Der Dirigent und Komponist Peter Eötvös befindet sich in einem Zustand, den man früher poetisch als Schaffensrausch bezeichnet hätte.
Residenz-Komponist in Dortmund, Porträt-Komponist in Frankfurt und Gütersloh, Konzerte hier und da, und dann noch Opern schreiben: Wie schafft der Mann das nur! Am Théâtre du Châtelet in Paris hatte jetzt Eötvös’ dritte Oper – nach den „Drei Schwestern“ (nach Tschechow) und „Le Balcon“ (nach Genet) – Premiere: „Angels in America“, nach dem epischen Erfolgsstück Tony Kushners, das auch verfilmt worden ist und jetzt also auch zur Oper mutierte. Was mag den Komponisten an Kushners zum Teil überdrastischer Textvorlage gereizt haben? Einem wilden, kritischen Gesellschaftsbild des heutigen Amerika zwischen Machtbewusstsein, Geldgier, Vergnügen und den dunklen Gegenbildern, die, wie Sexualität, Triebleben und dessen Folgen (Aids) gern verschwiegen werden. Eötvös interessiert vor allem die Innendimension, die psychische Struktur der Menschen, die er mit seiner Musik gleichsam erforscht.