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Titelseite der nmz 2014/11.
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Zwangs-Ehen?

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Theo Geißler über Eingriffe ins Grundgesetz beim Tarifrecht
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„Einheit“ – was für ein positiv besetztes, kulturhaltiges Hauptwort. Dessen Sympathie-Werte schnurstracks in die Fragwürdigkeit rutschen, wenn es mit dem Vorspann „Tarif“ gepaart wird. Was da als menschenfreundlicher Befreiungsschlag für unsere von Piloten und Lokführern in Geiselhaft genommenen Wohlstands-Bürger so pseudokonstruktiv daherkommt, entpuppt sich bei näherer Betrachtung potenziell als weiterer grober Eingriff in das Grundgesetz – offenbar unter der populistisch-segnenden Hand unserer umfragegesteuerten Bundeskanzlerin. [Vorab aus der neue nmz 11/2014]

Die Vorstellung – wenn überhaupt – nur noch mit einer einzigen Interessenvertretung abhängig Beschäftigter um Gehälter und Urlaubszeiten feilschen zu müssen (dahin zielen gerade gesetzgeberische Absichten – die Mitgliederstärke soll das Vertretungsrecht liefern), mag ja für Industriebetriebe, Software-Schmieden und sons­tige Kommerztempel reizvoll sein. Es spart meist Zeit und die ist Geld.

Fatal wirkte sich solch legislativ-zahlengesteuerte „Zwangsehe“ auf den Kulturbetrieb aus – an den vermutlich wieder kaum ein Volksvertreter denkt. Die Gewerkschaften und Standesvertretungen unserer künstlerischen Betriebe sorgen sich natürlich auch um Arbeitsbedingungen, um eine angemessene Vergütung ihrer Mitglieder, um ein akzeptables soziales Umfeld. Darüber hinaus kümmern sie sich aber um kulturelle Bildung im Allgemeinen, engagieren sich ebenso für den künstlerischen wie den Publikums-Nachwuchs und betreiben so eine Landschaftspflege, die von unseren öffentlichen Händen samt der Bildungspolitik gern grob vernachlässigt wird. Im Unterschied zu den Industrie- oder allgemein wirkenden Dienstleistungs-Gewerkschaften stehen ihnen als Verhandlungspartner meist kommunal-, landes- oder bundesgetragene Arbeitgeber gegenüber: Theater, Orchester, Chöre, Rundfunkanstalten.

Fast all diese Institutionen sind nicht auf Gewinnmaximierung hin ausgerichtet, sondern tragen maßgeblich zur Entwicklung der Künste, zur berechtigten Namensgebung „Kulturland Deutschland“ bei. Sie stehen oft unter teils grausamen Sparzwängen, weil sich unsere Politiker gern mit musischen Lorbeerkränzen schmücken – vorwiegend verbal, ohne entsprechende Taten folgen zu lassen. Ob Deutsche Orchestervereinigung, die Genossenschaft deutscher Bühnenangehöriger oder die Vereinigung deutscher Opernchöre und Bühnentänzer – sie alle agieren hartnäckig, aber auch sensibel, sind in ihrer jeweiligen Sparte hochkompetent und professionell.

Dies hat zur Folge, dass der Deutsche Bühnenverein als wohl wichtigster Arbeitgeber-Vertreter – in seinem Segment sicherlich scharf und detailliert kalkulierend  – oft einig in der „Sache“, nämlich der Stärkung unseres gewachsenen Kulturbetriebes, durchaus Schulter an Schulter mit den Arbeitnehmer-Vertretern gegen den Raubbau an unserer Kulturlandschaft vorgeht. Es wäre ein weiterer Schritt zur Musen-Hinrichtung hierzulande, wenn aus materialistischen, populistischen Gründen solche vernünftigen, kooperativen Netzwerke mit der Garotte gedankenlosen Kapitals erwürgt würden.
 

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