„Wer ist Meister? Der was ersann. – Wer ist Geselle? Der was kann. – Wer ist Lehrling? Jedermann.“, sagt ein Sprichwort. Beim Leistungswettbewerb des Deutschen Handwerks stellen die besten Gesellen jedes Jahr unter Beweis, was sie während ihrer Ausbildung gelernt haben. Im Musikinstrumenten-Handwerk haben beim Bundeswettbewerb aus acht Gewerken sieben 1. Bundessieger mit ihren Werkstücken überzeugen können.
Eine oder gar zwei linke Hände darf man beim „Leistungswettbewerb des Deutschen Handwerks“ nicht haben. Hier treffen sich alljährlich aus 130 unterschiedlichen Gewerken die besten Gesellen, die im laufenden Jahr ihre Gesellenprüfung abgelegt haben. Wer hier mindestens die Note „Gut“ erreicht hat und nicht älter als 27 Jahre alt ist, darf sich mit den besten Kolleginnen und Kollegen zunächst auf Handwerkskammer-, Landes und schließlich Bundesebene messen. Am Ende werden pro Gewerk bis zu drei Bundessieger gekürt, die unter anderem ein Stipendium für ihre weitere Aus- und Fortbildung erhalten. Mit jährlich etwa 3.000 Teilnehmern ist der Leistungswettbewerb der größte Berufswettbewerb Europas. Nach drei bis dreieinhalb Jahren Lehrzeit stellen die Junggesellen ihr handwerkliches Geschick unter Beweis. Von seiner Gründung im Jahr 1951 an firmierte der Wettbewerb unter den drei Buchstaben „PLW“, was für „Praktischer Leistungswettbewerb der Handwerksjugend“ stand. Heute werden diese Buchstaben – auch angesichts der zunehmenden Abwanderung aus dem Handwerk – fast ein wenig beschwörend gerne mit „Profis leisten was“ aufgelöst.
Im Musikinstrumenten-Handwerk findet der Bundeswettbewerb für sechs Gewerke (Klavierbau, Orgelbau, Holzblasinstrumentenbau, Metallblasinstrumentenbau, Bogenbau, Geigenbau) an der Oscar-Walcker-Schule in Ludwigsburg statt. Der Wettbewerb im Handzuginstrumentenbau und im Zupfinstrumentenbau wird seit wenigen Jahren an der Berufsfachschule Musikinstrumentenbau Klingenthal abgehalten. Diese Trennung des Wettbewerbes hat rein praktische Gründe. Da die Junggesellen im Wettbewerb zum einen eine gewerkspezifische Werkstatt für ihre Arbeit benötigen und zum anderen sachkundige Prüfer vor Ort sein müssen, hat sich diese räumliche Trennung und gleichzeitig die Zusammenarbeit zweier Schulen bewährt. Die Anzahl der Handwerksbetriebe im Musikinstrumenten-Handwerk und auch die Zahl der neuen Auszubildenden wird immer kleiner. Deshalb haben sich die acht Gewerke zu einer gemeinsamen Bundesinnung zusammengeschlossen. Den gemeinsamen Bundeswettbewerb betreut die baden-württembergische Innung. Seit 1992 hat Helga Reiser diese Aufgabe ehrenamtlich übernommen. Ihr Mann ist Orgelbauer und war lange Jahre Obermeister. Am eigenen Leibe haben die beiden erfahren, wie sich das Interesse am Handwerk entwickelt, als sie 2015 ihren Traditionsbetrieb nach 109 Jahren schließen mußten, weil sie keinen Nachfolger mehr gefunden haben.
Wenn sie im Oktober die Landessieger aus den einzelnen Bundesländern gemeldet bekommt, lädt Reiser zum Bundeswettbewerb ein, sucht Prüfer für die einzelnen Gewerke, bereitet alles vor und ist dann vor Ort in Ludwigsburg die gute Seele des Wettbewerbs. Wehmütig erinnert sie sich: „Wenn wir in den 80er- und 90er-Jahren eine Lehrstelle ausgeschrieben haben, kamen um die 50 Bewerbungen. Später kam alle paar Jahre nur noch eine Bewerbung.“ So hat sich dann natürlich auch der Wettbewerb entwickelt. Beim gerade vergangenen Wettbewerb haben insgesamt nur noch 11 Jungprofis teilgenommen.
Am Wettbewerbstag trifft man sich früh, bekommt seine Aufgaben und begibt sich in seine Werkstatt. Jedes Gewerk bekommt eine Aufgabe aus seinem Arbeitsbereich. So musste etwa der Orgelbauer Joschua Klein eine Metallpfeife löten und intonieren. Dazu musste er einen Ständer für diese Pfeife bauen und dabei zwei verschiedene Verbindungsarten von Holzteilen, Dübel und Zinke, verwenden. Drei Brettchen und eine grob vorgeschnittene Metallplatte wurden ihm zur Verfügung gestellt. Für die Erledigung der Aufgabe hatte er fünf Stunden Zeit. Die Aufgaben sind durchaus Herausforderungen, denn vorher weiß keiner der Kandidaten, was ihn erwarten wird.
Die Bewertung der Probestücke fand dann sofort statt, während die Prüflinge das Mittagessen einnahmen. Als Kriterien galten hier etwa die Maßgenauigkeit, die Stimmigkeit von Winkeln und die insgesamt saubere Ausführung des Werkstückes. Ein besonderes Augenmerk wurde auf die praktische Seite gelegt: so musste das Klavier, das der Klavierbauer stimmen sollte, eben auch stimmen und die Pfeife des Orgelbauers musste klingen und in ihrem Ständer einen sicheren Halt finden. Zuletzt wurde das Werkstück noch einmal mit der Aufgabenstellung abgeglichen. War es wirklich auch so gefertigt, wie es gefordert worden war?
100 Punkte konnte jeder Bewerber erreichen, 81 (das entspricht grob der Schulnote „2“) musste man erreichen, um Bundessieger werden zu können. Als Preis winkte unter anderem ein Stipendium von bis zu 8.100 Euro, das nicht zurückgezahlt werden muss. Dieses Stipendium soll der Weiterbildung dienen. Die Bestleistung erbrachte dieses Mal der Klavierbauer Hauke Kraut mit 93 Punkten. Für den Bundessieg werden aber alle Gewerke einzeln gewertet. Nach der Verkündung der Preisträger ist der Tag zu Ende, viele müssen noch weite Strecken nach Hause fahren.
Am 9. Dezember trafen sich dann Bundessieger aller 130 Gewerke zur offiziellen Siegerehrung in der Handwerkskammer Augsburg. Seit Beginn des Wettbewerbs steht dieser unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten. In Augsburg hielt der bayerische Ministerpräsiden Markus Söder die Laudatio und es wurde neben aller Freude auch ein wenig politisch. So forderte er: „Handwerk und Studium, Meister und Master sind gleichwertig. Die Meisterausbildung muss wie das Studium kostenfrei sein.“ Bayern ist hier Vorreiter und gewährt seit längerem einen Zuschuss für die Meisterausbildung. Hier ist aber die Bundesregierung gefragt. Diese Forderung hat die bayerische Landesregierung wenige Wochen nach der Preisverleihung dann auch der Bundesregierung übermittelt. Helga Reiser ist schon seit einigen Jahren in Rente. So lange sie es leisten kann, will sie den Bundeswettbewerb weiterhin gern organisieren, denn sie genießt es, „mit motivierten jungen Leuten in Kontakt zu kommen“ und beobachtet noch immer, „was die Gewerke für interessante Dinge machen“.