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50. Geburtstag mit Orffs „Carmina burana“ und Enjott Schneiders „Orbe rotundo“: der Münchner Motettenchor
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In Windschatten Orffs: zur Uraufführung von Enjott Schneiders „Orbe rotundo“ durch den Münchner Motettenchor

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Eigentlich gäbe es das vor der Uraufführung von Enjott Schneiders „Orbe Rotundo“ heraufbeschworene Problem ja gar nicht. Immerhin hat Carl Orff doch selbst nach dem Triumph der „Carmina Burana“ mit den „Catulli Carmina“ und „Trionfo di Afrodite“ noch zwei weitere Werke verfasst, die seinen ersten Welterfolg zum abendfüllenden Dreigestirn runden sollten.

Trotzdem dürfte eine Aufführung des gesamten Tryptichons heute wohl aus verschiedenen Gründen eher die Ausnahme sein. Womit sich für die Veranstalter letzten Endes doch immer wieder die unliebsame Frage stellt, was man denn nun mit Orffs großem Schlager kombinieren soll um das Publikum nicht zu verprellen?

Der Münchner Motettenchor, der einst bei der Einstudierung der „Carmina Burana“ noch vom Komponisten höchstpersönlich beaufsichtigt wurde, hat diese Frage im Laufe der Jahre immer wieder auf unterschiedlichste Weise und durchaus erfolgreich gelöst. Zum 50. Jubiläum des Ensembles sollte und musste es dann aber doch noch einmal etwas ganz besonderes sein. So wandte sich Chorleiter Hayko Siemens im vergangenen Jahr kurzerhand an Enjott Schneider, dessen neu komponierte Fortsetzung „Orbe rotundo“ nun im Münchner Herkulessaal ihre Uraufführung erlebte. Und das unter derart jubelndem Beifall, wie er bei Zeitgenössischem heute selten geworden ist.

Das lag zum Großteil sicherlich am Motettenchor selbst, der zum eigenen runden Geburstag noch einmal den Turbo zuschaltete, aber auch am Sängerduo Sandra Moon und Robert Sellier, das sich sowohl bei Orff wie auch bei Schneider noch in den unbequemsten Lagen sicher bewegten. Gleiches Lob gilt ebenso für den jungen Bariton Todd Boyce, der in der „Carmina Burana“ das meiste solistische Gewicht zu schultern hatte und mit flexibler Stimme und gestalterischem Totaleinsatz den Erfolg komplett machte.

Erwähnt sei in diesem Zusammenhang jedoch auch, dass Schneider dem Zuhörer von seiner Seite aus beim Musikgenuss nicht gerade viel Konfliktpotenzial in den Weg stellt. Stattdessen outet er sich als leidenschaftlicher Orff-Verehrer, der dem Publikum schräge Dissonanzen oder avantgardistische Klangexperimente weitgehend erspart und treu den Fußstapfen des Vorbildes folgt. Je nach Sympathieverteilung für die beiden Komponisten mag man es also dreistes Plagiat oder ehrfurchtsvolle Hommage nennen. Wobei man faiererweise zugeben muss, dass Schneider – je weiter er sich thematisch vom Original entfernt – durchaus in der Lage ist auch eine eigene Tonsprache zu kultivieren. Und die ist alles andere als uninteressant, wie es etwa in der Walpurgisnacht oder der Sonnwendfeier durchblitzt. Dort, wo er allerdings die von Orff nicht verwendeten Texte aus Benediktbeuern vertont, könnten man manchmal fast glauben einem bislang verschollen geglaubtes Manuskript des Meisters zu lauschen. Selbst wenn beim herbstlichen Trinkgelage deutlich niedrigere Promillzahlen herrschen als in Orffs Taberna.

Es ist immer schwer im Schatten eines anderen zu wirken. Zahlreiche Komponistensöhne können davon ein Lied singen. Und wenn dann, wie im Falle von „Orbe Rotundo“, sogar noch Form, Thema, Solostimmen und Orchesterbesetzung durch die „Carmina Burana“ vorgegeben sind, macht das die Sache wohl nicht unbedingt leichter. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass der rhythmisch akzentuierte und stark vom Text ausgehende Gesang eigentlich fast schon zur Gänze von Orff abgearbeitet wurde und nur noch wenig Variationsmöglichkeiten bereit stehen, wenn man dessen Weg zu eng folgt.

Für den Chor wird sich die intensive Probenarbeit aber trotzdem gelohnt haben. Denn nach den bereits erwähnten Publikumsreaktionen dürfte wohl kaum etwas gegen einen weiteren Einsatz von „Orbe Rotundo“ als massentaugliche Ergänzung zur „Carmina“ sprechen. Und mit einem unzüchtigen Hexensabbath und anderer mittelalterlicher Pornographie in der Inhaltsangabe wird es wohl nur eine Frage der Zeit sein, bis auch die ersten Regisseure das neue und doch so alte Zweigestirn für eine szenische Aufführung entdecken.

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