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«Geige von Buchenwald» erklingt wieder - erstes Konzert in Erfurt. Foto: Hufner
Dresdner Sinfoniker feiern 20. Geburtstag bei Jazztagen. Foto: Hufner
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Casting für Musikinstrumente - Hersteller wetteifern um Bundespreis

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Klingental - Seit mehr als 30 Jahren werden vom Bund besonders qualitätsvolle Musikinstrumente «Made in Germany» prämiert. Für den ausgeklügelten Qualitätscheck ist ein kleines Institut im Vogtland zuständig.

Wenn Holger Schiema und Christoph Gilbert mit ihren Messinstrumenten eine Geige, Gitarre oder Trompete unter die Lupe nehmen, dann geht es ans Eingemachte. Ihre Mission ist der gute, wahre Klang, ihr Labor ein reflexionsarmer Raum, dessen Wände mit Mineralstoffkeilen ausstaffiert sind. Hier im Klingenthaler Ortsteil Zwota können sie kleinste akustische Schwachstellen von Instrumenten aufspüren. Die offenbaren sich in bunten Kurven auf einem Bildschirm. Die Expertise aus dem Vogtland ist nicht nur beim Deutschen Musikinstrumentenpreis gefragt, der 2021 in seine 31. Auflage geht.

Dazu wurden in den vergangenen Wochen und Monaten zwölf Tenorposaunen mit Quartventil und zehn E-Gitarren einem ausgeklügelten Testmarathon unterzogen. «Wir klammern bei unserer Untersuchung den Raumeindruck aus, der je nach Örtlichkeit verschieden ist», erklärt Schiema die Besonderheit des akustischen Tests. In der Mitte des Raumes haben die Forscher eine E-Gitarre in eine Halterung drapiert. Mit dem Apparat werden die Bünde angeschwungen und die Messungen vorgenommen. So können die Wissenschaftler etwa herausfinden, wie viel Energie der Saiten durch Schwingungen des Instruments verloren geht, und sogenannte Dead Spots aufspüren. «Das sind Töne, die nicht klingen oder sehr schnell ausschwingen», erläutert Gilbert.

In Deutschland hat der Musikinstrumentenbau eine lange Tradition und ist von einer großen Vielfalt geprägt. «Während in den letzten zehn Jahren die Umsätze rund ein Viertel zugenommen haben, ist seitdem die Zahl der Unternehmen um rund zehn Prozent gestiegen», informiert der Vorsitzende des Branchenverbandes Gerhard Meinl. So gebe es eine Vielzahl kleiner Innungsbetriebe vom Geigen- bis zum Klavierbauer sowie Firmen, die Zubehör - beispielsweise Mundstücke - herstellen. Der Umsatz habe zuletzt um die 700 Millionen Euro im Jahr gelegen.

Für die Branche hat der Musikinstrumentenpreis des Bundes eine große Bedeutung. Zwar ist damit kein Preisgeld verbunden, und es gebe auch andere Auszeichnungen. Aber der Teilnehmer erhalte eine objektive Beurteilung seines Produkts, betont Meinl. «Man wird dadurch bekannt», berichtet Steffen Friedel. Der Dresdner Geigenbauer hatte 2018 mit einer Bratsche den Preis gewonnen. Diese Aufmerksamkeit und Anerkennung schlage sich auch in anderen Bereichen nieder - etwa bei Aufträgen zur Reparatur von Instrumenten, berichtet er.

Der Testmarathon am Institut in Zwota besteht aus drei Teilen. Neben der akustischen Analyse von Schiema und Gilbert beurteilen Sachverständige die handwerkliche Verarbeitung. In einem dritten Teil kommen Profimusiker zum Zug: Dabei geht es um den Klang und die Spielbarkeit der einzelnen Instrumente. Damit sich im Testergebnis keine Vorlieben für bestimmte Fabrikate niederschlagen, werden zuvor äußere Hinweise auf den Hersteller entfernt und der subjektive Test der Musiker wird in einem abgedunkelten Raum durchgeführt.

Die Forscher im Vogtland können bei ihrer Arbeit auf lange Erfahrung zurückblicken. 1951 wurde das Institut für Musikinstrumentenbau (IfM) gegründet und hat dieses Jahr sein 70. Jubiläum. Inzwischen ist es ein An-Institut der Technischen Universität Dresden und gehört zur Zuse-Forschungsgemeinschaft - einem Verbund von 77 Instituten in Deutschland, die sich dem Transfer von Wissen und Know-how zwischen Wissenschaft und Wirtschaft verschrieben haben. Mit seinem Fokus auf Kultur und Technik habe das IfM in dem Verbund ein Alleinstellungsmerkmal, betont Zuse-Geschäftsführer Klaus Jansen.

Die Instrumentengruppen, die in Zwota für den Bundeswettbewerb dem Qualitätscheck unterzogen werden, wechseln jährlich. So hatten die Forscher auch schon weniger alltägliche Stücke in den Händen wie Zither oder Renaissance-Laute. Die jeweiligen Instrumente werden vom Kuratorium des Preises festgelegt. «Wir brauchen mindestens fünf Anmeldungen», erklärt Gilbert. Sehr große Instrumente, wie Klavier und Schlagzeug, wurden bisher noch nicht ausgeschrieben, da sie im Testprozedere schwierig zu handhaben sind. Bei anderen wie dem Saxofon gibt es laut Schiema zu wenig Hersteller in Deutschland.

Welche Instrumentenbauer sich dieses Jahr mit dem Gütesiegel schmücken dürfen, darüber entscheidet ein Kuratorium auf Empfehlung eines Preisrichterausschusses, welcher die Ergebnisse der Gutachten aus dem Vogtland gewichtet. Die Gewinner sollen im April öffentlich bekanntgegeben werden.