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Alphörner: Altes Kulturgut oder moderner Kitsch?

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Alphörner: Altes Kulturgut oder moderner Kitsch?

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Kaum ein Instrument steht so sehr für die Allgäuer Bergregion wie das Alphorn. Doch was hat es damit auf sich und wo kommt es her? Eine Spurensuche bei Handwerkern, Wissenschaftlern und Musikern.

Allgäu - Schroffe Gipfel, blaue Bergseen und der Klang von Alphörnern, der den Sonnenuntergang untermalt - das ist das Bild, von dem viele Menschen träumen, wenn sie an das Allgäu denken. Auch in der Realität ist es nicht schwer zu finden - etwa bei einem Abendspaziergang am Alpsee in Schwangau zu Füßen des Märchenschlosses Neuschwanstein.

«Das Horn als Signalgerät ist in zahlreichen Hirtenkulturen im Alpenraum schon lange bekannt», sagt Evi Heigl. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Beratungsstelle für Volksmusik in Schwaben ist sie Expertin. Die ersten Belege stammten aus der Zeit um 1500. «Die Rindenhörner oder Holztrompeten dienten damals der Verständigung. Mit ihnen kommunizierte ein Hirte auf einer Alpe mit einem anderen, mit den Bauern im Tal oder rief die Jungrinder herbei.»

Ursprünglich kamen Alphörner aus der Schweiz

Mit der heutigen Verwendung als Musikinstrument und dem modernen Alphorn habe das aber nichts zu tun gehabt. «Diese Entwicklung ist der künstlichen Einführung einer regionalen Besonderheit zu verdanken», erklärt Heigl. Aus dem Jahr 1805 existieren laut der Fachfrau die ersten Belege, dass Alphörner in der Schweiz für musikalische Zwecke vor Publikum gespielt wurden. Mit Beginn des Alpentourismus im 19. Jahrhundert seien einige wenige der Instrumente auch ins Allgäu gelangt.

Erst im Jahr 1958 habe der Heimatbund Allgäu den späteren Volksmusikpfleger Michael Bredl damit beauftragt, das Alphorn als Musikinstrument zu etablieren. Nachdem dieser zunächst Alphörner aus der Schweiz importierte und das erste Hindelanger Alphorntrio gründete, begannen die ersten Einheimischen mit dem Bau der imposanten Hörner, die zu den Blechblasinstrumenten zählen, obwohl sie aus Holz gefertigt werden.

Alphornbau als Freizeitbeschäftigung

Thomas Rupp aus Seeg baut bis heute Alphörner. Größtenteils von Hand fertigt er in seiner Freizeit die meist über drei Meter langen Instrumente, deren Klang Urlauber und Einheimische fasziniert, und drechselt die passenden Mundstücke. Rund 65 Stunden investiert er in ein einziges Instrument, das aus 16 Bauteilen besteht. «Die beliebtesten Hölzer sind natürlich Fichte und Tanne - beliebte Klanghölzer», sagt der begeisterte Musiker.

Die maschinelle Fertigung der Hörner lehnt er zwar nicht rundheraus ab. Er selbst baut sie dennoch lieber anders. Sein Geheimnis: das händische Ausschnitzen der Hörner nach dem Einsatz einer Fräse. «Außerdem ist es für den Klang besser, wenn die außen geölten Hörner innen lackiert sind», erklärt der 59-jährige Allgäuer.

1988 baute der Schreiner und Berufsschullehrer sein erstes Alphorn und feilt seitdem an der Optimierung der Instrumente. Fasziniert haben den Trompeter von Beginn an die Größe und der Klang der Alphörner.

Traditionsinstrument eignet sich auch für moderne Musik

Der Klang wiederum hängt hauptsächlich vom Musiker ab, wie Uli Haider, Hornist der Münchener Philharmoniker und passionierter Alphornspieler, weiß. «Eigentlich spielt man mit dem Alphorn die Naturtonreihe - ursprünglicher geht es nicht», erklärt er. Sein besonderes musikalisches Können erlaubt es Haider aber im Gegensatz zu vielen anderen, auszubrechen und dem Instrument höhere Töne als üblich zu entlocken.

Mit einem anderen Musiker nahm er die moderne Interpretation des Alphorns auch auf CD auf. Die Stücke dazu schrieb sein Bruder, ein Komponist. «Das mag ungewohnt, aber nicht unangenehm klingen», erklärt Haider. In Konzerten wechselt er gern zwischen traditionellen Liedern, die aus der Schweiz stammen, und modernen Stücken.

Ebenso ambivalent wie die Stücke in den Konzerten ist unter dem Strich also auch das Horn an sich. Bei einem Punkt sind sich aber alle drei Experten einig: Egal, wie alt das Alphorn ist, wie es gebaut wird oder in welcher Tonlage es erklingt - aus dem Alpenraum ist es heute nicht mehr wegzudenken.

 

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