Um den geheimnisvollen Klang der Stradivari-Geige ranken sich viele Mythen. Ist es das Holz oder die Vulkanasche in der Politur? Das Ashmolean Museum in Oxford zeigt in einer Ausstellung noch bis zum 11. August eine Auswahl der berühmtesten Geigen der Welt.
Oxford - Aus den Glasvitrinen im Ashmolean-Museum in Oxford erklingen die unverkennbar klaren Töne von Stradivari-Geigen. Per Knopfdruck auf den Video-Begleiter erwacht die «Baron Knoop» (1698) zum spanischen Tanz von De Falla, die «Serdet» spielt Schubert und ein Violinenkonzert von Mozart ertönt aus einer Viola. Insgesamt 21 der wertvollen Instrumente, darunter auch Cellos, eine Viola, eine Gitarre und eine Mandoline, hat Museumskurator Jon Whiteley zusammengeführt. «Es gibt kein Geheimnis um die Stradivari», sagt er.
Für den Experten sind Spekulationen um Holz und Politur Unsinn. Der italienische Geigenbauer Antonio Stradivari (1644-1737) habe dasselbe Tiroler Holz benutzt wie alle anderen Geigenbauer, und auch die Elemente der Öl-Politur waren gleich. «Allerdings hat er die Mischung ständig verändert,» fügt der Kurator mit einem Augenzwinkern hinzu. Die Qualität und Funktion einer Stradivari bleibe unübertroffen - obwohl, oder gerade weil, sich die Geige «von allen Instrumenten am wenigsten verändert hat», sagte Whiteley.
Die Ausstellung in der alten Universitätsstadt Oxford führt den Besucher zunächst in die «Werkstatt» von Stradivari im italienischen Cremona. Aus dem dortigen Museum wurden Meißel, Sägen, Hobel und Zirkel entliehen, die der legendäre Geigenbauer nutzte. Stradivari markierte die Baudetails seiner Instrumente mit dem Kompass und fertigte zuvor exakte Schnittmuster aus Papier an. «In dieser Hinsicht blieb er unübertroffen», sagt Whiteley.
Unter den 21 Objekten der Ausstellung gilt Stradivaris «Messias» von 1716 als das Prunkstück. Stradivari hatte die rund 60 Zentimeter lange Geige nie verkauft. «Er konnte sich nicht von ihr trennen, sie blieb bis zu seinem Tod in der Werkstatt», erklärt Whiteley. Das Ergebnis ist, dass die «Messias» in «unverdorbenem Zustand» sei, weil sie, anders als die etwa 600 noch existierenden Stradivaris, fast nie gespielt wurde. Der deutsche Dirigent Eugen Jochum lobte einmal den «unübertroffenen süßen Klang» der «Messias.»
Ebenfalls zu sehen ist die «Lady Blunt», eine Violine aus dem Jahre 1721. Sie war vor zwei Jahren in London für rund 12 Millionen Euro versteigert worden. Auch sind die «Kreisler»-Geige, die «Cipriani Potter» und «La Pucelle» zu sehen. Nach Angaben des Ashmolean-Museums stammen die meisten der ausgestellten Objekte aus Museen und Sammlungen. Einige wurden von berühmten Geigern beigesteuert, denen die teuren Instrumente als Leihgaben zur Verfügung gestellt wurden. In der Ausstellung, so Whiteley, seien aber die Geigen die «Stars der Show».
Die Ausstellung wird bis zum 11. August gezeigt. Das Ashmolean in Oxford ist nach seiner Erweiterung und Renovierung vor vier Jahren mit jährlich rund einer Million Besuchern das größte britische Museum außerhalb Londons.
Anna Tomforde