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Bowie, Prince, Cohen: Nachlass hält Pop-Ikonen für Fans am Leben. Foto: Cover Leonard Cohen
Bowie, Prince, Cohen: Nachlass hält Pop-Ikonen für Fans am Leben. Foto: Cover Leonard Cohen
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Bowie, Prince, Cohen: Nachlass hält Pop-Ikonen für Fans am Leben

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Berlin - Ein Horrorjahr für den Pop: 2016 starben Bowie, Prince und Cohen. Seither kommen Nachlass-Alben auf den Markt. Geht es dabei um ernsthafte Würdigungen und neue Einblicke - oder letztlich nur um Beutelschneiderei? Eine Zwischenbilanz aus aktuellem Anlass.

Es begann am 10. Januar 2016 mit dem Krebstod des britischen Pop-Magiers David Bowie (69) in New York. Am 21. April starb US-Superstar Prince (57) in seinem Paisley-Park-Studio bei Minneapolis an einer Schmerzmittel-Überdosis. Am 7. November endete das Leben des großen kanadischen Folk-Poeten Leonard Cohen (82) in Los Angeles nach einer Leukämie-Erkrankung.

2016: Das Schreckensjahr des Pop - denn gefühlt nie zuvor waren so viele schockierende Verluste legendärer Musiker zu beklagen. Seitdem sind Nachlasspfleger und Plattenfirmen emsig dabei, ikonische oder auch bislang unbekannte Werke posthum auf den Markt zu bringen. Eine Zwischenbilanz aus aktuellem Anlass: die Wiederveröffentlichung des bahnbrechenden Prince-Albums «1999» am Freitag (29.11.) und Altes/Neues von Bowie und Cohen, ebenfalls im Trauermonat November.

DAVID BOWIE: Wer alles haben will, braucht sehr viel Geld

Dass Bowie bis zum eigenen Tod ein Experte für Selbstinszenierung war, zeigte er auf seinem letzten Meisterwerk zu Lebzeiten, dem mit Endzeitstimmung aufgeladenen «Blackstar». Das erste posthum nachgelieferte Minialbum «No Plan» enthielt drei weitere Tracks aus diesen Sessions. Laut Fachblatt «Musikexpress» gilt als verbürgt, «dass Bowie bis kurz vor seinem Tod an weiteren Songs arbeitete, fünf davon sollen sogar als Demos vorliegen». Die letzten Lieder des sterbenskranken Sängers könnten also auch noch auf den Markt kommen.

Aber schon bisher mussten Fans nicht unter Entzug leiden. Bowie-Experte Stephan Rehm Rozanes hat ausgerechnet, dass seit Januar 2016 mehr als 40 Tonträger des Jahrhundert-Popmusikers erschienen sind: teure CD-Boxsets, Vinylsingle-Sammlungen sowie (kaum weiterführende) Wiederveröffentlichungen bereits bekannter Alben.

Der diesjährige Coup des Labels Warner, das den Großteil der Rechte am Bowie-Katalog besitzt: Es nutzte den 50. Jahrestag seines Durchbruch-Songs «Space Oddity», um dessen Bedeutung mit einer Fülle von Angeboten herauszustreichen (das Mondlandungs-Jubiläum im Sommer schadete dabei nicht). So erschienen drei kleinere Vinyl-Editionen - und Mitte November «Conversation Piece»: eine 5-CD-Box mit laut Mitteilung «zwölf exklusiven, bisher unveröffentlichten Tracks» plus Buch. «Space Oddity» sollte damit nun hinreichend gewürdigt sein.

Wirklich essenziell nicht nur für beinharte Fans sind drei wohl noch von Bowie selbst geplante, posthume Werkschauen zu wichtigen Phasen seiner Karriere: «Who Can I Be Now (1974-1976)» schildert vielfältig die US-Soul-Begeisterung des Musikers, «A New Carreer In A New Town (1977-1982)» Bowies berühmte «Berliner Jahre» und die Zeit danach, «Loving The Alien (1983-1988)» seine Weltstar-Phase mit vielen Pophits. Da lohnt sich das viele Geld.

PRINCE: Die posthume Auswertung steht erst am Anfang

Nach Testamentsstreitereien kam die Sichtung seines prall gefüllten «Tresors» nur langsam in Gang. Jetzt kümmert sich The Prince Estate darum, und das offenkundig seriös. Nach der Wiederveröffentlichung des Meisterwerks «Purple Rain» von 1984 auf Dreifach-CD/Live-DVD (2017) wurde nun «1999» einer noch ausufernderen Nachbehandlung unterzogen.

Das erstmals 1982 erschienene Doppelalbum markierte den Durchbruch des Supertalents Prince als Crossover-Künstler zwischen Soul und Elektro-Funk, Pop und Rock, Gospel und Jazz. Die üppige Neuauflage (VÖ: 29.11.) soll 35 unveröffentlichte Tracks enthalten. Eine «Super Deluxe Edition» wurde auf 65 Stücke plus Audio- und Videomitschnitte zur Tournee 1982 aufgepumpt. Zeitaufwendig, aber auch ergiebig ist diese Reise in die Frühphase einer phänomenalen Karriere allemal.

Das erste nach seinem Tod offiziell veröffentlichte Prince-Album war vor gut einem Jahr «Piano & A Microphone 1983», ein beeindruckendes Zeugnis von Gesangs- und Improvisationskunst des Jung-Genies in intimer Studioatmosphäre. Hätte er selbst das gewollt? Diese Frage wird sich noch bei einigen posthumen Prince-Alben stellen. «Es gibt nicht viel, was die Leute von mir kennen sollten - außer meine Musik», sagte der privat sehr scheue Künstler. Man kann, muss das aber nicht als Freibrief für die Präsentation seines Erbes verstehen.

Als in diesem Juni «Originals» herauskam (15 Songs, die Prince für andere Künstler komponiert oder an befreundete Musiker verschenkt, aber irgendwann auch selbst als Demos aufgenommen hatte), äußerte sich Nachlass-Kurator Michael Howe ausführlich bei «Spiegel Online»: «Die Menge an Musik, die Prince produziert und dann verworfen hat, ist gewaltig. Hier lagert noch Arbeit für viele Jahre.» Das letzte Wort habe die Erbengemeinschaft. «Dann wird darüber debattiert, ob Prince glücklich mit dem Projekt wäre.»

Es gehe hier nicht um schnöde Geldmacherei, sondern um die sorgfältige Aufarbeitung eines enormen künstlerischen Werks. Howe fügte hinzu: «Nicht alles, was in diesem Archiv lagert, sollte auch zwangsläufig veröffentlicht werden, wenn es nach mir ginge.» Das Ganze sei «auch rechtlich nicht so einfach, weil verschiedene Plattenfirmen und Musiker beteiligt sind. Für die nächsten 18 Monate haben wir immerhin konkrete Pläne, was kommen wird.»

LEONARD COHEN: Ein «weicheres Goodbye» als Geschenk des Sohnes

Unproblematisch, weil schmal, scheint der musikalische Nachlass dieses neben Bob Dylan größten Dichters der Popmusik zu sein. Nach Cohens Abschiedsalbum zu Lebzeiten («You Want It Darker») nahm sich sein Sohn in aller Ruhe der verbliebenen Songskizzen des toten Vaters an. «Es war eine sehr emotionale Reise», so der 47-jährige Adam Cohen. Das mit angemessen ehrfürchtigen Musikern eingespielte Album «Thanks For The Dance» ist nun die schönste denkbare Würdigung.

Die Ende November auf schwarz umhüllter CD und Vinylplatte erschienenen Lieder haben rein gar nichts mit Fan-Abzocke oder Leichenfledderei zu tun. Die Platte kam ja auch auf Wunsch des schon schwerkranken Leonard Cohen heraus - als «weicheres Goodbye», wie sein Sohn sagt. Die Frage, ob es noch mehr Restmaterial für Veröffentlichungen gebe, verneint Adam Cohen.

Demnach wäre - Stand heute - das letzte Kapitel zu dem Mann mit der Grabesstimme geschrieben. Falls nicht irgendwann im Business die Verlockung doch zu groß wird, mit der Marke Leonard Cohen nach dessen Tod weiterhin Geld zu verdienen. Cohen, Bowie und Prince wären nicht die ersten Großkünstler, bei denen Geschäftstüchtigkeit (oder auch Geldgier) und Fan-Liebe noch über viele Jahre Hand in Hand gehen.

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