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Waisenknaben gegen den Klimawandel: Terry Hoax. Foto: promo
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Und nach dem Konzert – aufforsten: Wie Popkünstler das Klima schützen

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Von allen Seiten konnten die Zuschauer im Olympiastadion in Berlin Bono sehen. Die „360 Grad Tour“ der irischen Band U2 hatte auch deshalb diesen Namen bekommen. Gigantisch war die Show mit der neuartigen Bühne mitten im Fußballstadion. Die Fans waren glücklich. Und schnell hatten sie vergessen, wofür Bono und die anderen Musiker noch Tage vorher kritisiert worden waren: Für den massiven Stromverbrauch für das Megakonzert.

Was U2 an einem Abend verschleuderten, hätte 20 Haushalte ein Jahr lang mit Strom versorgt. 180 Trucks brachten das Equipment für die Show. Die Leinwand wurde aus 500.000 Minimonitoren zusammengesetzt. Und die Nebenkosten-Abrechnung soll schlappe 30.000 Euro gekostet haben. Die CO2-Bilanz für ein U2-Konzert hat niemand ausgerechnet. Für andere Rock-Shows wird das mittlerweile schon getan.

Was die deutsche Indierock-Band Terry Hoax zum Beispiel pro Aufritt an Kohlendioxid in die Luft bläst, ist vorher genau berechnet worden. Die Rocker aus Hannover haben sich für eine CO2-neutrale Tournee entschieden. „Mir hat das mein Gewissen sehr erleichtert“, sagt Sänger Olli Perau. Für den Musiker ist nachhaltiger Umweltschutz und eine gute CO2-Bilanz wichtig.

Die Konzertagentur von Terry Hoax arbeitet mit einer Umweltorganisation zusammen, die nicht nur anfallendes Treibhausgas genau berechnet. Für Privatpersonen, Unternehmen und auch Konzerttourneen werden in einem zweiten Schritt auch CO2-reduzierende Maßnahmen vorgeschlagen, erklärt der Sprecher der Organisation CO2OL, Jan Fockele. „Danach bieten wir dann Zertifikate für Klimaneutralisation an“, sagt er.

Klimaneutralisation bedeutet bei CO2OL das Pflanzen von Bäumen in Panama. Dort werden Weideflächen wieder aufgeforstet und so das CO2 gebunden, das bei einem Konzert von Terry Hoax in Deutschland anfällt. Da sich das Treibhausgas Kohlendioxid in der Atmosphäre frei bewegen kann, ist es egal, wo die Bäume gepflanzt werden.

„Das ist eine sehr gute Möglichkeit für uns, einen Ausgleich herzustellen“, sagt Olli Perau. Mit seiner klimaneutralen Show stehen er und Terry Hoax nicht alleine da. Auch „Die Ärzte“, die Soul-Sängerin Cassandra Steen, die Band Juli und Jazzkantine lassen Bäume für das anfallende Kohlendioxid pflanzen.

Gigantischer Stromverbrauch durch Verstärker, Licht und Showeffekte ist das eine im Rockzirkus. Das andere ist die CO2-Emission, die durch die Anreise entsteht. Den größten Teil der schlechten CO2-Bilanz verursacht das Publikum selbst. „Veranstaltungen, bei denen Menschen zusammenkommen, haben einen Emissionsgrad von 90 bis 95 Prozent, egal ob Kongress, Sportveranstaltung oder Konzert“, sagt Jan Fockele von CO2OL.

Im Live-Konzert-Bereich gibt es daneben noch viele kleine CO2-reduzierende Möglichkeiten: Stammt das Essen aus der Region oder wird es von weit her antransportiert? Bietet der Veranstalter Mehrweg- oder Einwegbecher an? Ist in der Konzertkarte ein Ticket für Bus und Bahn gleich mit integriert? Das alles sind Fragen, die auch im Musik-Business zunehmend wichtiger werden.

Bei manchen Musikern geht es noch darüber hinaus. Der amerikanische Singer-Songwriter Jack Johnson ließ sich beispielsweise ein ganzes Studio aus Holz zimmern. Doch damit nicht genug. Der Strom für das Studio kommt nicht aus der Dose. Den liefern Solarzellen auf dem Dach.

Auch die CD ist nicht umweltfreundlich. 64 Gramm Plastikmüll fallen pro Silberscheibe irgendwann an. Produktion und Transport sorgen ihrerseits wieder für eine schlechte CO2-Bilanz. Da ist der Musik-Download die vermeintlich umweltfreundlichere Alternative. Das propagiert jedenfalls ein großes deutsches Telekommunikations-Unternehmen, das gleich für die eigene Download-Plattform wirbt. Aber auch für Recherche und Download fallen Strom an. Damit der CO2 neutral ist, müsste er schon Öko-Strom sein.

In Kopenhagen wird in diesen Tagen über das Klima geredet. In der Musikbranche hat sich dagegen schon etwas getan. Einige Künstler haben der Popmusik einen grünen Anstrich gegeben.

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