Als Bill Drummond und Jimmy Cauty (a.k.a. The KLF) 1988 „Das Handbuch. Der schnelle Weg zum Nr. 1 Hit“ veröffentlichten, behaupteten sie, keines dieser schwachsinnigen amerikanischen Du-schaffst-es-wenn-du-es-willst Selbsthilfebücher nachahmen zu wollen. Aus diesem Vorsatz wurde das wahrscheinlich reinste, rarste und zynischste Selbstmanagementbuch, das je über Musik geschrieben wurde.
Als Bill Drummond und Jimmy Cauty (a.k.a. The KLF) 1988 „Das Handbuch. Der schnelle Weg zum Nr. 1 Hit“ veröffentlichten, behaupteten sie, keines dieser schwachsinnigen amerikanischen Du-schaffst-es-wenn-du-es-willst Selbsthilfebücher nachahmen zu wollen. Aus diesem Vorsatz wurde das wahrscheinlich reinste, rarste und zynischste Selbstmanagementbuch, das je über Musik geschrieben wurde. Dramatischer als die beiden Acidheads von The KLF, die alle für einen Künstler zentralen Themen wie Zeitmanagemen, Netz- werkaufbau, Rechtssicherheit, Finanzierung und Corporate Identity in einem 5-Wochen-Programm zum Gipfel der Charts auf den Punkt bringen, kann ich das Thema nicht zuspitzen. Das vorliegende Dossier wendet sich vielmehr Fragen zu, die Musiker, Künstler und selbstständige Musikpädagogen in meinen Seminaren und Schulungen stellen. Fragen, in deren Mittelpunkt immer das Bedürfnis steht, das eigene Standing im Musikbusiness schnell und nachhaltig zu verbessern, den individuellen Weg endlich zu finden und ein selbstsicheres Gefühl bei der Karriereplanung zu entwickeln.Ernüchternde Erträge
Vierzig Prozent aller in musikrelevanten Berufen tätigen Menschen arbeiten als Selbstständige. Das ist enorm viel mehr als in nahezu allen anderen Berufszweigen. Die Professionellen unter den Musikschaffenden – Rechnungen schwanken zwischen einer Gesamtzahl von 30.000 und 150.000 –, aber auch die Amateure und Laien (geschätzte 500.000 bis 800.000 Menschen) teilen sich ein hart umkämpftes Geschäftsfeld, dessen Erträge nur an der Spitze üppig und in allen anderen Bereichen ernüchternd gering sind. Abnehmende Subventionen und Stagnation auf den Tonträgermärkten verschärfen den Wettbewerbsdruck und damit die Anforderungen an den Einzelnen. Leider trifft es viele Musikwirtschaftende unvorbereitet, was zu Angst und Hilflosigkeit gegenüber den eigenen Lebensumständen führt.
Es reicht schon lange nicht mehr, ein ausgezeichneter Musiker, Musiklehrer oder Instrumentenkenner zu sein. Nein, Sie müssen ein perfekt organisiertes Büro führen, mit PC und Internet umgehen können, Sie beschaffen Adressen und Kontakte und verwalten diese auch sorgfältig. Sie pflegen Kontakte zu Rechtsanwälten, Steuerberatern, GEMA-Sachbearbeitern, Label-Besitzern und Versicherungsagenten. Die hohen Künste des Telefonierens und Verhandelns beherrschen Sie im Schlaf, Sie betreiben professionelles Booking, pflegen Ihr Kontaktnetzwerk und erwirtschaften Spitzengagen. Darüber hinaus entwickeln Sie Ihre Corporate Identity und kommunizieren diese in Werbung, Pressearbeit und Verkaufsförderung. Ihre Interviews sind superspannend, Ihre Bühnenshow oder Ihr Geschäft einfach ein Erlebnis und dazu sacken Sie Förderpreise, Stipendien und Wettbewerbsgewinne en gros ein.
Kurz gesagt: Als selbstständiger Musikwirtschaftender repräsentieren Sie die eierlegende Wollmilchsau, wie sich in der Ökonomie kein drastischeres Beispiel finden lässt. Das alles vielleicht nur, weil Sie von Ihrem Onkel eine Künstleragentur oder einen Musikalienhandel erbten. Oder weil Sie sich im zarten Alter von neun Jahren durch die Aufnahmen Billie Holidays, Jimi Hendrix’ oder Amadeus Mozarts zur Musikkarriere hinreißen ließen. Ein kurzer Blick in deren Biografien hätte Sie gewarnt. Zumindest hätten Sie ein Nebenstudium in Betriebswirtschaftslehre begonnen. Womit wir beim Punkt sind: Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, den Traumberuf (im Sinne von erträumt) anzustreben oder zu behaupten, auch wenn sich erhebliche und bedeutende Widerstände quer stellen. Als Laurens Hammond 1934 seine Orgel erfand und mit all den schönen Klangeffekten ausstattete, die uns noch heute Schauer über den Rücken jagen, da wusste er nicht, was er der blutjungen deutschen Pianistin Barbara Dennerlein Anfang der 80er-Jahre für ein Paket auf den Weg gegeben hatte. „Ich konnte u das nie alleine aufbauen, weil das ja ein sehr schweres Instrument ist, und natürlich hatte auch kein Clubbesitzer große Lust, eine Hammondorgel rumzuschleppen“, berichtet Frau Dennerlein über ihre Anfangsjahre. Sie arbeitete sich, wie im Interview nachzulesen ist, ihren Weg bis an die Pole-Position der deutschen Jazz-Charts. Heute hat sie einen Chauffeur, einen Techniker und einen Laptop, auf dem sie ihre Korrespondenz während der langen Autobahnreisen abwickelt.
Networking heißt das Zauberwort zum ganz großen Erfolg von Musikern und Künstlern. Die Karriereberater Jürgen Hesse und Hans Christian Schrader haben in über 100 Buchtiteln Empfehlungen zum Thema Berufstrategie gegeben, insbesondere auch zu Marketing in eigener Sache. „Das Thema Networking hat natürlich einen ganz besonderen Stellenwert. Zwar gilt das für die Arbeitswelt ganz allgemein, aber Musiker haben dafür eine bessere Antenne. Die wissen: Ah, da kenn ich jemand, der kennt jemand...“, berichtet Jürgen Hesse von seinen Erfahrungen. In seinen Seminaren empfiehlt er Selbstständigen ihre Kontakte und Begegnungen zu archivieren, zu pflegen und sich im gegenseitigen Austausch von Leistung zu Nutze zu machen.
Telefon, PC und Internet sind die wichtigsten Mittel, die in Verbindung mit den Soft Skills Kontaktfähigkeit und Hartnäckigkeit zum gewünschten Erfolg verhelfen. Dabei dürfen Sie ruhig die Schulen erfahrener Verkäufer besuchen oder deren Bücher als Hilfsmittel in Anspruch nehmen. Ich empfehle die Lektüre von Umberto Saxers „Bei Anruf Erfolg“, das im Rusch Verlag als musikerfreundliches Hörbuch und im Ueberreuter Verlag als Printausgabe vorliegt. Unter Beachtung der dort gesammelten Gesprächsstrategien wird ihr Booking eine rasche positive Wandlung erfahren, was Ihnen im Umkehrschluss zu einer optimistischeren Sicht ihres Berufes verhelfen kann.PC und Internet sind einerseits wegen der kostengünstigen und schnellen E-Mail-Korrespondenz, andererseits wegen der idealen Möglichkeit zur Recherche und Kontaktverwaltung nicht mehr aus unserem Berufsalltag wegzudenken. Mitarbeiter großer Musikfirmen sind angehalten, ihre Korrespondenz komplett auf elektronische Medien umzustellen. Praktisch jeder relevante Veranstalter oder Dienstleistungsanbieter ist im Netz vertreten. Über Newsletter und Listen lässt sich wirkungsvoll Direktmarketing betreiben, ein Shopsystem sorgt für den Vertrieb der eigenen Produkte.
Frau Dennerlein verwaltet heute mit Handy und Laptop ihr eigenes Schallplattenlabel, ihre Agentur, ihre Internetpräsenz und ihren Fanclub. Für wirkungsvolle PR-Kampagnen nutzt sie ihren Presseverteiler, den sie über Jahre zusammengestellt hat (Networking!). Aber auch Newcomer ohne Kontakte können sich Medienresonanz verschaffen. Die notwendigen Adressen entnehmen Sie dem „Presse und Medienhandbuch Stamm“, das auf über 1.000 Seiten Adressen von Zeitungen und Journalisten in Deutschland listet. Der Vectrum Verlag bietet Sammelbände für Internetadressen, etwa „Kunst & Kultur online“ und „Medienkultur online“. Um Ihren Werbeetat zu berechnen, nehmen Sie den „Etat-Kalkulator“ des Creativ Collection Verlags. Die intelligente Drehscheibe listet alle Werbeformen und deren Kosten von Foto-Honoraren bis Prospektdruck.
Im Endeffekt allerdings steht und fällt der Erfolg von Selbstmanagement mit der inneren Einstellung, so wie Drummond & Cauty es (amerikanischer als ein Amerikaner) formulieren: „Habe keine Angst. Wenn du etwas machen willst, dann mach’s einfach, aber sei bereit, die Konsequenzen zu tragen, auf den Hintern zu fallen. Sitz nicht herum und warte bis dich jemand darum bittet, dir die Erlaubnis erteilt. Geh einfach raus und mach es.“