Musiklabels machen gutes Geld mit digitalen Musikverkäufen. Inwiefern profitieren auch Musikerinnen und Musiker davon? Die Musikindustrie stellt eine Studie vor.
Berlin - Gestiegene Einnahmen von Musiklabels haben in den vergangenen Jahren auch zu mehr Zahlungen an Künstlerinnen und Künstler geführt. Das ergab eine Studie, die vom Bundesverband der Musikindustrie (BVMI) in Auftrag gegeben und am Mittwoch veröffentlicht worden ist. Der BVMI ist der Branchenverband der Musikindustrie mit Sitz in Berlin und vertritt die Interessen der großen und vielen kleinen Musiklabels und deckt rund 70 Prozent des Marktanteils in Deutschland ab.
Demnach zahlten Musiklabels 43 Prozent ihrer Einnahmen im Jahr 2022 an Musikerinnen und Musiker. Diese Zahlungen teilten sich in Vorschüsse und Lizenzzahlungen auf, wobei die geleisteten Vorschüsse den größten Anteil ausmachten. Bei Vorschüssen handle es sich um feste Zahlungen an die Musikschaffenden, um kreative Kosten für die Musikproduktion zu decken.
Lizenzzahlungen gab es erst «on top» - also erst dann, wenn die Vorschüsse mit den Einnahmen verrechnet wurden. Lizenzzahlungen sind anteilige Zahlungen, die aus dem Verkauf oder der Verwertung von Musik generiert wurden. Zum Vergleich: Im Jahr 2010 zahlten die Musikfirmen den Angaben nach nur 21 Prozent ihrer Einnahmen an Künstlerinnen und Künstler.
Die erfolgsunabhängig gezahlten Vorschüsse zeigten, dass Musikfirmen ein großes unternehmerisches Risiko trügen, sagte der Vorstandsvorsitzende des BVMI, Florian Drücke, laut Mitteilung. «Wir leisten mit der Studie einen Beitrag dazu, dass die Perspektive unserer Mitglieder und damit die unternehmerische Dimension in die Debatte um Verteilungsgerechtigkeit und sich verändernde Abrechnungsmodelle einbezogen wird, auch, um die Grundlage für den aktuellen Austausch zu diesem Thema weiter zu versachlichen.»
Seit Jahren gibt es eine Diskussion um die faire Entlohnung von Künstlerinnen und Künstlern. In der Studie wird nicht dargelegt, wie sich die Zahlungen auf bekannte und eher unbekannte Künstlerinnen und Künstler verteilen - wer also anteilig mehr oder weniger profitiert. Das hänge auch von individuellen Verträgen ab, die die Künstlerinnen und Künstler mit den Plattenfirmen vereinbarten, hieß es vorab zur Vorstellung der Studie.
Der Marketingwissenschaftler Michel Clement von der Universität Hamburg, der sich in der Vergangenheit bereits mit dem Thema befasst hat, zeigt sich erfreut darüber, dass die Studie Zahlungen an Künstlerinnen und Künstler untersucht hat. Die Datenbasis sei etabliert und dadurch aussagekräftig, weil ein Großteil der Musikindustrie abgebildet werde. Kritik an der Branchenstudie äußerte Clement auch. «Die Studie berücksichtigt die Inflationsraten nicht, da dies auch Einfluss auf die Höhe der absoluten Gesamtinvestitionen hat.»
Zudem seien die Zahlungen an Künstlerinnen und Künstler laut Clement auch gestiegen, weil es Preisanpassungen im enorm wichtigen Streaming-Markt und durch den Anstieg der Streaming-Umsätze insgesamt mehr Geld im Topf gegeben habe.
Insgesamt brachte der Verkauf sowohl von digitaler Musik und von Tonträgern im Jahr 2023 einen Umsatz von rund 2,21 Milliarden Euro in Deutschland ein, wie der BVMI am Mittwoch mitteilte. Der Verkauf digitaler Musik etwa aus Streaming und Downloads machte dabei mit 81,5 Prozent den größten Teil aus mit einem Umsatz von etwa 1,78 Milliarden. Von allen digitalen Verkäufen machte Streaming 74,8 Prozent aus.
Die Digitalisierung der Musikindustrie zeigt nach Angaben des Wissenschaftlers Clement auch in dieser Studie, dass durch Kosteneffizienzen im digitalen Vertrieb und auch im Marketing sowohl die Labels als auch die Kunstschaffenden profitierten.
Die Studie erstellte das weltweit agierende Beratungsunternehmen Oxford Economics. Die auszuwertenden Daten wurden vom BVMI bereitgestellt.