Prima: Die erste Wahl ist schon mal absolviert. Mit erwarteten Ergebnissen. Parteiübergreifend spielten Musik- und Bildungspolitik beim Stimmengebuhle im Wahl-Vorfeld am allerhintersten Pult. Dass die SPD ihre profilierteste Kulturpolitikerin, Monika Griefahn, so dürftig positionierte und damit aus dem Bundestag schob, rechtfertigt aus unserer Sicht allein schon den aktuellen Zustand der Partei. Gratulation an Gitta Connemann (CDU), die ihren schwierigen Wahlkreis erfolgreich verteidigte und an Norbert Lammert, der in Bochum kräftig am staubigen SPD-Stammwähler-Potenzial nagte und als Nummer Eins der nordrheinwestfälischen CDU-Landesliste natürlich wieder ins Parlament einzieht. Das gelingt souverän auch dem Frankfurter Hans-Joachim Otto (FDP). Womit die Reihe erklärtermaßen kulturnaher künftiger Bundestagsabgeordneter – zählt man Monika Grütters (CDU) und Siegmund Ehrmann (SPD) noch dazu – im Wesentlichen durchbuchstabiert wäre.
Auf Anhieb respektable zwei Prozent für die Piraten-Partei, eine Wahlbeteiligung hart am Rande der Eindrittel-Verweigerung und die Meldung, dass CDU/CSU samt SPD gerade noch zwanzig Prozent der jungen Wähler binden können, sagt viel über Glaubwürdigkeit und Profilakzeptanz der ehemals starken Arrivierten. Was auf Kulturschaffende und Pädagogen unter dem halbkonservativ-neoliberalen, jedenfalls aber von ökonomistischer Architektur dominierten Spannbetondach der neuen Koalition zukommt, ist noch spekulativ, unterliegt auch dem von blanker Machtverteilungspolitik betriebenen Personal-Karussell unserer künftigen Regierung.
Einen ersten Hinweis liefert möglicherweise die frische sächsische CDU-FDP-Konstruktion: Dort wurde im Koalitionsvertrag festgeschrieben, man wolle „die großen Kultureinrichtungen dabei unterstützen, verstärkt eigene Erträge und einen höheren Kostendeckungsgrad zu erwirtschaften“. Solches veranlasste den Intendanten der Semperoper Dresden, Gerd Uecker, zu der bedenkenswerten Klage: „Wir sollten nicht in eine Situation geraten, wo man alles gleichermaßen unzureichend versorgt. Aus der Kuh (Kunst und Kultur – Anm. nmz) ist einfach nicht mehr herauszumelken“. Auch die Formulierung im Koalitionspapier, in Zukunft sollten zwischen Bühnen „engere Kooperationen, neue Organisationsformen sowie gegebenenfalls Fusionen geprüft und umgesetzt werden“, weist entsprechende zahlengesteuerte Grundhaltung aus. Jedenfalls werden sich Kulturmenschen – ob aktiv oder vermittelnd tätig – hierzulande künftig warm anziehen müssen.
Was uns direkt zur kulturell betrachtet schlicht wichtigeren Wahl führt: Am 17. Oktober bestimmt die Generalversammlung des Deutschen Musikrates in Berlin die Zusammensetzung ihres neuen Präsidiums. Für den Spitzenposten stehen zwei Kandidaten bereit – und auch für die Wahl der weiteren Präsidiumsmitglieder gibt es Alternativen. Im zu erwartenden kälteren Klima für Kultur und Bildung braucht die Musik eine starke, selbstbewusste Stimme. Informieren Sie sich bei www.nmzmedia.de über die Standpunkte der Kandidaten, auf www.nmz.de in einem umfangreichen Dossier über Visionen und Planungen. Und: Gehen Sie zur Wahl.