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Eine Collage von Screenshots von Social-Media-Posts. Eine Person teilt Fotos vom Adele-Konzert, die mit professioneller Kamera geschossen wurden. Die Kommentarspalte ist voll von Unverständnis, wie derjenige die Profi-Kamera an den Sicherheitsleuten vorbeigebracht hat.

Ein Fan kam Adele mit Profikamera sehr nah, obwohl Fotografen eigentlich ausgesperrt waren. (Screenshot-Collage)

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Adele-Gigantomanie: „Die Eventisierung ist gefährlich“

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Mega-Umsätze, ein Wirtschaftsreferent auf Franz-Josef Strauß’ Spuren, Musik eher sekundär
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Die blanken Zahlen lassen bei den Adele-Konzerten in München respektvoll den Mund nicht mehr schließen. Gigantomanie und Respekt treffen sich! Nicht selten liegt der Break-Even, also der Punkt, ab dem die Kosten einer Großproduktion gedeckt sind, bei 95 oder 97 Prozent. Als bei Adele der Veranstalterkrösus Live Nation schon im Februar 2024 verkündete, für die 800.000 Tickets gäbe es 2,2 Millionen Anfragen, tat das so mancher Brancheninsider als üblichen PR-Luftballon ab. Aus welchen Gründen es dann final nur 740.000 als nominelle Besucherkapazität wurden, sei dahingestellt. Tickets gibt es für die zweite Hälfte der Shows bei Redaktionsschluss noch immer. Der schnuckelige „Lucky-DIP“ genannte PR-Preis von 35 Euro hat viele Fans verärgert. Das ist aber auch sekundär, denn das nennt sich Kapitalismus. Gier und Nachfrage bestimmen den Preis. 

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Und damit wären wir beim eigentlichen Problem, der „Eventisierung des Produktes“. So nennt es Klaus Bönisch, eine der Größen im deutschen Konzertbetrieb und lange an der Seite von Marcel Avram, der wiederum Partner von Marek Lieberberg war, womit sich der Kreis zum Adele-Veranstalter wieder schließt. „Events nehmen viel Geld aus dem Markt“, so Bönisch gegenüber der nmz. Die Bereitschaft, Tickets zu kaufen, sei riesig, so der Impresario, das habe der Sommer 2024 bewiesen. „Das Herz ist die Musik“, so Bönisch und warnt: „Es geht um Musik und nicht um den Event“. Denn der Newcomerbereich blutet aus. Die Fans können ihr Geld nicht zweimal ausgeben. Der Monopolisierung ist das egal, Fangeldbeutel werden abgesaugt so lange es geht.

Bei Adele-Konzerten ist die „Adele-World“ für angeblich 14.000 Besucher im Zeitraum von 15 bis 24 Uhr geöffnet. Wer je mit Kindern in Freizeitparks war, weiß wie das die Kreditkarte strapaziert. Bei Fans nicht anders! Merchandisestände, Biergärten, Adeles nachgebautes Lieblingspub und und und … Wer dann nach Stunden auf seinen Konzertsitz geht, hat Geld dagelassen. Viel Geld! Ein nicht beteiligter Produktionsleiter, der mit Stars auf allen Kontinenten unterwegs ist, sagt, dass die Besucher trotz teurer Tickets nur 20 Prozent für besagtes Ticket, aber weitere 80 Prozent für Anreise, Übernachtung, Merchandise et cetera ausgäbe. Und da ist man noch nicht im Areal der 1.000 Adele-VIP-Tickets!

Das Referat für Arbeit und Wirtschaft nennt kalkulierte Zahlen als Nutzen für München und das Umland: „750.000 Konzertbesucher bringen einen berechneten touristisch bedingten Umsatz von 528,4 Millionen Euro. 327,1 Millionen entfallen davon auf das Gastgewerbe, 114,6 Millionen auf den Einzelhandel und 85,7 Millionen auf den Bereich Dienstleistungen.“ Münchens Wirtschaftsreferent und designierter Oberbürgermeisterkandidat Clemens Baumgärtner schwärmt von diesen Umsätzen, die sein Freund Klaus Leutgeb der Stadt bringe. In der Pressekonferenz am 16. Juli 2024 feixt Baumgärtner seinem sichtbar Bestbuddy zu, er freue sich schon auf zukünftige Events und seine Aura offenbart dabei eine Grundgestik des bauernschlauen Franz-Josef Strauß. Diesen Eindruck bestätigt auch TV-Kabarettist und Strauß-Imitator Helmut Schleich auf Nachfrage: „Er könnte ein später Sohn von Strauß sein. Hab’s mir neulich gedacht, als ich ihn auf einem Fest zu vorgerückter Stunde mit Zigarre und umringt von Bewunderern habe sitzen sehen.“ Eine FJS-Parodie sei aber „zum jetzigen Zeitpunkt noch zu viel der Ehre“ für Baumgärtner, so Schleich.

Aber „a Hund is er scho“, wie der Bayer sagen würde. Und Klaus Leutgeb hat das offenbar erkannt und für Live Nation nutzen gelernt. Denn der oben erwähnte Produktionsleiter erzählt, dass es in der Branche ein offenes Geheimnis sei, dass Leutgeb für das Münchner Messegelände ein fünfjähriges Nutzungsrecht habe. Ein Führungsmitglied vom Verband der Münchner Kulturveranstaltenden bestätigt das schriftlich aus dem Urlaub. Die Stadt schweigt – wegen Urlaub. Nach Redaktionsschluss bestätigt die Stadt München dann doch noch den 5-Jahres-Vertrag mit Leutgeb; am 23. Januar 2023 hatte sich sich bei Beantwortung einer Stadtratsanfrage noch um eine Antwort gedrückt und die Messe wie folgt zitiert: „Der Inhalt dieses Vertrages unterliegt einer Geheimhaltungsverpflichtung“. Gegenüber Münchens Kulturveranstaltern war der Wirtschaftsreferent bisher weniger kooperativ, obwohl auch sie unzählige Gäste von außer­halb zu Konzerten nach München lotsen. CSU-Fraktionschef Pretzl wird in den Medien zitiert, dass für Adele „bürokratische Hürden beseitigt“ worden seien. Auf Nachfrage verschanzt sich die CSU hinter dem Argument von „nichtöffentlichen Gesprächen“. Behördentransparenz? Ähnliche Kooperationsbereitschaft auch bei Münchner Kulturveranstaltern? 

Baumgärtner selbst rühmt sich seiner Kulturarbeit. Die glänzende Rüstung hat aber Dellen, denn München setzt trotz der genannten Mehreinnahmen aus den Großkonzerten – und dazu zählen auch zahlreiche Megaveranstaltungen im Olympiastadion – in der breiten Kulturförderung aktuell eine millionenschwere Rotstiftpolitik rigoros durch. Also nix da von wegen „Umwegrentabilität“? Die anteilige Refundierung von Kultureinnahmen in die Kulturarbeit ihrer Stadt ist für Baumgärtner und andere Verantwortliche bislang keine Anstrengung wert?

Das Pop-Up-Stadion für Adele wurde nach Veranstalterangaben für über 100 Millionen Euro aus dem Boden gestampft. Die Besucher refinanzieren das alles! Die bislang größte Videoleinwand, eine Bühne mit 93 Meter langem Catwalk, 75.000 Quadratmeter Bodenfläche wurden geteert, damit Besucher keine Kieselsteine auf Adele werfen können… Laut externen Insidern sollen Gerüstteile bis aus Asien eingeflogen worden sein, weil wegen der Fußball-EM Mangel herrschte. Angefragte Produktionsbeteiligte antworteten schriftlich: „Ich musste für die Dauer der Produktion einen Verschwiegenheitsvertrag unterschreiben, daher keine Informationen.“ Selbst einem alten Hasen wie Klaus Bönisch ist so ein Maulkorb neu. Ob der Grund nur ein auf dem Messegelände extra gegrabener „Bunker“ für eine Überraschung von Adele war? Und nachhaltig geht auch anders! Über die Hälfte der Fans kommt vielfach per Flugzeug aus dem Ausland und von anderen Kontinenten.

Aber es gibt noch andere Stimmen, die Fragen aufwerfen. Wenn hier 100 Millionen Euro von Konzertbesuchern refinanziert werden, warum gelingt das dann nicht auch bei den „Elefanten der Hochkultur“? Bevor jetzt bei vielen die Halsadern anschwellen: das sagen mit gewisser Logik auch jene unterhalb des Mega-Kulturbetriebes, die von der Politik gar nicht unterstützt oder auf Almosen-Vergleichslevel klein gehalten werden – egal ob in der Popkultur, bei freien Theatern oder sonstiger Breitenkultur. Vielleicht, weil sich Politikerinnen und Politiker nicht mit ihnen sonnen können? Die Diskussion fängt gerade erst an! 

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