunst haben heute im Bundesanzeiger einen Tarif über die Vergütung für private Vervielfältigung nach § 54 UrhG für Mobiltelefone veröffentlicht. Der Tarif beträgt für Mobiltelefone mit Touchscreen EUR 11,00 sowie für Mobiltelefone ohne Touchscreen EUR 4,00, jeweils zzgl. gesetzlicher Umsatzsteuer von derzeit 7 %. Mit der vorgenannten Differenzierung wird der unterschiedlichen Nutzung von Mobiltelefonen mit und ohne Touchscreen zum Zwecke der privaten Vervielfältigung Rechnung getragen. Diese Unterschiede sind durch eine von den Verwertungsgesellschaften durchgeführte empirische Untersuchung belegt.
Versuche der Verwertungsgesellschaften, vor Aufstellung des Tarifs mit den Verbänden der betroffenen Hersteller über die Vergütungshöhe nach dem seit 01.01.2008 geltenden Recht und den Abschluss eines Gesamtvertrages zu verhandeln, blieben ohne Ergebnis, da kein Verband zu derartigen Verhandlungen oder zur Durchführung eines Verfahrens vor der Schiedsstelle bereit war.
Der Tarif gilt mit Wirkung ab dem 01.01.2008. Für die Zeit davor richtet sich die Höhe der Vergütungsforderung der Verwertungsgesellschaften nach der bis zum bis 31.12.2007 geltenden Rechtslage. Die Vergütungsforderung beträgt insoweit je nach Konfiguration der Mobiltelefone EUR 2,56 oder EUR 1,28 je Stück bzw. EUR 1,02 je GB Speicherkapazität, jeweils zzgl. gesetzlicher Umsatzsteuer von derzeit 7 %. Die Schiedsstelle hat die Angemessenheit dieser Vergütungsforderung in einer Entscheidung vom 15.10.2008 bestätigt. Im Anschluss hieran hat die ZPÜ ihre Ansprüche gegen verschiedene Vergütungsschuldner nunmehr im Wege der Klage zum OLG München geltend gemacht, dessen Entscheidung jedoch noch aussteht.
Die Zentralstelle für private Überspielungsrechte (ZPÜ) ist die älteste und aus wirtschaftlicher Sicht bedeutendste Form der Zusammenarbeit der deutschen Verwertungsgesellschaften. Die ZPÜ hat die Aufgabe, die Vergütungsansprüche gegenüber den Geräteherstellern und -importeuren sowie den Leermedienherstellern und -importeuren geltend zu machen und das Vergütungsaufkommen an ihre Gesellschafter zu verteilen.